Der Rubin der Oger
Elfen hatten als er. Seine Befürchtung, dass sie irgendwann aus ihrem felsigen Versteck stürmen würden, um ihn und die anderen zu verspeisen, bestätigte sich nicht.
»Habt ihr euch endlich verabschiedet?«, brummte Mogda, als ihm seine drei Begleiter mit gesenkten Häuptern entgegenkamen. »Bei diesem ausgedehnten Totenkult bleibt ihnen auch gar nichts anderes übrig, als wesentlich älter zu werden als die meisten Völker. Sonst wären sie ununterbrochen auf den Beerdigungen ihrer eigenen Sippe.«
Cindiel trat ihm mit in die Seite gestemmten Armen entgegen.
»Ich muss zugeben, dass dein Wortschatz sich in den Jahren immer weiter vergrößert hat.«
»Danke«, murmelte Mogda, stutzig geworden.
»Aber vielleicht solltest du jetzt einmal dazu übergehen, den Mund zu halten, wenn es angebracht ist. Die Zeit des Schweigens könntest du dazu verwenden, nachzulesen, was Pietät und Ehrfurcht bedeuten.«
»Schon gut«, besänftigte Mogda sie. »Es ist nur ... die Drachen machen mich nervös. Ich weiß zwar, was sie suchen, aber nicht, wo es ist.«
»Meinst du nicht, es wäre langsam an der Zeit, uns darüber aufzuklären, worum es hier eigentlich geht?«, mischte sich Barrasch ein. »Stattdessen erzählst du den Drachen, dass du ihnen nicht helfen kannst. Wenn ich sterben muss und sie uns fressen, wüsste ich gerne, warum.«
Mogda schüttelte enttäuscht den Kopf.
»Bin ich denn der Einzige, der einen Zusammenhang zwischen dem toten Elfen und jenen Elfen, die den Funken der Götter aus dem Baum Mystraloon in Sicherheit bringen wollten, sieht? Ihr erinnert euch doch, oder?«
Barrasch verschränkte die Arme vor der Brust und schob die Unterlippe vor.
»Doch, natürlich erinnern wir uns. Aber du bist der Einzige, der töricht genug ist, daran zu glauben, dass die Drachen dich brauchen, um die Elfen zu finden. Außerdem, hast du schon mal darüber nachgedacht, dass deine zwei neuen schwarzen Freunde vielleicht nichts Gutes im Schilde führen und ebenfalls für die Nesselschrecken arbeiten?«
Die Einwände des Hauptmanns waren begründet, das erkannte auch Mogda. Im Moment jedoch blieb ihnen nur die Wahl zwischen zwei möglicherweise tödlichen Übeln.
Mogda wandte sich wieder dem Geschehen zwischen den Felsen zu. Die Drachen hatten ihr Versteck verlassen und kauerten am Rand des Wagenplatzes. Erst jetzt, bei Tageslicht, erkannte er ihre wahre Größe. Sie überragten ihre roten Brüder um die Hälfte. Aus den Aufzeichnungen der Menschen wusste Mogda, dass diese Geschöpfe, egal welche Farbe sie besaßen, keine Freunde in den Reihen Tabals hatten. Sie hatten nichts zu schaffen mit den ewigen Fehden zwischen Gut und Böse. Ihre Interessen galten allein einem höherem Ziel und dem Fortbestand ihrer eigenen Rasse. Rücksicht, Mitleid, Hass kannten sie nicht. Wenn man den Forschungen der Gelehrten glauben konnte, lebten sie ewig. Ihr Alter bestimmte man nach ihrer Größe, doch es waren nicht allein die körperlichen Ausmaße, die sie zu schier unbesiegbaren Gegnern werden ließen. Je älter sie wurden, desto mehr und größere Fähigkeiten schrieb man ihnen zu. Zauberei und geschärfte Sinne waren dabei nur Nebensächlichkeiten. In einer Religion, in der die Überzeugung herrschte, nur Göttern huldigen zu müssen, die man sehen und berühren konnte, wären sie jene Rasse gewesen, die man verehrt hätte.
Mogda zeigte Richtung Südosten.
»Wir ziehen ins Landesinnere. Wenn die Elfen versucht haben, den Stein in Sicherheit zu bringen, dann bestimmt irgendwo in einer der großen Städte der Menschen. Ihr seid die Einzigen, denen sie vertrauen und die ihnen Schutz gewähren können.«
Wortlos packten die vier ihre Ausrüstung zusammen und machten sich auf den Weg. Barrasch übernahm die Führung. Er hatte gerade die Grenze des Wagenplatzes erreicht, als einer der Drachen mit einem einzigen Flügelschlag über sie hinweg glitt, vor ihnen landete und seinen Schwanz im Halbkreis um die Gruppe legte. Eingeschüchtert und ratlos wichen die drei Menschen zurück, wobei es sich Finnegan nicht nehmen ließ, seinen Arm schützend um Cindiel zu legen. Nur Mogda ging unbeeindruckt weiter und trat mit einem weit ausgreifenden Schritt über den Drachenschwanz hinweg. Er wandte sich selbstsicher um und winkte den anderen zu.
»Sie wollen nur unsere Entschlossenheit testen«, rief er.
Als er sich wieder umdrehte, um seinen Weg fortzusetzen, stieß er mit dem Maul des Drachen zusammen.
»He, was soll das?«, rief er
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