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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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ich das Seil, das uns aneinanderfesselte. Und ihre Haut. Ihre Haut war klebrig von Blut. Ich lag ganz still da, konzentrierte mich mit allen Sinnen auf diese Hand und hoffte, das Pochen von Jesses Herzschlag ertasten zu können.
    Doch da war nichts.

    Vielleicht war meine Hand ja zu weit von Jesses Herzen entfernt.
    Ich versuchte, sie höher zu schieben. Doch diese kleine Bewegung reichte aus, dass in meiner angeschossenen Schulter der Schmerz explodierte.
    »Jesse!«, keuchte ich. »Jesse, wach auf! Bitte!«
    Sie antwortete nicht. Sie blieb leblos liegen.
    »Du bist nicht tot!«, schluchzte ich. »Das kann nicht sein.«
    Und dann hörte ich auf, klar zu denken. Ich bäumte mich auf und wälzte mich umher, bis meine Arme unter Jesses Körper hervorrutschten, aber das reichte mir nicht. Ich machte weiter, bis ich es geschafft hatte, mich umzudrehen. Ich lag keuchend und wimmernd da, Rücken an Rücken mit Jesse.
    Dann setzte ich mich auf und stemmte mich gegen das Seil. Jesse machte die Bewegung mit. Ich warf mich mit meinem ganzen Gewicht nach vorn und kam auf die Knie. Dann auf die Füße. Ich ging sofort wieder ein wenig in die Hocke und bewegte mich so lange auf und ab, bis ich Jesse höher gezerrt hatte.
    Ich versuchte zu gehen. Aber eigentlich war es eher ein Taumeln.
    Ein paar Schritte brachten mich zu Saber. Ich brauchte eine Feldflasche. Der Bussard flog weg. Aber ich wandte mich ab. Wie sollte ich eine Feldflasche aufheben? Wie sollte das mit Armen gehen, die mir den Dienst verweigerten, mit Jesse auf dem Rücken?
    Also stolperte ich an Saber vorbei und fand den Pfad.
    Wohin würde er führen? Irgendwohin. Weg von hier. An einen Ort, wo wir uns ausruhen und genesen konnten.
    Ich stolperte weiter.

    Jesses Kopf stieß leblos gegen meinen Nacken. Ihre Arme hingen hinter meinen herunter; sie baumelten umher wie die Gliedmaßen eines verendeten Tieres. Ihre Beine waren ebenfalls in ständiger Bewegung. Ich konnte sie nicht sehen, doch oft schlugen die Absätze ihrer Stiefel gegen meine Unterschenkel.
    Das gefiel mir.
    Ihre Stiefel, die mich berührten. Als wäre Jesse lebendig und würde mir spielerisch Tritte versetzen.
    Wir schleppten uns weiter geradeaus.
    Gelegentlich brach ich in die Knie. Aber ich schaffte es immer wieder, mich hoch zu kämpfen und weiterzutaumeln.
    Gegen Sonnenuntergang kamen wir zu einem Planwagen, der am Rand des Trails stand.
    Da verließen mich die Kräfte.
    Ich landete im Staub.
    Unter Jesse begraben, durch Erschöpfung, Schmerz und Verzweiflung halb von Sinnen, versuchte ich, um Hilfe zu rufen.
     
    Als ich die Augen aufschlug, saß ich an ein Wagenrad angelehnt. Jesse lag ausgestreckt auf dem Boden, direkt zu meinen Füßen.
    Ihr Gesicht war blutig, das Kleid zerfetzt. Ihre Hände lagen auf der Brust gefaltet.
    Der Wagen ruckte, als jemand vom Kutschbock sprang.
    Ein hochgewachsener alter Mann mit weißem Bart, auf dessen Kopf ein Bowler saß. Sein Hemd und die hochschäftigen Mokassins waren überall mit Fransen verziert, und er eilte auf Jesse zu, eine mit roter Flüssigkeit gefüllte Flasche in der rechten Hand.

    Ich erkannte ihn.
    »Dr. Jethro Lazarus, zu Diensten. So treffen wir uns also wieder, Trevor, mein Freund.«
    Er kniete neben Jesses Kopf nieder, zog mit den Zähnen den Korken aus der Flasche und spuckte ihn nach einem in der Nähe stehenden Kaktus.
    »Gleich ist die junge Dame wieder kerngesund«, rief er und blinzelte mir zu.
    »Lebt sie … noch?«
    »Mausetot, leider. Aber grämen Sie sich nicht.« Er hielt die Flasche hoch und schüttelte sie. »Das Wunderelixier. Hilft gegen alle Leiden.«
    »Howdy«, grüßte Ely und kam mit einem breiten Grinsen um den Wagen herum. Er winkte mir zu.
    Er sah … fröhlich aus.
    Tot. Jesse war tot. Mausetot.
    Natürlich hatte ich das befürchtet.
    Ich starrte sie an. Mein »Partner«. Meine Liebe.
    Ich hatte gewusst, dass es dazu kommen würde, wenn sie mit mir ritt.
    Lazarus zwängte Jesses Mund auf.
    »Bereit, das Wirken des Wunderelixiers mit anzusehen?«, fragte er mich.
    Alles Wunderelixier auf der Welt würde mir Jesse nicht zurückbringen können. Und ich hasste den alten Betrüger dafür, dass er hier seine Schau abzog.
    »Lassen Sie sie doch einfach in Frieden«, murmelte ich.
    »Sie tot lassen? Wenn ich, Dr. Jethro Lazarus, über die gewaltigen Auferstehungskräfte des Wunderelixiers gebiete? Bereiten Sie sich auf das Wunder aller Wunder vor!«

    »Halleluja!«, schrie Ely und klatschte in die Hände.
    Lazarus goss

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