Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der rote Prophet

Der rote Prophet

Titel: Der rote Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
ohne ihn gleich umzubringen; und er wußte, daß er selbst zornig genug war, um irgend jemandem das Gesicht einzuschlagen, selbst wenn er sich die Hand dabei brechen würde. Und vielleicht wäre es sogar dazu gekommen, wäre Alvin nicht aufgestanden und hätte mit seinen zehn Jahren das Kommando übernommen.
    »Measure, du weißt besser als jeder andere, daß ich auf mich selbst aufpassen kann. Erzähl Pa und Ma einfach, was ich mit den Chok-Taw gemacht habe, dann werden sie schon einsehen, daß ich das kann. Sie wollten mich doch ohnehin fortschicken, nicht wahr? Um bei einem Schmied in die Lehre zu gehen. Nun, jetzt werde ich eben eine Weile bei Ta-Kumsaw in die Lehre gehen. Jedermann weiß, daß Ta-Kumsaw der größte Mann in ganz Amerika ist, vielleicht abgesehen von Tom Jefferson. Wenn ich Ta-Kumsaw irgendwie am Leben halten kann, dann ist das meine Pflicht. Und wenn du verhindern kannst, daß es zum Krieg kommt, indem du nach Hause zurückkehrst, dann ist das deine Pflicht. Siehst du das nicht ein?«
    Measure sah es tatsächlich ein, und er pflichtete ihm sogar bei. Er wußte aber auch, was es bedeutete, seinen Eltern gegenüberzutreten. »In der Bibel gibt es eine Geschichte von Joseph, dem Sohn von Jakob. Er war der Lieblingssohn seines Vaters, aber seine Brüder haßten ihn und verkauften ihn in die Sklaverei. Und dann nahmen sie einige seiner Kleider und tauchten sie in Ziegenblut und zerrissen sie, und kamen zu seinem Vater und sagten: Schau mal, er wurde von Löwen gefressen. Und sein Vater hat sich die Kleider zerrissen und wollte niemals mehr aufhören zu trauern.«
    »Aber du wirst ihnen doch erzählen, daß ich eben nicht tot bin.«
    »Ich werde ihnen erzählen, daß ich gesehen habe, wie du ein Kriegsbeil weich wie Butter gemacht hast, wie du auf dem Wasser gegangen und in einem Tornado durch die Luft geflogen bist. Es wird sie sicherlich beruhigen, zu wissen, daß du mit diesen Roten hier ein ganz normales Leben führst, wie jeder andere Junge auch ...«
    Ta-Kumsaw unterbrach ihn. »Ihr seid ein Feigling«, sagte er. »Ihr fürchtet Euch davor, Eurem Vater und Eurer Mutter die Wahrheit zu sagen.«
    »Ich habe ihnen mein Versprechen gegeben«, erwiderte Measure.
    »Ihr seid ein Feigling. Ihr geht kein Risiko ein. Ihr meidet die Gefahr. Ihr wollt Alvin nur bei Euch haben, damit Ihr in Sicherheit seid!«
    Das war zuviel für Measure. Er holte mit dem rechten Arm aus und wollte seine Faust in Ta-Kumsaws Gesicht rammen. Es überraschte ihn nicht, daß Ta-Kumsaw den Hieb blockierte – aber es war doch ein Schock für ihn, daß er Measures Handgelenk so mühelos packte und umdrehte. Measure wurde noch wütender, schlug Ta-Kumsaw in den Magen, und diesmal traf er auch. Doch der Bauch des Häuptlings war ungefähr so weich und nachgiebig wie ein Baumstumpf, und er packte auch Measures zweite Hand und hielt sie nun beide fest.
    Also tat Measure, was alle guten Ringer konnten. Er rammte sein Knie direkt zwischen Ta-Kumsaws Beine.
    Measure hatte das nur zweimal zuvor in seinem Leben getan, und jedesmal war der andere zu Boden gegangen und hatte sich gekrümmt wie ein halbzertretener Wurm. Ta-Kumsaw jedoch stand einfach nur da, starr, als würde er den Schmerz aufsaugen, und wurde wütender und wütender. Noch immer hielt er Measures Arme fest, und Measure glaubte, daß er nun wohl sterben müsse, in Stücke gerissen – so zornig sah Ta-Kumsaw aus. Plötzlich aber ließ Ta-Kumsaw Measures Arme fahren. Measure rieb sich die Handgelenke, wo die Handabdrücke des Häuptlings prangten und schmerzten. Der Häuptling sah wirklich zornig aus, doch sein Zorn galt Alvin. Er drehte sich zu dem Jungen um und sah so aus, als würde er ihm am liebsten bei lebendigem Leib die Haut abziehen.
    »Du hast deine schmutzigen Weißentricks mit mir veranstaltet«, sagte er.
    »Ich wollte nicht, daß einer von euch verletzt wird«, erklärte Alvin.
    »Meinst du, ich wäre ein Feigling wie dein Bruder? Meinst du, daß ich mich vor dem Schmerz fürchte?«
    »Measure ist kein Feigling!«
    »Er hat mich mit den Tricks des weißen Mannes zu Boden geworfen.«
    Measure empörte sich. »Ihr wißt genau, daß ich ihn nicht darum gebeten habe! Ich nehme es jetzt gerne mit Euch auf, wenn Ihr wollt! Ich werde ehrlich und offen mit Euch kämpfen!«
    »Indem Ihr einen Mann mit dem Knie stoßt?« fragte Ta-Kumsaw. »Ihr wißt überhaupt nicht, wie man als Mann kämpft.«
    »Ich kämpfe so mit Euch, wie Ihr wollt«, sagte Measure.
    Ta-Kumsaw

Weitere Kostenlose Bücher