Der Ritter von Rosecliff
Seine drei Kinder sahen in ihm aber nur den liebevollen, gütigen Vater.
Jasper stieß einen schweren Seufzer aus und nippte wieder an. seinem Rotwein. Er war jetzt seit zehn Jahren in Rosecliffe arbeitete zehn Jahre im Schatten seines Bruders. Und obwohl er wusste, dass er Rand auf dem Feld der Ehre ebenbürtig - wenn nicht sogar überlegen - war, befriedigte ihn das nicht mehr. Er hatte ein gemütliches Zuhause, an willigen Frauen herrschte kein Mangel, die Jagdgründe ließen nichts zu wünschen übrig, und die Bierbrauerin von Rosecliffe zauberte aus Hopfen, Malz und Gerste einen wahren Zaubertrank. Trotzdem fehlte ihm irgendetwas ...
»Nein, nein!« Gwendolyns schriller Schrei durchbrach jäh die Abendstille. »Mir gehören tut! «, kreischte die Dreijährige.
»Hau ab!«, befahl Gavin und hinderte seine jüngere Schwester daran, nach den Steinen zu greifen, mit denen er und Isolde spielten.
»Gehört mir!«, beharrte Gwendolyn, aber ihr siebenjähriger Bruder schob sie mühelos beiseite.
»Du kannst nicht mitspielen. Du bist noch viel zu klein.« An Isolde gewandt, fügte er hinzu: »Du bist dran.«
»Mama!«, brüllte Gwendolyn. Doch Josselyn hielt sich im oberen Stockwerk auf und brachte einem ihrer Dienstmädchen den Umgang mit dem Webstuhl bei.
»Komm zu mir, Gwennie.« Isolde breitete tröstend die Arme aus und zog das weinende Kind auf ihren Schoß. »Du kannst mir beim Spielen helfen. Einverstanden.«
Die Kleine war mit dieser Lösung zufrieden, zumal ihr Vater sich bückte und zärtlich über das dunkle Lockenköpfchen strich. Jasper schaute zu und dachte neidisch, dass Rand wirklich Glück gehabt hatte: er besaß eine Frau, die ihn abgöttisch liebte, drei reizende Kinder und eine uneinnehmbare Festung, die Josselyn in ein gemütliches Heim verwandelt hatte.
Nicht dass Jasper sich jemals Frau und Kinder gewünscht hätte. Er genoss sein unbeschwertes Leben als Junggeselle, der tun und lassen konnte, was er wollte. Nur manchmal, so wie jetzt ... Schnell verdrängte er solche Gedanken und leerte den Weinbecher. Er brauchte keine Familie, aber er musste endlich seinen eigenen Platz in der Welt finden. Die Burg seines Bruders hatte er immer als bloße Zwischenstation betrachtet doch nun lebte er schon seit zehn Jahren hier. Höchste Zeit um neue Wege einzuschlagen ...
Er stand auf und ging zu Rand hinüber, der seine spielenden Kinder beobachtete. »Ich würde dich gern in Bailwynn vertreten.«
Sein Bruder warf ihm einen erstaunten Blick zu. »Du willst mit Matildas Repräsentanten verhandeln?«
»Warum nicht? Aller Wahrscheinlichkeit nach werde ich ebenso wie du für ihre Sache kämpfen müssen.«
Rands Miene verdüsterte sich. »Ich möchte nicht in diesen Streit um die Erbfolge verwickelt werden, das weißt du doch.«
»Das wird sich nicht vermeiden lassen, befürchte ich.«
»Vielleicht nicht aber ich kann versuchen, meine eigenen Leute so lange wie irgend möglich von Schlachtfeldern fern zu halten. Ich habe Rosecliffe nicht erbaut um Kriege zu führen, sondern um in dieser Gegend den Frieden zu gewährleisten. «
Jasper zuckte mit den Schultern. »Du hast keinen Einfluss auf die Auseinandersetzungen im Königshaus.«
Rand schüttelte den Kopf. »Immerhin kann ich zu Vernunft und Zurückhaltung raten, und deshalb muss ich persönlich bei der Versammlung in Simon Lamonthes Burg anwesend sein.«
Er warf Lamonthes Schreiben auf einen Tisch und wollte die Halle verlassen, doch Jasper packte ihn am Arm. »Du hast nicht die geringste Lust zu dieser Reise - im Gegensatz zu mir. Warum willst du mich nicht mit dieser Mission beauftragen? Vertraust du mir nicht?«
»Du missverstehst meine Motive. Natürlich vertraue ich dir«, erwiderte Rand ruhig. »Es ist Lamonthe, dem ich nicht über den Weg traue. Er ist machthungrig, und als Lord von Rosecliffe werde ich ihn leichter in seine Schranken weisen können als du.«
Der begütigende Ton seines Bruders brachte Jasper noch mehr in Rage. »Und was soll ich hier machen? Weiterhin vergeblich versuchen, die verdammten walisischen Rebellen in den Wäldern aufzustöbern? Dabei erschrecke ich doch meistens nur harmlose Jäger, Holzfäller und spielende walisische Bälger ... «
Rands eisiger Blick brachte ihn jäh zur Besinnung. »Das war nicht abfällig gemeint«, versicherte er hastig. »Du weißt doch genau, dass ich meine Nichten und meinen Neffen niemals beleidigen würde. Herrgott, ich liebe sie, so als wären es meine eigenen
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