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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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beobachtete, wie sich die weißen Schwaden hinter ihm wieder schlossen und den Blick zur Erde verdeckten. Einen Moment später schossen drei ihrer Verfolger durch die Wolken. Kreischend setzten sie ihrer Beute nach. Die wesentlich kleineren Lindwürmer hatten Schwierigkeiten, sich in solche Höhen vorzuarbeiten. Ihre im Verhältnis geringe Flügelspannweite machte sie zwar zu wendigen und schnellen Gegnern, doch auf langen Strecken und bei kraftraubenden Flugmanövern waren sie ihren großen Brüdern weit unterlegen. Immer höher schraubten sie sich in den Himmel.
    Mogda spürte, wie die Luft dünner wurde und er Schwierigkeiten bekam, Luft zu holen. Die Kälte trug ihren Teil dazu bei und ließ die Lungen bei jedem Atemzug schmerzen. Die Verfolger blieben langsam zurück und waren nur noch als kleine schwarze Punkte zu erkennen. Mit einem letzten kräftigen Flügelschlag beendete der Drache seinen Steigflug. Mogda fühlte, wie die Spannung in seinen Gelenken nachließ und das Blut wieder den Weg in seine Beine fand. Es war nur der Bruchteil eines Augenblicks, in dem er sich völlig frei und entspannt fühlte. Sein Körper war losgelöst von allem, seine Sinne frei von jeglicher Empfindung. Sein Verstand setze aus und gaukelte ihm vor, nicht mehr Teil dieser Welt zu sein, sondern ein Stück von etwas Höherem: Etwas, das nicht wirklich existierte. Etwas, das die Welt nur aus der Distanz betrachtete und von Zeit zu Zeit in die Geschicke der Wesen eingriff, um weiter beobachten zu können. Dann hatte der Drache den Zenit seines Aufstiegs erreicht, legte die Flügel an, überschlug sich und stürzte langgestreckt und pfeilgerade zurück zur Erde. Mogda verlor die Orientierung. Für ihn gab es kein Oben, kein Unten und kein Norden, kein Süden mehr. Alles um ihn herum war blau und mit länglichen weißen Fäden durchsponnen. Nur drei kleine schwarze Punkte hatten sich auf seine Netzhaut gesetzt, wie Fliegendreck auf eine Scheibe. Immer größer wurden die Punkte und nahmen langsam Gestalt an.
    Der Drache hatte seine Verfolger abgehängt, und diese waren auf dem Rückweg zu ihren Herren, um wieder Schutz zwischen den mächtigen Bäumen des Waldes zu suchen und auf neue Anweisungen zu warten. Mogda erkannte die Silhouetten der drei geflügelten Echsen, die gerade zwischen den Wolken verschwanden. Zusammen mit dem Drachen raste er genau auf sie zu. Der Sturzflug verlangte Mogda wieder alles ab, doch er war froh, nicht eines der Wesen zu sein, die gerade hinter den Wolken verschwunden waren. Mit einem kurzen Aufblitzen tauchten sie durch den Nebel. Den drei Lindwürmern blieb keine Zeit, zu reagieren. Der schwarze Drache blähte seine Brust auf und sandte seinen Widersachern einen grünlichen Strahl ätzender Säure hinterher.
    Einer der Lindwürmer wurde durch den Säurestrahl regelrecht in zwei Teile geschnitten, ein anderer war so damit beschäftigt, seine durchlöcherten Flügel an Körper und Schwanz zu reiben, dass er ins Trudeln geriet und zu Boden stürzte. Der dritte war seitlich ausgebrochen und suchte sein Heil in der Flucht. Der Drache folgte ihm. Er umrundete den Lindwurm und attackierte ihn von der anderen Seite. Wie eine Katze, die mit einer Maus spielt, hieb die freie Pranke des Drachen auf die Flügelspitzen des Gegners ein. Der Lindwurm geriet in Panik, versuchte seinen Peiniger mit riskanten Flugmanövern abzuschütteln, streifte haarscharf über die Baumkronen und suchte schließlich Schutz zwischen den mächtigen Eichen.
    Das war es, was der Drache beabsichtigt hatte. Mogda erkannte die kleinen, dunklen Gestalten, die versuchten, den orientierungslosen Lindwurm zu verjagen. Sie schwangen ihre Bögen, rannten auf ihn zu, und einige sandten ihm Pfeile entgegen. Es half nichts, der Lindwurm ging zu Boden und verriet dem Drachen den Standort von gut zwei Dutzend Bogenschützen. In einem lang gestreckten Bogen flog er heran. Fünfzig Schritt vor der feindlichen Stellung stieß er seinen tödlichen Odem aus. Der ätzende Hauch brannte sich durch alles Irdische, Bäume knickten auf halber Höhe ab und verschmorten. Steine schmolzen wie Schnee in der Sonne, und Haut, Fleisch und Knochen lösten sich voneinander und bildeten zusammen wieder eine stinkende, qualmende Masse.
    Mogda hörte die qualvollen Schreie der dunklen Elfen selbst dann noch, als der Drache am Rande des Waldes einen weiteren Bogen flog, um nach weiteren Feinden Ausschau zu halten. Sie kreuzten das Gebiet mehrfach dicht über den Baumkronen,

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