Der rote Prophet
Schifferjungen am Ufer stand. Hooch hätte wachsam und vorsichtig sein können, und wäre er es gewesen, so hätte Mike Fink durchaus den Tod finden können. Hooch also hatte sein Leben verloren, weil er den Wettkampf verloren hatte, den Wettkampf zwischen ihm und Mike.
Aber der Junge gestern war kein Wettläufer gewesen. Der hatte nur nach Hause gewollt. Mike Fink rang nie mit einem Mann, der nicht kämpfen wollte, und er tötete nie einen Mann, der es nicht darauf abgesehen hatte, ihn als erster zu töten, wenn er die Gelegenheit dazu bekam. Gestern war das erste Mal gewesen, daß er jemanden getötet hatte, nur weil man es ihm aufgetragen hatte, und das gefiel ihm überhaupt nicht. Mike begriff, Gouverneur Bill glaubte, daß er Hooch auf dieselbe Weise getötet habe, nur weil man es ihm befohlen hatte. Doch das stimmte nicht. Und heute sah Mike Fink den Vater des jungen Mannes an, sah all den Zorn in seinen Augen, und er sprach zu diesem Mann – aber stumm, damit niemand es hören konnte –, er sprach: Ich bin auf deiner Seite, ich stimme dir zu, daß der Mann, der deinen Jungen getötet hat, sterben sollte.
Das Problem war nur, daß dieser Mann Mike Fink selbst war. Und er schämte sich.
Das gleiche galt für die Roten in Prophetstown. Was war das für ein Wettkampf, sie mit Kartätschen zu wecken, die pfeifend durch ihre Häuser jagten, sie in Brand setzten, sich in ihre Leiber gruben, in die Leiber von Kindern und Frauen und alten Männern?
Das ist nicht mein Kampf, dachte Mike Fink.
Am Himmel erschienen die ersten Streifen der Morgendämmerung. Prophetstown war zwar immer noch ein bloßer Schatten, doch die Zeit war gekommen. Alvin Miller zielte mit seiner Muskete in die dichtstehenden Häuser und feuerte.
Wenige Sekunden später antworteten die Kanonen mit ihrem Donnern. Und schon kurz darauf loderten in der Stadt die ersten Flammen auf.
Wieder feuerten die Kanonen. Und doch lief keine Menschenseele schreiend aus einem Wigwam.
Hatte es denn niemand sonst bemerkt? Merkten sie denn nicht, daß die Roten Prophetstown alle verlassen hatten? Und wenn sie fort waren, so bedeutete das, daß sie bereits alles über den morgendlichen Angriff gewußt hatten. Und wenn sie das wußten, bedeutete dies wiederum, daß sie möglicherweise bereits im Hinterhalt lauerten. Vielleicht waren sie aber auch alle geflohen, oder vielleicht ...
Mike Finks Glücksamulett brannte. Es war schrecklich heiß. Er wußte, was das zu bedeuten hatte. Zeit zu gehen. Wenn er blieb, würde ihm großes Unglück widerfahren.
Also schlüpfte er an der Reihe der Soldaten vorbei – oder an dem, was hier als Soldaten galt, da kaum mehr als ein oder zwei Tage des Drills zur Verfügung gestanden hatten, um diese rohen Farmer auszubilden. Niemand beachtete Mike Fink. Sie waren viel zu sehr damit beschäftigt, die brennenden Wigwams zu beobachten. Einige von ihnen hatten endlich bemerkt, daß anscheinend niemand mehr in der roten Stadt war, und besorgt sprachen sie miteinander darüber. Mike sagte nichts, er schritt einfach nur die Linien entlang, dem Bach entgegen.
Die Kanonen befanden sich alle auf hohem Gelände. Als er unten am Flußufer ankam, blieb Mike stehen, er traute seinen Augen nicht: Tausende und Tausende von Roten, die Schulter an Schulter auf der Weide standen. Manche von ihnen weinten leise – zweifellos waren einige verirrte Schrapnellgeschosse und Musketenkugeln bis zu ihnen gelangt, da zwei der Kanonen an gegenüberliegenden Enden der Stadt standen und in diese Richtung feuerten. Und doch rührten sie keinen Finger, um sich zu verteidigen. Es war kein Hinterhalt. Sie besaßen keine Waffen. Diese Roten hatten sich alle aufgestellt, um zu sterben.
Am Ufer befanden sich etwa ein Dutzend Kanus. Mike Fink schob eines davon ins Wasser und rollte sich hinein. Er würde flußabwärts fahren, den ganzen Wobbish hinunter bis zum Hio. Das hier war kein Krieg, sondern ein Massaker, und das war einfach nicht Mike Finks Art zu kämpfen. Fast für jeden Menschen gab es irgend etwas, das so schlimm war, daß er es niemals tun würde.
In der Dunkelheit des Kellers konnte Measure nicht erkennen, ob Alvin wirklich da war oder nicht. Doch er konnte seine Stimme hören, die sanft, aber eindringlich auf ihn einredete und sich über den Schmerz hinweg bemerkbar machte. »Ich versuche dich zu heilen, Measure, aber ich brauche dazu deine Hilfe.«
Measure war unfähig zu antworten.
»Ich habe dein Genick gerichtet und einige deiner Rippen und
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