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Der rote Prophet

Der rote Prophet

Titel: Der rote Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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wirklich geglaubt, daß du tot wärst, als dieser Wirbel dich mitgerissen hat! Bist du in Ordnung?«
    »Ich habe alles geschaut!« rief Alvin. Aber er war inzwischen zu erschöpft und fiel in einen tiefen Schlaf.

10. Gatlopp
    Von Alvin bekam Measure wenig zu sehen. Er schien nur noch den Worten des Propheten lauschen zu wollen, seinen Geschichten und der sonderbaren poetischen Weisheit, die er verkündete.
    Als Alvin einmal ausnahmsweise lange genug bei ihm war, um sich hinzusetzen und sich mit ihm zu unterhalten, fragte Measure ihn, warum er sich diese Mühe machte. »Selbst wenn diese Roten Englisch sprechen, kann ich sie immer noch nicht verstehen. Wie sie vom Land reden, als wäre es ein Mensch; davon, daß man nur jenes Leben nehmen soll, das sich selbst darbietet; davon, daß das Land östlich des Mizzipy sterben wird – es stirbt doch gar nicht, Al, das sieht doch jeder Narr! Und selbst wenn es die Pocken hätte, die Pest und zehntausend Henkersnägel, gäbe dennoch keinen Arzt, der es heilen könnte.«
    »Tenskwa-Tawa weiß, wie man es könnte«, meinte Alvin.
    »Dann laß es ihn tun, damit wir endlich wieder nach Hause können.«
    »Noch einen Tag, Measure.«
    »Ma und Pa werden krank vor Sorge sein, die halten uns für tot!«
    »Tenskwa-Tawa sagt, daß das Land seinen eigenen Weg findet.«
    »Jetzt fängst du schon wieder an! Land ist Land, und das hat nicht das geringste damit zu tun, daß Pa einen Haufen Leute zusammengeschart hat, um die Wälder nach uns zu durchkämmen!«
    »Dann geh doch ohne mich.«
    Doch dazu war Measure noch nicht bereit. Er war nicht erbaut von dem Gedanken, Ma in die Augen sehen zu müssen, wenn er ohne Alvin nach Hause zurückkehrte. »Och, als ich wegging, ging es ihm ganz gut. Er hat ein bißchen mit Tornados rumgespielt und ist mit einem einäugigen Roten auf dem Wasser spazierengegangen. Er wollte einfach noch nicht nach Hause zurück, du weißt doch, wie diese zehnjährigen Jungen sind.« Nein, Measure konnte nicht ohne Alvin zurückkehren. Und er war sicher, daß er Alvin nicht gegen seinen Willen mitnehmen konnte. Der Junge hörte nicht einmal zu, wenn er von Flucht sprechen wollte.
    Das schlimmste daran war, daß alle Alvin zwar mochten und auf Englisch und Shaw-Nee mit ihm plapperten, daß aber keine Menschenseele mit Measure auch nur ein Wort wechselte, bis auf Ta-Kumsaw und den Propheten, der die ganze Zeit redete, ob jemand zuhörte oder nicht. Er fühlte sich ziemlich einsam, wie er den ganzen Tag allein umherschlendern mußte. Und nicht einmal weit. Zwar sprach niemand mit ihm, doch sobald er von den Dünen in Richtung Wald weiterschritt, schwirrte ein Pfeil herbei und senkte sich dicht neben ihm in den Sand. Die hatten ganz offensichtlich weitaus mehr Vertrauen in ihre Treffgenauigkeit als Measure. Ständig mußte er an Pfeile denken, die ein Stück abtrieben und ihn trafen.
    Bei genauerer Betrachtung war der Gedanke an Flucht allerdings tatsächlich töricht. Die Roten hätten ihn sofort wieder aufgespürt. Er verstand jedoch nicht, weshalb sie ihn nicht gehen lassen wollten. Sie taten gar nichts mit ihm, er war völlig nutzlos. Und sie versicherten, daß sie nicht beabsichtigten, ihn zu töten oder auch nur ein bißchen anzukratzen.
    Am vierten Tag in den Dünen kam es jedoch endlich zu einer Entscheidung. Er suchte Ta-Kumsaw auf und verlangte geradeheraus, freigelassen zu werden. Ta-Kumsaw wirkte verärgert, aber das war nicht ungewöhnlich. Diesmal gab Measure jedoch nicht nach.
    »Wißt Ihr denn nicht, daß es einfach nur dumm ist, uns hier gefangenzuhalten? Es ist ja schließlich nicht so, als wären wir ohne jede Spur verschwunden, müßt Ihr wissen. Inzwischen müssen sie unsere Pferde gefunden haben, auf denen Euer Name steht.«
    Es war das erste Mal, daß Measure merkte, daß Ta-Kumsaw nichts von den Pferden wußte. »Mein Name steht nicht auf Pferden.«
    »Auf ihren Sätteln, Häuptling. Habt Ihr das nicht gewußt? Die Chok-Taw, die uns gefangennahmen – wenn das nicht Eure Jungs waren, und dessen bin ich mir nicht so sicher, wenn Ihr es genau wissen wollt –, die haben Euren Namen in den Sattel auf meinem Pferd geritzt und dem Pferd dann ein paar Stiche verpaßt, damit es wegläuft. Und in Alvins Sattel haben sie den Namen des Propheten geritzt.«
    Ta-Kumsaws Gesicht verfinsterte sich, seine Augen glühten wie Blitze. »Alle Weißen«, sagte Ta-Kumsaw, »werden denken, daß ich euch entführt habe.«
    »Habt Ihr das denn nicht gewußt?« fragte

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