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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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von ihm in der
Fliegerausrüstung oder mit meiner Mutter. Es ist nur… da war ich schon geboren. Verstehst du?« Er durchforschte ihr kleines, rundes Gesicht und sah, wie sie langsam die Augen schloß, als sie es begriff. Sie atmete mit einem leisen Seufzer aus, in dem sich Angst und Staunen vermischten.
    »Dann bist du also nicht nur deinem Pa begegnet, oder?« fragte sie leise.
    Er schüttelte wortlos den Kopf. Kein Bild, kein Geräusch, Geruch, Gefühl. Kein Bild der Welt konnte beschreiben, wie es gewesen war, sich selbst zu begegnen.
    »Ich muß los«, wiederholte er leise. Er drückte ihre Hand. »Fiona, ich kann gar nicht sagen, wie dankbar ich dir bin.«
    Sie starrte ihn einen Moment lang an, die weiche Unterlippe vorgeschoben, und ihre Augen glitzerten. Dann zog sie ihre Hand zurück, schraubte sich ihren Verlobungsring vom Finger und legte ihn in seine Hand.
    »Es ist ein kleiner Stein, aber ein echter Diamant«, sagte sie. »Vielleicht hilft er dir.«
    »Das kann ich nicht annehmen!« Er streckte die Hand aus, um ihn zurückzugeben, doch sie trat einen Schritt zurück und verschränkte die Hände hinter ihrem Rücken.
    »Keine Sorge, er ist versichert«, sagte sie. »Ernie geht gern auf Nummer Sicher.« Sie versuchte, ihn anzulächeln, obwohl ihr jetzt die Tränen über das Gesicht liefen. »Und ich auch.«
    Es gab nichts mehr zu sagen. Er steckte den Ring in die Seitentasche seines Rockes und warf einen Blick auf den großen, gespaltenen Stein, dessen schwarze Flanken zu glitzern begannen, als sich das Licht der Dämmerung in den Flecken aus Katzengold und den Quarzfäden fing. Er konnte das Summen immer noch hören, obwohl es sich jetzt eher so anfühlte wie das Pulsieren seines Blutes; etwas in seinem Inneren.
    Keine Worte, und kein Bedarf danach. Er berührte zum Abschied sacht ihr Gesicht und schritt leicht stolpernd auf den Stein zu. Er trat in die Spalte.
    Fiona hörte nichts, doch das Echo eines Namens schimmerte in der stillen, klaren Luft des Mittsommertages.
    Sie wartete lange, bis die Sonne auf der Spitze des Steines ruhte.
    »Slan leat, a charaid chòir«, sagte sie leise. »Viel Glück, lieber Freund.« Sie ging langsam den Hügel hinunter und blickte nicht zurück.

34
    Lallybroch
    Schottland, Juni 1769
    Der Name des Rotfuchses war Brutus, doch glücklicherweise schien er bisher nicht auf den Charakter des Pferdes hinzuweisen. Es war zu gesetzt, um ein Verschwörer zu sein, stark und zuverlässig - oder wenn nicht zuverlässig, so doch zumindest in sein Schicksal ergeben. Es hatte sie ohne einen Fehltritt durch die sommergrünen Täler und felsigen Schluchten getragen, sie höher und höher hinaufgebracht, auf den guten Straßen, die der englische General Wade fünfzig Jahre zuvor gebaut hatte, und den schlechten Straßen jenseits der Reichweite des Generals. Sie waren durch überwachsene Bachläufe geplanscht und in Höhen gelangt, wo die Straßen zu Rotwildwechseln im Moor dahinschwanden.
    Brianna legte die Zügel auf Brutus’ Hals, um ihn nach der letzten Steigung ausruhen zu lassen, und saß still da, während sie das kleine Tal zu ihren Füßen überblickte. Das große, weißgetünchte Bauernhaus stand friedlich inmitten blaßgrüner Hafer- und Gerstenfelder, seine Fenster und Schornsteine waren in grauen Stein gefaßt, der ummauerte Gemüsegarten und die zahlreichen Nebengebäude scharten sich um das Haus wie Küken um eine große, weiße Henne.
    Sie hatte es noch nie gesehen, doch sie hatte keinen Zweifel. Sie hatte oft genug gehört, wie ihre Mutter Lallybroch beschrieb. Und außerdem war es meilenweit das einzige größere Haus; in den letzten drei Tagen hatte sie nur winzige, steinerne Bauernkaten gesehen, viele verlassen und zusammengefallen, manche nur noch feuergeschwärzte Ruinen.
    Aus einem Schornstein unten stieg Rauch auf; es war jemand zu Hause. Es war fast Mittag; vielleicht waren alle drinnen und aßen?
    Sie schluckte; ihr Mund war trocken vor Aufregung und Erwartungsfreude. Wen würde sie zuerst sehen? Ian? Jenny? Und wie würden sie ihr Erscheinen und ihre Erklärungen aufnehmen?
    Sie hatte sich entschlossen, einfach die Wahrheit zu sagen, zumindest
darüber, wer sie war und was sie hier suchte. Ihre Mutter hatte ihr gesagt, wie sehr sie ihrem Vater ähnelte; sie würde auf diese Ähnlichkeit zählen müssen, um sie zu überzeugen. Bei den Highlandern, denen sie bis jetzt begegnet war, hatten ihr Aussehen und ihre fremdartige Aussprache Argwohn erregt; vielleicht

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