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Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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Couch, rührt sich nicht und begegnet auch nicht ihrem suchenden Blick.
    »Kommt ihr mit?«
    Reidar schüttelt den Kopf.
    »Okay«, flüstert Marie und geht zur Tür.
    Ihr Kleid schimmert, als sie den Raum verlässt. Reidar starrt durch die Türöffnung hinaus. Die Dunkelheit sieht aus wie schmutziger Samt.
    Veronica steht auf, nimmt ihr Weinglas vom Tisch und trinkt. An ihrem Kleid haben sich unter den Armen Schweißflecken gebildet.
    »Du bist ein Schwein«, sagt sie.
    »Ich versuche nur, mein Leben in vollen Zügen zu genießen«, entgegnet er leise.
    Er greift nach ihrer Hand, legt sie an seine Wange, hält sie dort fest und sieht in ihre traurigen Augen.

11
    Das Feuer im Kamin ist erloschen und der Salon eiskalt, als Reidar auf der Couch erwacht. Seine Augen brennen, und er denkt an die Geschichten seiner Frau über den Sandmann, der den Kindern Sand in die Augen streut, so dass sie sanft entschlummern und die ganze Nacht durchschlafen.
    »Verdammt«, flüstert Reidar und setzt sich auf.
    Er ist nackt und hat Wein aufs Leder verschüttet. In der Ferne hört man das Donnern eines Flugzeugs. Durch die staubigen Fenster fällt morgendliches Licht herein.
    Reidar steht auf und sieht, dass Veronica zusammengekauert auf dem Boden vor dem Kamin liegt. Sie hat die Tischdecke um sich geschlungen. Im Wald hört man irgendwo die bellenden Laute eines flüchtenden Rehs. Das Fest im Erdgeschoss geht weiter, aber es ist nicht mehr ganz so laut wie noch vor Stunden. Reidar greift nach der halbvollen Weinflasche und verlässt torkelnd den Raum. Als er die knarrende Eichentreppe zu seinem Schlafzimmer hochsteigt, pochen seine Schläfen. Er bleibt auf dem Treppenabsatz stehen, seufzt und kehrt wieder um. Behutsam trägt er Veronica auf die Couch, deckt sie zu, hebt ihre Lesebrille vom Fußboden auf und legt sie auf den Tisch.
    Reidar Frost ist zweiundsechzig Jahre alt und der Autor von drei Weltbestsellern, der so genannten Sanctum-Reihe.
    Acht Jahre zuvor verließ er sein Haus in Tyresö, nachdem er das Gut Råcksta in der Nähe von Norrtälje erworben hatte. Zweihundert Hektar Wald, Felder, Ställe und eine sehr schöne Pferdekoppel, auf der er gelegentlich seine fünf Pferde trainiert. Vor dreizehn Jahren wurde Reidar Frost auf eine Art einsam, wie man sie seinem schlimmsten Feind nicht wünscht. Sein Sohn und seine Tochter verschwanden eines Abends spurlos, als sie sich aus dem Haus geschlichen hatten, um sich heimlich mit einem Freund zu treffen. Die Fahrräder von Mikael und Felicia wurden auf einem Fußweg in der Nähe von Badholmen gefunden. Außer einem Kommissar mit finnischem Akzent gingen damals alle davon aus, dass die Kinder zu nahe am Wasser gespielt hatten und in der Bucht Erstaviken ertrunken waren.
    Die Polizei stellte die Suche schließlich ein, obwohl die Leichen der beiden nie gefunden wurden. Reidars Ehefrau Roseanna ertrug ihn und ihre eigene Trauer nicht. Sie zog vorübergehend zu ihrer Schwester, verlangte die Scheidung und reiste mit ihrem Anteil aus dem gemeinsamen Vermögen ins Ausland. Nur zwei Monate nach ihrer Trennung wurde sie in einem Pariser Hotel in der Badewanne gefunden. Sie hatte Selbstmord begangen. Auf dem Fußboden lag eine Zeichnung, die Felicia als Muttertagsgeschenk für sie gemacht hatte.
    Die Kinder wurden für tot erklärt. Ihre Namen stehen auf dem Stein eines Grabs, das Reidar nur selten besucht. Als die Todeserklärung rechtskräftig wurde, lud er seine Freunde noch am selben Tag zu einem Fest ein, das er seither am Leben erhält wie ein Feuer, das man besser nicht ausgehen lässt.
    Reidar Frost ist davon überzeugt, dass er sich auf diese Weise zu Tode trinken wird, weiß gleichzeitig aber auch, dass er sich das Leben nehmen würde, wenn man ihn alleine ließe.

12
    Ein Güterzug schießt durch die nächtliche Winterlandschaft. Die Traxx-Lokomotive zieht eine fast dreihundert Meter lange Kette von Waggons.
    Im Führerstand sitzt Lokomotivführer Erik Johnsson. Seine Hand liegt auf dem Führerpult. Der Lärm aus dem Maschinenraum und von den Gleisen ist rhythmisch und monoton.
    Im Lichttunnel der beiden Scheinwerfer scheint der Schnee auf ihn zuzustürzen. Der Rest ist Dunkelheit.
    Als der Zug aus der großen Kurve um Vårsta herausfährt, beschleunigt Erik Johnsson wieder.
    Es ist so viel feiner Schnee in der Luft, dass er spätestens in Hallsberg anhalten muss, um die Bremsen zu kontrollieren.
    Weit vor ihm springen im Schneedunst zwei Rehe vom Bahndamm auf den weißen Acker

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