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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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vorauszusehen und darauf zu reagieren. Immer geringer wurde der Abstand zwischen ihnen.
    Mogda wurde hin- und hergeschleudert. Anfangs versuchte er noch, durch Körperspannung dagegen anzugehen, doch schnell verließ ihn die Kraft, und er ergab sich in die wilden Flugmanöver. Der Drache rollte über die Längsachse schräg nach unten ab, und Mogda befand sich für einen kurzen Moment über ihm. Außer einem merkwürdigen Gefühl im Magen bescherte ihm diese Position einen einmaligen Ausblick sowie die Erkenntnis, dass ihnen drei der Lindwürmer dicht auf den Fersen waren. Oberflächlich betrachtet folgten sie zwar dem Drachen und versuchten, ihm den Weg abzuschneiden, doch die Beute, auf die sie es wirklich abgesehen hatten, hing als willenloses Bündel in dessen Klauen – sie wollten ihn, aus welchem Grund auch immer. Hasserfüllt fixierten sie den Oger mit ihren gelbroten Augen und züngelten wie Schlangen mit ihren langen gegabelten Zungen. Sie versuchten, im Windschatten des Drachen zu bleiben, um im geeigneten Augenblick zuschlagen zu können. Mogda scheute sich, sein Schwert zu ziehen. Es könnte ihm aus der Hand gleiten, in die Tiefe stürzen und für immer verloren sein. Er beschloss, sich auf die Überlegenheit des Drachen zu verlassen und im Notfall mit bloßen Händen zu kämpfen.
    Die Bewegungen des Lindwurms vor ihnen wurden träger und unkoordinierter. Die kräftigen Flügelschläge, die ihn vorantrieben, wurden hektischer und ähnelten dem Geflatter eines Jungvogels. Die Kraft für weitere Finten, um seinen Verfolger abzuhängen, fehlte ihm. Um der Ermüdung entgegenzuwirken, zog er die Beine an, legte die Flügel eng an den Körper und stürzte im freien Fall in die Tiefe. Der Drache folgte dem Manöver, nur mit dem Unterschied, dass er sich mit zwei kräftigen Flügelschlägen mehr Tempo verschaffte. Der Lindwurm sah die mächtige Klaue und das weit aufgerissene Maul nicht kommen.
    Mogda glaubte schon fast, die kleinere Flugechse berühren zu können, als die Drachenkralle zupackte, einen Lindwurmflügel hochriss und mit einem einzigen Biss abtrennte. Die Echse kreischte in Todesangst und riss sich mit letzter Kraft los. Ein Sprühregen aus Blut troff Mogda ins Gesicht, und er konnte sehen, wie der Lindwurm, hilflos mit einem Flügel schlagend, in die Tiefe stürzte. Der Drache verfolgte den Todessturz seines Gegners, bis dieser im dichten Grün des Waldes verschwand. Dann drehte er bei und schoss im Gleitflug fünfzig Schritt über die Baumkronen hinweg. Ein Pfeil surrte haarscharf an Mogda vorbei und bohrte sich in die Unterseite des Drachenflügels. Sie flogen zu schnell, als dass Mogda hätte erkennen können, von wo das Geschoss gekommen war.
    Der Drache schien den Treffer nicht bemerkt zu haben. Unbeirrt setzte er seinen Flug fort. Augenblicke später hagelte es Pfeile aus allen Richtungen. Direkt unter sich glaubte Mogda eine kleine Gruppe von dunklen Gestalten zu erkennen, die unter den mächtigen Baumkronen Schutz suchten, als sich der dunkle Schatten des Drachen über sie legte.
    Die Angriffe vom Boden waren wenig koordiniert. Die meisten Pfeile gingen ins Leere und regneten irgendwo im Waldgebiet nieder. Nur vereinzelte Schützen schafften es, genügend Vorhalt in ihre Schüsse zu legen. Der Drache versuchte noch nicht einmal, auf die Angriffe zu reagieren. Selbst ein Dutzend Pfeile konnten diesem Wesen nichts anhaben. Im Gegensatz dazu war es für Oger wesentlich unangenehmer, mit Metallspitzen gespickt zu werden.
    Das Gefühl, wehrlos in der Luft zu hängen, während andere Schießübungen auf ihn veranstalteten, versetzte den Oger in Panik. Hilflosigkeit war etwas, auf das Oger meist mit Kurzschlusshandlungen reagierten. So versuchte er, durch wildes Rotieren des Oberkörpers, aufgeregtes Schlagen der Arme und lautes Schreien ein schwereres Ziel zu bieten.
    Noch bevor Mogda die Sinnlosigkeit dieser Vorgehensweise einsehen konnte, setzte der Drache zum Steigflug an. Er schoss senkrecht in den Himmel. Bei jedem Flügelschlag, den der Drache tat, spürte Mogda, wie seine Gelenke an den Beinen zu reißen drohten. Derartige Schmerzen musste jemand haben, der auf den Streckbänken der Orks gefoltert wurde, ging ihm durch den Kopf. Er sah, wie sich die Landschaft unter ihm entfernte und stetig kleiner wurde, bis sie wieder das unwirkliche Muster einer Landkarte annahm.
    Immer noch ließen die Flügelschläge des Drachen nicht nach. Sie durchbrachen erneut die Wolkendecke, und Mogda

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