Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi
Szene zu denken. Sie war bunt und lebendig in seinem Kopf. Die Untätigkeit verstörte ihn am meisten. Das war überhaupt nicht seine Art. Er war ein Mann der Tat und hasste es, irgendwelchen Geschehen passiv beiwohnen zu müssen.
Erst als er die Treppen zu seinem Büro erklomm, bemerkte er, dass ihn nicht wie üblich sein doppelter Espresso begleitete. Wagner Speziale, wie Lara zu sagen pflegte. Shit.
Jetzt musste er diese erbärmliche Revierplörre trinken. Einen flüchtigen Moment lang dachte er an Laras bezauberndes Lächeln.
Theobald Wagner schob diesen Gedanken beiseite, als er sich hinter seinen Schreibtisch setzte. Was sollte er jetzt tun? Die Untersuchung im Mordfall Westhofen war am Laufen. Bisher zwar ohne Ergebnis, aber es gab nichts weiter zu tun. Das Telefon riss ihn aus den düsteren Gedanken.
„Kremer hier. Ich habe gerade eine Leiche auf dem Tisch, die eigentlich Ihnen gehört.“ Theobald Wagner wusste nicht recht, was er antworten sollte. „Sind Sie noch da?“, hakte Kremer ungeduldig nach. „Ja, bin ich. Aber ich verstehe nicht, wie Sie das meinen, Doktor.“
„Nennen sie mich doch nicht Doktor. Sie wissen, ich hasse das!“ Natürlich wusste Wagner das. „Sie sind noch nicht ganz da. Soll ich später wieder anrufen?“ Dr. Kremer klang wieder einmal besorgt. „Falls Sie auf meine üblichen morgendlichen Verschleißerscheinungen anspielen, kann ich Sie heute enttäuschen. Drei Stunden Schlaf in der Nacht sind einfach ein bisschen wenig. Außerdem sprechen Sie in Rätseln. Ich habe keine Leiche bestellt. Ein Kaffee wäre mir offen gestanden lieber.“ Theobald Wagner klang etwas zerknautscht. „Schön, dass Sie mich diesbezüglich enttäuschen. Trotzdem ist hier vor einer Stunde eine taufrische Leiche eingegangen. Ein gewisser Wilhelm Gornheim. Ihr spezieller Freund Weller ist mit dem Fall betraut. Er will später zur Obduktion kommen. Die Röntgenbilder habe ich bereits machen lassen. Es ist ja ansonsten wenig los bei uns. Ich dachte, es wäre gut, schon einmal drauf zu schauen. Ihr Kollege Weller ist bekanntermaßen ‚von der ganz schnellen Truppe‘.“
Theobald Wagner grinste.
Der Kollege Weller und er selbst hätten unterschiedlicher kaum sein können. Null Gefühl und Spontaneität, geschweige denn Geist, steckte in diesem Paragraphenreiter. Er war lahmer als eine Schnecke. Aber auf seine Weise hatte er großen Erfolg. Das musste Wagner trotz aller Antipathie anerkennen.
Doktor Kremer unterbrach jäh seine Gedanken: „Ich habe jedenfalls was gefunden, das diesen toten Körper zu Ihrer Leiche macht. Wollen Sie raten?“ Hauptkommissar Theobald Wagner wurde es mit einem Mal heiß und im nächsten Moment eiskalt. ‚Bitte nicht. Keine Serie. Oder doch?‘
Noch bevor er seine Gedanken aussprechen konnte, klang Dr. Kremers Stimme an sein Ohr:
„Da ist ein Ring. Ziemlich genau an derselben Stelle, wie bei unserem letzten Opfer. Es ist also wahrscheinlich, dass…“ „ … die beiden Morde zusammenhängen! Wir haben eine Serie! Scheiße!“ Wagners Stimme klang heiser. „Ich rede mit Lutz Hartmann. Wahrscheinlich sehen wir uns heute Mittag zur Autopsie. Bis dann, Doc.“
Auf dem Weg zum Büro seines Chefs spielte er zig verschiedene Verlaufsmöglichkeiten des bevorstehenden Gesprächs durch. Sicher war nur, dass es nicht angenehm werden würde.
Lutz Hartmann blickte neugierig über seinen übervollen Schreibtisch hinweg, als Wagner eintrat. „Theo, setz dich. Gibt’s was Neues?“ ‚In gewisser Weise schon‘, dachte Wagner bitter, und berichtete vom Anruf aus der Gerichtsmedizin. Bei dieser Gelegenheit klärte er seinen Chef gleich über die ergebnislose Razzia am Schwulenstrich auf. „So traurig es ist, die Leiche auf dem Tisch bei Dr. Kremer ist der erste Lichtblick. Wir wissen jetzt, dass es sich um eine Mordserie handelt, deshalb haben unsere Bemühungen auch keine Ergebnisse gebracht. Wir haben bisher nur im Umfeld des Opfers ermittelt.“ „Willst du mir diese Entwicklung etwa als Glücksfall verkaufen, Theo?“ Lutz Hartmann blieb verdächtig ruhig.
„Was bleibt uns anderes übrig? Jetzt wissen wir, dass wir die Suche nach dem Mörder erheblich ausweiten müssen. Bei Olaf Westhofen waren merkwürdige Dinge am Tatort verteilt worden. Der aufgemalte Drache auf seiner Brust, die Würmer und der Ring. Das neue Opfer hat ebenfalls einen Ring im … äh… Enddarm. Wenn man die Fotos von beiden Tatorten vergleicht, ergeben sich noch mehr auffällige Ähnlichkeiten,
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