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Der Rosenmord

Der Rosenmord

Titel: Der Rosenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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mir weder abraten noch zuraten, er weicht diesem Thema aus. Ich glaube, er nimmt mich nicht für voll. Meine Tante – kennt Ihr sie? Sie ist wie ich verwitwet und jammert heute noch, obwohl schon viele Jahre vergangen sind. Sie redet vom Frieden des Klosters, von der Befreiung von den Sorgen der Welt. Aber sie redet nur, dabei weiß ich genau, daß sie mit ihrem bequemen Leben im Grunde ganz zufrieden ist. Ich aber, Bruder Cadfael, ich lebe und gehe meiner Arbeit nach, aber ich bin nicht zufrieden. Ein Leben im Kloster würde mir Ruhe und Frieden schenken.«
    »Aber es wäre falsch«, erwiderte Cadfael fest. »Zumindest für Euch wäre es ein Fehler.«
    »Warum sollte es ein Fehler sein?« widersprach sie. Die Haube war von ihrem Kopf zurückgeglitten, und ihr hellbrauner Haarschopf schimmerte im gedämpften Licht wie gemaserte Eiche.
    »Das Klosterleben sollte man nicht als die zweitbeste Möglichkeit wählen. Genau das würdet Ihr aber tun. Man muß sich diesem Leben aus einem echten Bedürfnis heraus zuwenden oder gar nicht. Der Wunsch, vor der Außenwelt zu fliehen, ist nicht genug. Ihr müßt von einer Sehnsucht zur Welt dort drinnen erfüllt sein.«
    »Wie war es denn bei Euch?« fragte sie lächelnd, und plötzlich war ihr strenges Gesicht strahlend und warm.
    Er dachte eine Weile nach und wählte seine Worte mit Bedacht. »Ich kam erst spät ins Kloster. Schon möglich, daß mein Feuer nicht eben lebhaft brannte«, erwiderte er schließlich aufrichtig. »Aber es spendete genug Licht, um mir den Weg zu beleuchten, den ich gehen wollte. Ich bin zu etwas hingelaufen, nicht vor etwas fort.«
    Sie erwiderte unbeeindruckt und offen seinen Blick. »Bruder Cadfael, seid Ihr noch nie auf die Idee gekommen, daß eine Frau viel bessere Gründe zum Fortlaufen haben könnte, als Ihr sie je hattet? Viel mehr Böses, vor dem es fortzulaufen gilt, und weniger Ziele, zu denen die Flucht führen könnte?«
    »Das ist wahr«, gab Cadfael zu, während er heftig rührte.
    »Aber wie ich weiß, seid Ihr weit besser gestellt als viele andere. Außerdem habt Ihr mehr Mut als viele Männer. Ihr seid Eure eigene Herrin, Eure Verwandten hängen von Euch ab und nicht Ihr von ihnen. Es gibt keinen Oberherrn, der über Eure Zukunft bestimmen könnte, und niemand vermag Euch zu einer zweiten Ehe zu zwingen – ja, ich habe gehört, daß manch einer nur zu froh wäre, wenn er es könnte. Aber niemand hat Macht über Euch. Es gibt keinen lebenden Vater und keinen älteren Verwandten mehr, der Euch beeinflussen könnte. Ganz egal, wie viele Männer Euch belästigen oder Euch mit ihren Werbungen ermüden, Ihr wißt, daß Ihr ihnen mehr als ebenbürtig seid. Und Euer Verlust«, fuhr er fort, nachdem er einen Augenblick überlegt hatte, ob er ihr nicht zu nahe trat, »ist ein Verlust, wie er in dieser Welt eben geschehen kann. Glaubt mir, in der Einsamkeit und Stille eines Klosters kann das Warten viel schwerer sein als in der Welt mit ihren Widrigkeiten und Ablenkungen. Ich habe erlebt, wie Männer aus sehr vernünftigen Gründen eben diesen Fehler begingen und unter der doppelten Beraubung um so schwerer litten. Geht dieses Risiko nicht ein. Nicht, wenn Ihr nicht ganz genau wißt, was Ihr wollt, nicht, solange Ihr es nicht aus ganzem Herzen und aus tiefster Seele wollt.«
    Mehr wagte er nicht zu sagen; und vielleicht war es schon mehr gewesen, als ihm überhaupt zustand. Sie hörte ihn an, ohne den Blick abzuwenden. Er spürte ihren klaren Blick auf sich ruhen, während er die Salbe für sie in ein Töpfchen füllte und den Deckel festband, damit sie es heimtragen konnte.
    »Schwester Magdalena aus der Benediktinerklause in Godric’s Ford wird in zwei Tagen nach Shrewsbury kommen, um Bruder Edmunds Nichte zu holen, die sich den Schwestern anschließen will. Über ihre Motive weiß ich nichts, aber wenn Schwester Magdalena sie als Novizin annimmt, dann muß das Mädchen wirklich überzeugt sein. Man wird sie genau beobachten und erst dann die Gelübde ablegen lassen, wenn Schwester Magdalena sich über ihre Berufung im klaren ist.
    Vielleicht wollt Ihr mit Schwester Magdalena darüber sprechen?
    Soweit ich weiß, kennt Ihr Euch ja bereits.«
    »Ja, ich kenne sie.« Judith sprach leise, und doch war in ihrer Stimme eine Spur von stiller Belustigung zu hören.
    »Ich glaube, Schwester Magdalenas Motive hätten, als sie in Godric’s Ford aufgenommen wurde, wohl kaum den Ansprüchen genügt, die Ihr soeben vorgetragen habt.«
    Das konnte er kaum

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