Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
Vom Netzwerk:
aus ihrem Entsetzen. Sie fühlte den unendlichen Schmerz, der die kleine Buschmannfrau wie eine Welle überrollte und mit sich riss. In einem Moment, der wie eingefroren schien, nahm sie wahr, wie Greenwood immer weiter mit seinen Stiefeln auf den leblosen Körper eintrat und ihn schändete. Nicht einmal Lucies schrille Rufe schienen die grenzenlose Wut dieses Mannes hemmen zu können. Jella dachte nicht nach. Sie sah nur den wehrlosen Körper, den der Verbrecher nicht einmal im Tod achtete. Mit einem verzweifelten Aufschrei stürzte sie sich auf Greenwood. Johannes versuchte noch, sie zurückzuhalten, doch sein Griff ging ins Leere. Lucie reagierte sofort. Noch bevor Jella Greenwood erreichen konnte, riss sie ihren Revolver herum und drückte ab.
    Jella stürzte im Lauf zu Boden. Ungeachtet der Waffe wollte sich Johannes auf Lucie werfen, doch in diesem Augenblick zerrissen Schüsse die Luft. Donnernde Pferdehufe bewegten sich auf sie zu. Wilder Tumult entstand. Greenwood war endlich aus seiner Raserei erwacht und versuchte verwirrt, die neue Lage einzuschätzen. Eine Handvoll Schutztruppensoldaten bewegte sich direkt auf sie zu und versuchte sie zu umzingeln. Greenwood brauchte nicht lange, um seine Fassung zurückzugewinnen, und eröffnete nun ebenfalls das Feuer. Er rief Lucie etwas zu und rannte gemeinsam mit ihr in Richtung der Stallungen. Leutnant Bausch gab seinen Leuten den Befehl, sie zu verfolgen. Doch die Greenwoods waren im Vorteil. Sie fanden im Schutz des Scheunentors Deckung. Victor gelang es, zwei der Soldaten zu verwunden und damit außer Gefecht zu setzen. Leutnant Bausch schrie einen Befehl. Die restlichen drei Soldaten suchten nun ebenfalls Deckung. Das verschaffte den Greenwoods Zeit. Bis sich die Schutztruppensoldaten
wieder in Schussposition befanden, flüchteten die beiden durch den Hinterausgang zu ihren Pferden, die dort noch angebunden waren. Ihre Flucht wurde erst entdeckt, als sich eine weiße Staubwolke von Owitambe entfernte. Leutnant Bausch gab den Befehl, die Fliehenden zu verfolgen.
     
    Unterdessen war Fritz bei Jella angelangt. Halb wahnsinnig vor Sorge riss er sein Pferd am Zügel und sprang herab. Ein ihm unbekannter Mann und eine Buschmannfrau kümmerten sich um die leblose Gestalt. Sein Herz zersprang vor Angst. Mit zitternden Knien sank er neben ihr zu Boden.
    »Ist sie...?«
    Er wagte das letzte Wort nicht auszusprechen.
    Doch der Fremde schüttelte den Kopf, ohne ihn anzusehen. Seine hageren Hände streichelten besorgt die blassen Wangen der Verletzten. Sie hatte die Augen geschlossen. Doch ihr Brustkorb hob und senkte sich ganz leicht. Voller Panik nahm Fritz wahr, dass sie am Oberkörper heftig blutete. Die junge Buschmannfrau versuchte verzweifelt, die Blutung zu stillen. Der Fremde half ihr, einen notdürftigen Verband anzulegen. Erst dann sah sie zu Fritz auf.
    »Sie ist stark«, beruhigte sie ihn auf Joansi. »Sie wird es schaffen.«
    Fritz hoffte es inständig. Seine gesunde Hand umkrallte seinen Armstumpf wie zu einem Gebet. Er kam sich so schrecklich überflüssig vor. Warum waren sie nicht früher gekommen? Dann schlug Jella kurz die Augen auf. Ihr Blick war unstet und glasig, als sie ihn erblickte. Fritz lächelte und bebte vor Freude.
    »Vater«, hauchte sie, bevor sie wieder das Bewusstsein verlor. Fritz fühlte sich tief getroffen. Sie hatte ihn nicht einmal erkannt! Dennoch entkrampfte er sich ein wenig und fand nun auch Muße, den Unbekannten, der sich so aufopfernd um Jella kümmerte, genauer zu mustern. Ihm fiel sofort die große Ähnlichkeit zwischen den beiden auf. Die hagere Gestalt, die kupferroten Haare...

    War das möglich? Jellas Vater lebte! Im selben Augenblick, als ihm das bewusst wurde, fühlte er sich schrecklich fehl am Platz. Jella hatte ihn angesehen, aber nur ihren Vater im Sinn gehabt. Er hatte sie verloren. Nüchtern, wie es seine Art war, machte er eine Bestandsaufnahme. Jella lebte. Das war die Hauptsache. Ihr Vater würde sicher alles unternehmen, damit sie wieder ganz gesund wurde. Die Hoffnungen, die er sich auf sie gemacht hatte, waren wie Seifenblasen zerplatzt. Jella hatte ihn nicht einmal erkannt. Das konnte nur eines bedeuten. Sie hatte ihn aus ihrem Herzen verbannt. Die bittere Erkenntnis schnürte ihm den Hals zu. Schweigend wandte er sich ab und ging zu seinem Pferd.
    »Warten Sie...«
    Jellas Vater hielt ihn zurück. »Ich möchte mich bei Ihnen bedanken!«, meinte er. Ein freundliches Lächeln huschte über die hageren

Weitere Kostenlose Bücher