Der Schädelring: Thriller (German Edition)
ich nur Soyamilch. Ich vertrage keine Milchprodukte.“
„Kein Problem. Ich hole nur schnell meine Thermosflasche. Ich muss noch einige Dinge draußen überprüfen.“
Er verließ das Haus durch die offenstehende Tür. Als er wieder hereinkam, trug er keinen Werkzeuggürtel mehr. Er reichte ihr die Thermosflasche und wartete bei der Tür.
„Wussten Sie übrigens, dass Ihre Uhr nicht funktioniert?“ fragte er, als sie ihm die volle Thermosflasche brachte.
„Meine Uhr?“
„Ja, die im Schlafzimmer. Sie zeigte die ganze Zeit 4:06 Uhr an.“
Sie hatte den Stecker ausgezogen. Oder etwa nicht?
Sie lächelte, um den kalten Schauer zu verbergen, der ihr über den Rücken lief. „Danke, dass Sie mich darauf aufmerksam machen. Die Uhr hat in letzter Zeit verrückt gespielt. Ich muss mir wohl einen neuen Wecker kaufen.“
„Ja, ich habe dies bei einer Digitaluhr noch nie erlebt. Meistens blinken sie einfach oder stellen sich ganz ab.“
„In der Zeit steckengeblieben.“ Genau wie ich . Ihr Lächeln fühlte sich steif an, wie das einer Schaufensterpuppe.
„Dabei bleibt man jung“, sagte er. „Das Älterwerden ist für Leute, die zu früh aufgeben.“
„Ich werde es mir merken. Vielen Dank für die Arbeit.“
„Kein Problem. Falls Sie noch etwas brauchen, fragen Sie nach mir. Walter.“ Er lächelte wieder, als er sie an seinen Namen erinnerte. Es war kein anzügliches sondern ein freundliches Lächeln mit leicht krummen Zähnen, ein Lächeln, dem man vertrauen konnte.
Nein, das ist nicht wahr. Man kann KEINEM Lächeln trauen, denn hinter jedem Lächeln verbergen sich Zähne.
Sie sagte ihm beinahe ihren Namen, unterließ es dann jedoch. „Okay, Walter.“
„Haben Sie schon eine Kirche gefunden?“
„Wie bitte?“
„Eine Kirche. Es kann etwas schwierig sein, sich an einem neuen Ort einzuleben.“ Er betrachtete sie mit einem prüfenden Blick, als ob er ein persönliches Interesse an ihrer Seele hätte.
Sie ärgerte sich bei dem Gedanken, er könnte sie als Mittel betrachten, sich einen Vorteil im Jenseits zu verschaffen, sozusagen als Einlage auf ein himmlisches Bankkonto.
„Ich habe, was ich brauche.“ Sie schenkte ihm das höfliche Lächeln, das man einem entfernten Bekannten zeigte. Er war liebenswürdig zu ihr gewesen und wollte sich sicher nur erkenntlich zeigen. Er verdiente eine bessere Behandlung, doch ihre Gedanken entwichen bereits wieder in die dunkeln Spalten der Vergangenheit.
„Schönen Tag noch, Fräulein Stone.“ Walter winkte ihr kurz zu. Auf dem Weg zum Jeep trällerte er eine Melodie, die an ein Countrylied erinnerte. Julia schloss die Tür.
Nun war sie allein.
Nein, nicht allein, sondern zusammen mit dem Unhold.
Der Unhold war immer im Haus, egal, wo sie lebte.
2
Das Telefon blökte wie eine Herde elektronischer Schafe.
Sie besaß zwei Telefone, eines im Wohnzimmer und eines neben dem Bett. Vielleicht etwas übertrieben für ein Haus mit drei Zimmern, doch sie wollte immer eines in der Nähe haben, falls sie das Handy verlegte. Für den Notfall.
Julia war auf dem Weg ins Schlafzimmer, wo sie sich zum Plaudern auf das Bett legen konnte. Dann erinnerte sie sich an den eingefrorenen Wecker. Sie hatte keine Lust, sich damit abzugeben, angelte sich das Telefon auf dem Kaffeetisch und ließ sich auf das Sofa fallen.
„Hallo?“
„Hallo, Julia.“ Die Stimme am anderen Ende war beschwingt und strotzte vor Selbstvertrauen.
„Mitchell“, sagte sie. Sie war nicht sicher, ob sie sich über den Anruf freuen sollte oder nicht.
„Was gibt’s, Süße?“
Sie verzog das Gesicht ob der routinemäßigen, farblosen Zärtlichkeit. „Nichts.“
„Sehr gut.“ Es folgte eine Pause, in der das leise Zischen der achthundert Meilen Entfernung zu hören war.
„Was gibt’s Neues?“ fragte Julia nach einer Weile.
„Das Übliche.“
Das war eines der Probleme mit Mitchell. Für ihn war das Übliche immer etwas Neues. „Arbeitetest du an interessanten Fällen?“
„Ja, eigentlich schon. Etwas ganz Tolles. Diese Frau, sie besitzt ein Stück Land. Geerbt von ihrem Vater. Schon seit der Rekonstruktionszeit. Hässliches Grundstück, zum Teil Sumpfgebiet und zum Teil Hügelland, etwa 16 Hektaren. Ein Unternehmer machte ihr ein Angebot, damit er ein Einkaufszentrum bauen kann.“
„Gerade, was Memphis nötig hat“, hörte sie sich sagen.
Mitchell bemerkte ihren Sarkasmus nicht. „Genau. Diese Frau will das Land behalten, es womöglich in einen Biogarten
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