Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
– eine Herausforderung selbst für überaus befähigte Lehrlinge –, und das war's, mit dem man eine Wettfahrt gewinnen oder verlieren mochte, dieweil Mängel bei den Verrichtungen des Segelns ein kleines Boot weit vom Kurs abtreiben oder gar zum Kentern bringen konnten. Doch mein Ehrgeiz galt dem Wenden am Salzzahn, und der steife Wind konnte mich nicht schrecken. Indem ich Seeträumer das Steuerruder und die Handhabung des Auslegers überließ, bat ich ihn, so dicht an den Salzzahn zu steuern, wie er's wagte. Alle Lehrlinge wußten, daß ein solches Vorgehen töricht war, denn es mußte uns beim Beidrehen in die falsche Richtung treiben. Doch ich hieß meinen Bruder, seine Einsprüche zu unterlassen, und begab mich an den Bug unseres Gischtsprühers. Unverändert weihte ich ihn nicht in meine geheime Absicht ein, verbarg meine Hände seiner Sicht, machte den Anker los und legte sein Tau bereit.« Unvermittelt verstummte der Kapitän, verfiel in Schweigen. Eine Faust ruhte verkrampft in seinem Schoß; die andere Hand zupfte grob an seinem Bart, wie um ihm Mut zum Weiterreden zu entringen. Einen Moment später jedoch holte er tief Atem und ließ ihn mit einem Fauchen durch die Zähne wieder aus der Brust entweichen. Er war ein Riese und vermochte seine Geschichte nicht unbeendet zu lassen.
    »So groß war Seeträumers seemännische Geschicklichkeit, daß wir geschwind auf nur einem Klafter Abstand am Salzzahn vorübersegelten, wiewohl der Wind uns an jenem Felsen mit aller Kraft auf die Seite drückte, so daß schon eine kleine Abweichung dem Gischtsprüher beachtliche Schädigung beschert hätte. Aber meines Bruders Hand war sicher, was den Wind anbetraf, und im nächsten Augenblick setzte ich, was ich im Sinn hatte, in die Tat um. Derweil wir den Salzzahn umrundeten, erhob ich mich und warf den Anker auf den Felsen, so daß er sich dort verhakte. Dann zurrte ich das Tau fest. Mein Einfall nämlich, wie ein Wenden zu bewerkstelligen sein könnte, dessen Schnelligkeit allen anderen Tyrscull über sein sollte, lautete so, daß unseres Bootes Geschwindigkeit, der Anker sowie der Salzzahn die Aufgabe für uns erledigen möchten, wiewohl ich noch keinerlei Klarheit darüber besaß, wie der Anker beizeiten wieder von dem Felsen zu lösen sei, sobald wir die Wendung vollzogen hätten. Seeträumer aber hatte ich nichts von meinem Vorhaben verraten.« Blankehans' Stimme war zu einem gedämpften Schnarren der Bitterkeit in seiner Kehle geworden. »Er richtete all seine Aufmerksamkeit darauf, den Salzzahn ohne Mißlichkeiten zu umsegeln, und mein Tun überraschte ihn vollständig. Halb sprang er auf, er stürzte halb auf mich zu, als hätte ich den Verstand verloren. Da straffte sich das Tau, und unser Gischtsprüher drehte sich mit einem solchen Ruck in Gegenrichtung, daß er wohl den Mast aus der Befestigung zu reißen vermocht hätte.« Erneut verstummte Blankehans. In seinen Schultern wölbten sich die Muskeln. Als er weitererzählte, sprach er so leise, daß Covenant ihn kaum noch hören konnte. »Ein jedes Kind wäre klug genug gewesen, mir ankündigen zu können, was durch mein Vorgehen geschehen mußte, doch ich hatte den Folgen keinerlei Erwägungen gewidmet. Der Ausleger unseres Gischtsprühers schlug mit derartiger Gewalt, daß dadurch Granit gespalten worden wäre, schräg übers Heck. Und Seeträumer, mein Bruder, hatte sich dort erhoben und geriet ihm in den Weg. Im Wind und in meiner Torheit wär's mir entgangen, daß er über Bord fiel, hätte er nicht aufgeschrien, als der Ausleger ihn traf. Bei seinem Schrei jedoch wandte ich mich um und sah ihn, wie er ins Wasser geschleudert wurde. Ach, mein Bruder!« Ein Aufstöhnen verzerrte Blankehans' Stimme. »Ich tauchte nach ihm, doch wäre es aus mit ihm gewesen, hätte ich nicht im Wasser die Blutspur entdeckt, anhand deren ich ihn zu finden vermochte. Bewußtlos hing er in meinen Armen, als ich ihn an die Oberfläche brachte. Weil der Wind die Wasser stark aufwühlte, sah ich von seiner Verletzung kaum mehr als das Blut, bis ich mit ihm zum Gischtsprüher zurückgeschwommen war und ihn ins Boot gezerrt hatte. Danach aber wirkte seine Verwundung so ernstlich und schwer, daß ich wähnte, ihm seien die Augen im Schädel zermalmt worden, und für eine Weile war ich so irrsinnig aus Verzweiflung, wie sich mein Einfall durch Wahnwitz ausgezeichnet hatte. Bis auf den heutigen Tag erinnere ich mich an nichts, was unsere Rückkehr zu den Liegeplätzen des Hafens

Weitere Kostenlose Bücher