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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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den schmalen Goldring begutachten konnte, den sie daran trug. Seine Haut war warm und rau wie Sandpapier, und sie spürte, welche Kraft in seinen so zerbrechlich aussehenden Fingern lag; dennoch war er nicht grob, ja, sie hatte fast das Gefühl, dass er sich alle Mühe gab, sie so sanft wie möglich zu berühren.
    Auf dem schmalen Ausschnitt seines Gesichtes, der nicht von dem schwarzen Gesichtstuch verdeckt war, erschien ein Ausdruck höchster Konzentration. Arslan ließ sich eine Menge Zeit, um den Ring zu begutachten, ehe er schließlich wieder einen Schritt zurücktrat und ein Nicken andeutete, das wohl Zufriedenheit ausdrücken sollte.
    Bevor er etwas sagen konnte, ergriff der Johanniter das Wort: »Was ich bisher gesehen habe, Omar Khalid, überzeugt mich zwar davon, dass sich unter diesem Schleier eine wahre Wildkatze verbirgt - aber ist sie auch tatsächlich so schön und edel, wie Ihr behauptet? Ich meine: Ich müsste schon mehr sehen, um beurteilen zu können, ob sie in der Tat eine fränkische Edeldame ist, wie Ihr in Eurem Schreiben behauptet habt, oder vielleicht nur eine Marketenderin, die vom Schiff gefallen und von einem Fischer aus dem Meer gezogen worden ist.«
    Der Sklavenhändler hatte wohl auch mit diesem Einwurf gerechnet; er sagte nichts, sondern machte nur eine knappe Handbewegung in Haruns Richtung, und der riesige Mann trat an Robins Seite und streifte ihr geschickt den Kaftan von den Schultern. Robin versteifte sich unter ihren Kleidern, entschlossen, sich zur Wehr zu setzen, sollte ihr übergewichtiger Lehrmeister versuchen, sie noch weiter zu entkleiden.
    »Woher kommst du?«, fragte der Johanniter - in Robins Muttersprache.
    »Ich war an Bord eines Schiffes und bin…« Robin erinnerte sich im letzten Moment daran, dass das Verhältnis zwischen Templern und Johannitern alles andere als gut war, auch wenn beide auf der Seite der Christen kämpften. Mehr als einmal hatte sie Abbé und die anderen von den uneinsichtigen und intriganten Brüdern des Johanniterordens sprechen hören, und ein einziger Blick in Gastons Gesicht reichte, um dieses Vorurteil zu bestätigen. Darüber hinaus wäre es wohl auch nicht besonders klug gewesen, ihr Geheimnis zu enthüllen, hätte ein Tempelritter vor ihr gestanden.
    »Es war eine kleine Kogge aus Venedig«, verbesserte sie sich und wechselte dabei ins Arabische. »Wir sind in dichten Nebel geraten. In der Ferne konnten wir den Lärm einer Seeschlacht hören. Ich weiß nicht, wer gegen wen gekämpft hat. Aber es war meine eigene Schuld. Ich war neugierig, habe mich zu weit über die Reling gebeugt, und da bin ich über Bord gefallen.«
    Der Johanniter starrte sie weiter mit durchdringenden Augen an. Sein Gesicht zeigte keine Regung. Es war unmöglich zu sagen, ob er ihr die Geschichte glaubte.
    »Nun, Fra Gaston«, sagte Omar, »das dürfte Eure Zweifel wohl ausräumen. Sie hat edle Manieren und ist von gutem Blut. Ich bin sicher, dieses Mädchen wird sich am Königshof von Jerusalem…«
    Der Johanniter unterbrach Omar mit einer herrischen Geste. »Fra ist ein Ehrentitel, mit dem mich nur Ordensbrüder oder zumindest Christen ansprechen dürfen«, sagte er scharf. »Und was die Behauptung angeht, dieses Mädchen sei von edlem Geblüt…« Er deutete ein Achselzucken an. »Sie spricht zumindest, als wäre sie auf einem Bauernhof groß geworden, und nicht an einem Adelshof.«
    »Das mag daran liegen, dass sie unsere Sprache nur unvollkommen beherrscht«, wandte Harun ein. »Gewiss wird ihr ihre eigene Sprache glatter von der Zunge gehen. Aber bedenkt, dass sie erst vor wenigen Tagen überhaupt begonnen hat, Arabisch zu lernen.«
    »Hundert Denar wären ein angemessener Preis für sie«, beharrte Gaston. »Sie könnte die Zofe einer Prinzessin werden. Kaum mehr.« Auf absurde Weise ärgerte sich Robin über Gastons Versuch, ihren Preis auf ein Zehntel herunterzuhandeln. Aber vielleicht gehörte das ja auch nur zu der Rolle, die Gaston spielte. Wenn man ihn tatsächlich hierher gesandt hatte, um ein Christenmädchen aus der Hand eines muselmanischen Sklavenhändlers zu befreien, dann wäre es äußerst ungeschickt, sein Interesse zu deutlich zu zeigen - das hätte schließlich den Preis nur in die Höhe getrieben und seine Aufgabe unnötig erschwert.
    »Ihr seid mein Gast, Gaston de Naillac«, begehrte Omar auf, »doch das gibt Euch nicht das Recht, mich zu beleidigen. Jedes Pferd in meinen Ställen ist mehr wert als hundert Denar. Seid Ihr blind? Wie

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