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Der rote Prophet

Der rote Prophet

Titel: Der rote Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Tuch; wir haben sie von dieser Stelle aus fortgeführt. Es ist noch immer damit verbunden – das ist es, was du siehst.«
    »Aber nun ist es hier.«
    »Es ist hier und dort. Versuch nicht, es zu verstehen, Alvin. Ich habe es auch vor langem aufgegeben. Aber ist es nicht gut zu wissen, daß alle Lebensfäden in ein einziges, gewaltiges Tuch gesponnen werden?«
    »Wer webt das Tuch für die Roten, die mit Tenskwa-Tawa nach Westen gegangen sind?« wollte Alvin wissen. »Diese Fäden sind aus dem Tuch ausgetreten.«
    »Das geht dich nichts an«, erwiderte Becca. »Sagen wir einmal, daß ein neuer Webstuhl gebaut und nach Westen gebracht wurde.«
    »Aber Ta-Kumsaw hat gesagt, daß kein Weißer jemals den Fluß nach Westen überqueren würde. Und der Prophet hat es auch gesagt.«
    Ta-Kumsaw drehte sich langsam auf dem Boden um, ohne sich zu erheben. »Alvin«, sagte er, »du bist noch ein Junge.«
    »Und ich war noch ein Mädchen«, erinnerte ihn Becca, »als ich dich zum ersten Mal liebte.« Sie wandte sich an Alvin. »Es ist meine Tochter, die den Webstuhl in den Westen gebracht hat. Sie konnte dorthin gehen, weil sie nur zur Hälfte weiß ist.« Wieder streichelte sie Ta-Kumsaws Haar. »Isaac ist mein Mann. Meine Tochter Wieza ist seine Tochter.«
    »Mana-Tawa«, sagte Ta-Kumsaw.
    »Eine Weile glaubte ich, daß Isaac hierbleiben würde, um bei uns zu leben. Doch dann sah ich, wie sich sein Faden von uns fortbewegte, obgleich sein Körper noch bei uns war. Ich wußte, daß er zu seinem Volk gehen würde. Ich wußte, weshalb er zu uns gekommen war, ganz allein aus dem Wald. Es gibt ein Verlangen, das noch tiefer gründet als das Verlangen des roten Mannes nach dem Gesang des lebenden Waldes, tiefer als die Sehnsucht des Schmieds nach dem heißen, feuchten Eisen, tiefer sogar noch als das Sehnen des Rutengängers nach dem hohlen Herz der Erde. Dieses Verlangen hat Ta-Kumsaw in unser Haus geführt. Damals war meine Mutter noch die Weberin am Webstuhl. Ich habe Ta-Kumsaw Lesen und Schreiben gelehrt; er hat sämtliche Bücher im Tal gelesen, und dann haben wir nach Philadelphia um weitere Bücher geschickt, und die hat er auch gelesen. Damals hat er dann seinen eigenen Namen gewählt, den Namen des Mannes, der die Principia geschrieben hat. Als wir volljährig wurden, hat er mich geheiratet. Ich habe ein Baby bekommen. Er ist fortgegangen. Als Wieza drei Jahre alt war, kam er zurück, hat einen Webstuhl gebaut und sie nach Westen über den Berg gebracht, damit sie bei seinem Volk lebt.«
    »Und Ihr habt Eure eigene Tochter ziehen lassen?«
    »Ja, wie einst eine meiner Vorfahrinnen an ihrem alten Webstuhl saß und ihre Tochter ziehen ließ, über den Ozean in dieses Land.« Becca lächelte Alvin traurig an. »Jeder von uns hat seine Aufgabe, aber es gibt keine Aufgabe, die nicht auch ihren Preis hätte. Als Isaac sie mitnahm, befand ich mich bereits in diesem Zimmer. Alles, was geschehen ist, war gut.«
    »Ihr habt Ihn nicht einmal gefragt, wie es Eurer Tochter geht, als wir hier eintrafen! Ihr habt ihn immer noch nicht gefragt.«
    »Ich brauchte ihn nicht zu fragen«, antwortete Becca. »Den Hütern des Webstuhls widerfährt nichts Böses.«
    »Nun, und wenn Eure Tochter jetzt fort ist, wer soll dann einst Euren Platz einnehmen?«
    »Vielleicht wird irgendwann ein anderer Ehemann kommen. Einer, der in diesem Haus bleibt und mir einen andern Webstuhl baut und ... und noch einen weiteren für eine Tochter, die noch nicht geboren ist.«
    »Und was geschieht danach mit Euch?«
    »Das sind viele Fragen, Alvin«, sagte Ta-Kumsaw. Doch seine Stimme war sanft und müde. Alvin aber hegte keine Ehrfurcht vor dem Ta-Kumsaw, der die Bücher des weißen Mannes las, und so beachtete er den milden Tadel nicht.
    »Was geschieht mit Euch, wenn Eure Tochter Euren Platz einnimmt?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Becca. »Aber es heißt, daß wir dann an den Ort zurückkehren, aus dem die Fäden entspringen.«
    »Was tut ihr da?«
    »Wir spinnen.«
    Alvin versuchte sich Beccas Mutter vorzustellen und ihre Großmutter und die Frau davor, alle in einer Reihe. Er versuchte sich vorzustellen, wie viele es sein mochten, wie sie alle an ihren Spinnrädern saßen und Fäden aus der Spindel hervortreten ließen, einen weißen Faden, der irgendwohingehen würde, hingehen und verschwinden, bis er irgendwann riß.
    Und während er sich dies vorstellte, meinte er auch, daß er etwas von diesem Gewebe verstand. Davon, wie es immer kräftiger wurde, wie

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