Der Ring des Sarazenen
Scheich Euch wahrscheinlich reichlicher entlohnt, als Ihr es auch nur zu erträumen vermögt. Doch ihm verkaufen zu wollen, was ihm gehört, und dann noch sein großmütiges Angebot abzulehnen…« Arslan schüttelte bedauernd den Kopf. »Das war nicht klug.«
Omars Gesicht verdüsterte sich noch weiter. »Ihr wollt mir drohen? In meinem eigenen Haus?« Wie beiläufig blickte er zu den vier Kriegern hin, die wenige Schritte hinter ihm standen, aber Arslan wiederholte nur sein bedauerndes Kopfschütteln.
»Omar, wollt Ihr Eure Lage wirklich noch verschlimmern, indem Ihr nun auch noch das heiligste aller Gesetze verletzt, das Gastrecht?« Er wartete einen winzigen Augenblick lang, bevor er fast sanft fortfuhr: »Aber vielleicht könnt Ihr ja meinen Herrn mit einem Geschenk noch gnädig stimmen.«
»Ich bin kein erfolgreicher Kaufmann, weil es in meinem Wesen liegt, Geschenke zu machen oder mich einschüchtern zu lassen«, entgegnete Omar stolz.
Arslan musterte ihn abschätzend. »Man mag Euch zurecht einen Dummkopf nennen, Omar Khalid, doch Euch einen Feigling zu heißen, das hieße Euch Unrecht zu tun. Mein Herr wird Euch ein Zeichen schicken, wenn er über das Schicksal des Mädchens entschieden hat. Und über Eures.«
Damit ging er. Omars Wächter wichen ebenso respektvoll vor Arslan zurück wie zuvor vor dem Johanniter - nur, dass es diesmal keines besonderen Befehles ihres Herrn bedurft hätte.
Als er in den dunklen Hauseingang trat, der zur anderen Seite und zum Ausgang führte, schien er augenblicklich mit den Schatten zu verschmelzen, als hätte er zuvor nur für wenige, flüchtige Momente menschliche Gestalt angenommen. Robin blinzelte verwirrt. Natürlich beruhte diese Täuschung auf einem optischen Phänomen, das mit dem matten Schwarz seiner Gewänder zu tun hatte. Dennoch lief ihr ein kurzer, eisiger Schauer über den Rücken.
Erst nachdem der Schwarzgekleidete verschwunden und auch noch eine geraume Weile verstrichen war, erwachte Omar aus seinem brütenden Starren, drehte sich mit einem Ruck zu ihnen herum und sah erst sie, dann Harun al Dhin und schließlich wieder Robin auf eine Art an, die ihr einen neuerlichen Schauer über den Rücken laufen ließ. Was sie in Omars Augen las, das war eindeutig Wut, Zorn und Enttäuschung… und doch hatte sie zugleich das Gefühl, dass er nicht so verängstigt war, wie Arslan es offenbar erwartet hatte. Sie fragte sich, ob Omar bereits andere, weiter reichende Pläne hatte. Vielleicht war ja das, was sie gerade miterlebt hatte, nur Bestandteil einer viel größeren Scharade gewesen.
Aber sie hatte das Gefühl, dass sie die Antwort auf diese Frage schon sehr bald bekommen würde - und dass sie ihr nicht gefallen würde.
14. K API T EL
Kurz nach Einbruch der Dämmerung erschien Naida in Robins Zimmer und befahl ihr mit groben Worten, ihr zu Omar zu folgen. Sie wirkte noch verbitterter als sonst, ihre Stimme kälter, und der Zorn in ihrem nicht zugeschwollenen Auge noch brennender. Robin registrierte all dies sehr wohl, aber sie hütete sich, eine Frage zu stellen. Sie hätte viel darum gegeben, auch nur einen Augenblick mit Naida zu reden, ihr zu erklären, wie unendlich Leid ihr alles tat und dass sie selbst wohl am meisten unter Omars Grausamkeit litt, der anderen Schmerzen zufügte, um sie zu bestrafen. Aber sie wagte es nicht, die alte Sklavin darauf anzusprechen. Als sie jedoch das Zimmer verlassen wollte, versperrte Naida ihr die Tür und starrte sie so hasserfüllt an, dass Robin einen halben Schritt zurückwich.
»Ich dachte, Omar Khalid erwartet mich«, sagte sie, nachdem die Sklavin eine ganze Weile einfach nur dagestanden und sie auf diese unheimliche Art gemustert hatte.
Naidas Kiefer mahlten. Robin sah ihr an, dass sie mit den folgenden Worten rang, dass sie einfach nicht mehr die Kraft hatte, sie zurückzuhalten.
»Dich hat der Sheitan geschickt, Unselige!«, murmelte Naida. »Du bringst Unglück und Tod über dieses Haus.«
»Ich habe es nicht freiwillig betreten«, erwiderte Robin. Fast schämte sie sich dieser Worte. Statt Naida um Vergebung für all das Unglück zu bitten, das sie ihretwegen erleiden musste, griff sie sie nun ihrerseits an. Doch erging es ihr nicht anders als der alten Sklavin: Sie hatte ihre Worte nicht zurückhalten können.
Naida sah sie lange und mit einem undeutbaren Ausdruck im Gesicht an. Dann fragte sie ganz leise: »Welchen Zauber hast du auf Omar Khalid gelegt, Ungläubige?«
»Zauber?«
»Er ist
Weitere Kostenlose Bücher