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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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in Liège arbeitete, hatte er sich auf einem technischen Spezialgebiet, auf dem Exaktheit absolut unerläßlich ist, den Ruf unfehlbarer Präzision erworben. Und was die Aufrichtigkeit seines Charakters betraf, so hatte es niemals auch nur den Schatten eines Zweifels gegeben. Darüber hinaus war er in jenen dreißig Jahren zum hervorragendsten Experten der Firma für alle Waffenarten und -typen geworden, die sie produziert und die von der winzigsten Damen-Automatic bis zum schwersten Maschinengewehr reichen.
    Auch in den Kriegsjahren war sein Verhalten vorbildlich gewesen. Zwar hatte er nach der Besetzung in der dann von den Deutschen geleiteten Waffenfabrik für die Rüstung der Nazis weitergearbeitet, aber eine spätere eingehende Überprüfung seiner beruflichen Laufbahn ergab zweifelsfrei, daß er im Untergrund für die Résistance gearbeitet, sich privat an der Gewährung sicheren Unterschlupfs für abgeschossene alliierte Flieger beteiligt und in der Fabrik einen Sabotagering geleitet hatte, der dafür sorgte, daß ein beträchtlicher Prozentsatz der hergestellten Waffen entweder nicht zielgenau feuerte oder beim fünfzigsten Schuß explodierte und die deutschen Schützen tötete.
    Goossens war ein so bescheidener und zurückhaltender Mann, daß seine Verteidiger alles das später mühsam aus ihm herausholen mußten, um es in der Verhandlung triumphierend zu seiner Entlastung vorzubringen. Es trug wesentlich zur Milderung seines Strafmaßes bei, und die Geschworenen waren von seinem zögernden Eingeständnis beeindruckt, daß er sich über seine Tätigkeit während des Krieges deswegen ausgeschwiegen habe, weil ihm nachträglich erwiesene Ehrungen und verliehene Orden nur in Verlegenheit gebracht hätten.
    Zu dem Zeitpunkt, als in den fünfziger Jahren ein ausländischer Kunde bei der Abwicklung eines einträglichen Waffengeschäfts um eine beträchtliche Summe Geldes geprellt worden und der Verdacht auf ihn gefallen war, hatte er die Stellung eines Abteilungsleiters bekleidet, und seine eigenen Vorgesetzten waren diejenigen gewesen, welche die von der Polizei hinsichtlich des hochgeschätzten Monsieurs Goossens geäußerten Mutmaßungen am entschiedensten zurückgewiesen hatten.Sogar vor Gericht hatte sich sein Generaldirektor für ihn eingesetzt. Aber der Vorsitzende war der Auffassung, daß der Mißbrauch einer Vertrauensstellung ein besonders strafwürdiges Vergehen sei, und verurteilte ihn zu zehn Jahren Gefängnis. In der Berufung wurde die Strafe auf fünf Jahre herabgesetzt. Wegen guter Führung war er nach dreieinhalb Jahren entlassen worden.
    Seine Frau hatte sich von ihm scheiden lassen und die Kinder mit sich genommen. Mit dem Leben, das er früher als Vorortsbewohner in einem schmucken, von Blumenbeeten umgebenen Einzelhaus in einem der reizvolleren Außenbezirke von Liège (davon gibt es nicht viele) verbracht hatte, war es vorbei. Mit seiner Karriere bei der F. N. ebenfalls. Er bezog eine kleine Wohnung in Brüssel und später, als sein blühendes Geschäft, das die Unterwelt halb Westeuropas mit illegalen Waffen versorgte, steigende Einnahmen abwarf, ein Haus außerhalb der Stadt.
    Seit den frühen sechziger Jahren war er in einschlägigen Kreisen als »L'Armurier« - »Der Büchsenmacher« - bekannt. Jeder belgische Staatsbürger kann sich in jedem Sport oder Waffengeschäft gegen Vorlage einer Identitätskarte, die seine belgische Staatsangehörigkeit ausweist, eine tödliche Waffe - sei es einen Revolver, eine Automatic oder ein Gewehr ­ besorgen. Goossens benutzte nie seine eigene Karte, da jeder Waffen und anschließende Munitionskauf vom Waffenhändler gebucht und der Name des Käufers sowie die Nummer seiner Identitätskarte eingetragen werden muß. Goossens benutzte die Identitätskarten anderer Leute, entweder gestohlene oder gefälschte.
    Er stand in engen Geschäftsbeziehungen zu einem der erfolgreichsten Taschendiebe der Stadt, der, sofern er nicht gerade auf Staatskosten im Gefängnis gastierte, mühelos jede Brieftasche aus jeder beliebigen Reise-, Einkaufs-, Hand oder Anzugtasche entwenden konnte. Goossens kaufte die Brieftaschen gegen Barzahlung direkt bei dem Dieb. Er hatte darüber hinaus einen Meisterfälscher an der Hand, der sich, nachdem er in den späten vierziger Jahren durch die Produktion großer Mengen französischer Francs in Schwierigkeiten geraten war, auf denen er versehentlich das »u« der »Banque de France« ausgelassen hatte (er war noch sehr jung gewesen

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