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Der Riss

Der Riss

Titel: Der Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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Oberschüler?“
    Sie wandte sich ab und sah gebannt durch die Windschutzscheibe auf die verlassene Gasse. „Das Alter macht keinen Unterschied. Ein Monster bleibt immer ein Monster.“
    „ Ich soll ein Monster sein?“ Kurzfristig erschauderte er bei dem Wort. Wusste sie irgendetwas über seine Verwandlung?
    Angie wandte sich ihm zu und spuckte ihm ihre Worte mit wütender Schnelligkeit entgegen. „Hör zu, Rex, die Familie hat mich nach dem, was vor zwei Wochen passiert ist, zwar ausgeschlossen, aber ich weiß eine Menge über Bixbys Geschichte. Wahrscheinlich mehr als du.“
    Rex fiel die Kinnlade hinunter. „Das glaube ich kaum.“
    „Gut, sicherlich glaubst du, du wüsstest alles.“ Sie lächelte.
    „Vielleicht kennst du ein paar Tricks, weißt, wie man fünfzig Jahre alte Propaganda interpretiert, aber wie die Dinge damals wirklich in Bixby lagen, das weißt du nicht. Du warst nicht dabei. Der alte Kerl, für den ich arbeite, war es aber.“
    „Was? Er ist ein … “, hob Rex an, aber er war zu entrüstet, um den Satz zu beenden. Dieser Verräter am Menschen, dieser Grayfootschleimer, dieser Daylighter wollte ihm etwas über die Lehre beibringen? Rex’ Verblüffung stotterte aus ihm heraus wie bei einem alten Auto, das den Geist aufgab.
    Er hatte Melissa schwören lassen, dass sie mit Angies Gehirn vorsichtig umging, Rex bezweifelte aber, dass es schwierig sein würde, sie von ihrem Versprechen abzubringen.
    „Nachdem sie Bixby befreit hatten“, fuhr Angie fort, „entdeckten die Grayfoots etliches von dem, was ihr Midnighter
    ,die Lehre‘ nennt. So habe ich gelernt, die Symbole zu lesen.
    Ich habe geübt, und zwar an dem ganzen alten Müll über die großartigen Midnighter, die für Wohlstand und Sicherheit in Bixby gesorgt haben.“
    „Die Grayfoots haben Bixby befreit ?“ Mehr brachte Rex nicht hervor. „Wovon?“
    „Komm schon, Rex. Was glaubst du, wie es damals wirklich war? Eine kleine Gruppe von Leuten, die niemand gewählt hat, regiert eine winzige Stadt mitten im Nirgendwo.
    Leute, die Gott mit der Zeit spielen konnten, die jedem, der sich ihnen widersetzte, das Hirn zerstören konnten. Hört sich doch großartig an, nicht wahr, Rex, wenn man in so einer Stadt aufwächst?“ Sie hielt inne und sah ihn angewidert an.
    „Aber du wärst ja einer von denen gewesen, die das Sagen haben.“
    „Den Midnightern geht es aber gar nicht darum, die Gedanken der anderen zu kontrollieren.“
    „Soll das ein Witz sein?“

    „Sie haben es doch nur getan, um die geheime Stunde geheim zu halten, um die Sicherheit der Stadt zu wahren.“
    Angie bellte einen einsilbigen Lacher. „Ab und zu, lieber Rex, solltest du dich mal mit echter Geschichte beschäftigen.
    Alle, die Macht leugnen, sagen das Gleiche: ,Wir machen die hässlichen, heimlichen Sachen nur für die Sicherheit der anderen. Wenn wir uns nicht darum kümmern würden, wärt ihr alle verloren.‘“
    „Was heißt denn …?“ Er grollte, unfähig, seine Gedanken zu ordnen. „Du hast mich gekidnappt !“
    Sie sah weg, atmete langsam aus, und Rex dachte einen Moment lang, er hätte ihre Wut endlich bezwungen. Aber dann wandte sie sich ihm wieder zu und sagte: „Es gab keine andere Möglichkeit, mit den Darklingen in Kontakt zu bleiben. Ohne sie konnten wir euch nicht daran hindern, das alte Bixby wiederherzustellen.“ Sie zuckte mit den Schultern, der dicke Ledermantel knirschte. „Nebenbei bemerkt: Hast du eine Ahnung, wie viel hundert Kinder die alten Midnighter im Laufe der Jahre gekidnappt haben?“
    „Was?“, schrie Rex. Aber dann erinnerte er sich an die alten Legenden: Wenn Gedankenleser neugeborene Midnighter in der Umgebung entdeckten, wurden Kriegstruppen ausgesandt, um sie zu entführen. In jüngerer Zeit wurden den Eltern Jobs und Geldsummen angeboten. Rex ertappte sich dabei, dass er zu zweifeln begann – wenn diese Anreize nicht funktioniert hatten, waren die alten Midnighter dann zu härteren Maßnahmen übergegangen? Darüber fand sich nichts in der Lehre, aber vielleicht hatten sie einfach so getan, als wäre das nie passiert?
    „Zugegeben“, sagte er, „vor langer Zeit hat es vielleicht Dinge gegeben, die heute seltsam erscheinen, so wie … George Washington und die Sklaverei oder so.“ Rex schüttelte energisch den Kopf. „Aber wir sind nicht so!“
    „Ich habe deinen Vater gesehen, Rex“, sagte sie gelassen.
    „Hat er das von einem Schlaganfall?“
    „Das war … “ Seine Stimme versagte. „Wir waren

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