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Der rote Prophet

Der rote Prophet

Titel: Der rote Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Gesicht auf alle Zeiten von Blut triefen, sogar noch im Grabe.«
    Sie nickten, sie willigten ein. Es war nur gerecht. Sie konnten jene, die sie getötet hatten, nicht wieder zum Leben erwecken, aber sie konnten dafür Sorge tragen, daß über dieses Töten niemals eine Lüge erzählt wurde. Nicht einer würde jemals behaupten können, daß es am Tippy-Canoe einen Sieg oder auch nur eine Schlacht gegeben hatte. Es war ein Massaker; Weiße hatten es begangen, und nicht ein einziger Roter hatte seine Hand zur Verteidigung erhoben.
    Eines aber blieb noch – die Schuld des Mannes auf dem tänzelnden Hengst.
    »Weißer Mörder Harrison!« rief der Prophet. »Komm zu mir!«
    Harrison schüttelte den Kopf, versuchte sein Pferd abzuwenden; doch die Zügel entglitten seinen blutigen Händen und das Pferd schritt den Hügel hinunter. Alle Weißen sahen ihm stumm zu, sie haßten ihn dafür, daß er sie belogen und aufgehetzt hatte. Das Pferd führte ihn bis an den Rand des Wassers. Er blickte zu dem einäugigen Roten hinunter, der einst unter seinem Tisch gesessen und um Whisky gebettelt hatte.
    »Dein Fluch soll der gleiche sein«, sprach der Prophet, »nur daß deine Geschichte viel länger und häßlicher ist. Und du wirst nicht erst auf Fremde warten, die vorbeikommen, bevor du sprichst. An jedem Tag deines Lebens wirst du irgend jemanden finden müssen, der diese Geschichte noch nie von deinen Lippen gehört hat, und du wirst sie ihm erzählen – jeden Tag einmal! –, sonst sollen deine Hände von Blut triefen. Und solltest du dich verstecken, heimlich um mit blutüberströmten Händen zu leben, anstatt neue Menschen zu finden, denen du deine Geschichte erzählen mußt, so sollst du den Wundschmerz meines Volkes spüren, an jedem Tag eine weitere neue Wunde, bis du die Geschichte wieder erzählst, für jeden Tag, den du ausgelassen hast, einmal. Und versuche nicht, dich selbst zu töten – du kannst es nicht. Du wirst dieses Weißenland von einem Ende bis zum anderen durchwandern. Die Menschen werden dich kommen sehen und sich verstecken, sie werden den Klang deiner Stimme fürchten; du wirst sie anflehen, stehenzubleiben und dich anzuhören. Sogar deinen alten Namen werden sie vergessen, und sie werden dich bei jenem Namen nennen, den du dir heute verdient hast. Tippy-Canoe. Das ist dein neuer Name, weißer Mörder Harrison. Dein wahrer Name, bis du als alter, uralter Mann eines natürlichen Todes stirbst.«
    Harrison beugte sich über die Mähne seines Pferdes und weinte über seine blutigen Hände. Doch es waren Tränen der Wut, nicht der Trauer oder der Scham. Tränen des Zornes darüber, daß all seine Pläne gescheitert waren. Wenn er gekonnt hätte, er hätte den Propheten selbst jetzt noch getötet. Überall würde er nach irgendeiner Hexe oder einem Zauberer suchen, die diesen Fluch brechen konnten. Er konnte es nicht ertragen, daß dieser erbärmliche, einäugige Rote ihn besiegt hatte.
    Measure sprach den Propheten vom Ufer aus an. »Wohin werdet Ihr nun gehen, Tenskwa-Tawa?«
    »Nach Westen«, erwiderte Tenskwa-Tawa. »Mein Volk, all jene, die noch an mich glauben, wir alle werden westlich des Mizzipy ziehen. Wenn ihr eure Geschichte erzählt, so sagt den Weißen folgendes: Daß das Land westlich des Mizzipy das Land des roten Mannes ist. Kommt nicht dorthin. Das Land kann die Berührung durch den Fuß eines weißen Mannes nicht ertragen. Ihr atmet den Tod; eure Berührung ist Gift; eure Worte sind Lügen; das lebendige Land wird euch nicht dulden.«
    Er drehte sich um, schritt zu den Roten hinüber, die am anderen Ufer auf ihn warteten, und half einem verwundeten Kind, die Böschung in den Wald hinaufzugehen. Hinter ihm begann das Wasser des Tippy-Canoe wieder zu strömen.
    Miller schritt den Abhang hinunter zu der Stelle, wo sein Sohn stand. »Measure«, sagte er.
    Measure drehte sich um und streckte die Arme aus, um seinen Vater zu umarmen. »Alvin lebt, Vater, weit im Osten. Er ist bei Ta-Kumsaw und ...«
    Doch Miller bedeutete ihm zu schweigen, hielt die Hände seines Sohnes vor sich. Sie troffen von Blut, genau wie Millers eigene. Miller schüttelte den Kopf. »Es ist alles meine Schuld«, sagte er. »Alles meine Schuld.«
    »Nicht alles, Vater«, widersprach Measure. »Es gibt genug Schuld für jeden.«
    »Aber nicht für dich, Sohn. Das ist meine Schande an deinen Händen.«
    »Nun, vielleicht wirst du sie dann weniger spüren, weil wir sie zu zweit tragen können.« Measure streckte wieder den Arm

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