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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Geschäftigkeit eines Touristen. Am ersten Tag kaufte : er sich einen Stadtplan von Paris, auf dem er anhand eines mitgebrachten kleinen Notizbuchs die Plätze und Bauwerke, die er unbedingt sehen wollte, ankreuzte. Diese besuchte und besichtigte er ' sodann mit bemerkenswerter Ausdauer, wobei er der architektonischen Schönheit sein besonderes Augenmerk widmete oder J doch, wo von solcher nicht die Rede sein konnte, ihrer historischen Bedeutung ständig eingedenk war. Er verbrachte drei Tage damit, in der unmittelbaren Umgebung des Arc de Triomphe umherzustreifen oder das Bauwerk und die Dächer der die Place de l'Etoile säumenden Gebäude von der Terrasse des Café de l'Elysée aus in Augenschein zu nehmen. Wer ihm, in jenen Tagen nachspioniert hätte (was niemand tat), wäre überrascht gewesen, daß sogar die Architektur des verdienstvollen Monsieur Haussmann einen so glühenden Bewunderer gefunden haben sollte. Gewiß hätte kein noch so scharfer Beobachter auch nur ahnen können, daß der gepflegt aussehende, elegant gekleidete englische Tourist, der in seinem Kaffee rührte und stundenlang unverwandt zu den Dächern der umstehenden Gebäude hinaufstarrte, insgeheim Schußwinkel, Entfernungen von den oberen Stockwerken bis zur Ewigen Flamme, die unter dem Triumphbogen flackerte, und die Chancen, über Feuerleitern zu entkommen und unerkannt in der flanierenden Menschenmenge unterzutauchen, berechnete.
    Nach drei Tagen verließ er die Gegend des Etoile und besuchte die Gedenkstätte für die Märtyrer der französischen Résistance auf dem Montvalérien. Hier traf er mit einem Blumenstrauß ein; und ein Wärter, den diese Geste gegenüber seinen ehemaligen Resistance- Kameraden von Seiten eines Engländers rührte, veranstaltete ihm zu Ehren eine ausgedehnte Einzelführung durch die Gedenkstätte. Er dürfte kaum bemerkt haben, daß der Blick des Besuchers immer wieder von deren Portal fort und zu den hohen Gefängnismauern hinüberwanderte, die jede Möglichkeit, von den Dächern der umgebenden Gebäude aus direkte Einsicht in den Hof zu nehmen, verwehrten. Nach zwei Stunden verabschiedete er sich mit einem höflichen »Thank you« sowie einem großzügigen, aber nicht exzessiven Trinkgeld. Er suchte auch die Place des Invalides auf, die von dem an ihrem südlichen Ende gelegenen Invalidendom, der Herberge der Grabstätte Napoleons und dem Hort des Ruhms der französischen Armee, beherrscht wird. Die von der rue Fabert gebildete Westseite des weiten Platzes interessierte ihn am meisten, und einen ganzen Vormittag lang saß er vor dem Eckcafe, das sich dort befindet, wo die rue Fabert an die kleine dreieckige Place de Santiago du Chili grenzt. Vom siebten oder achten Stockwerk des hinter ihm befindlichen Gebäudes aus - dem Eckhaus Nr. 146 der die rue Fabert in einem Winkel von neunzig Grad schneidenden rue de Grenelle - mußte ein Scharfschütze seiner Schätzung nach die Vorgärten des Hôtel des Invalides, den Eingang zum inneren Hof, den größten Teil der Place des Invalides sowie zwei oder drei Straßen kontrollieren können. Ein für Nachhuten zu hinhaltendem letztem Widerstand, nicht aber ein für Attentate geeigneter Ort. Zum einen betrug die Entfernung zwischen den oberen Fenstern und dem kiesbestreuten Weg, der vom Invaliden-Palast dorthin führte, wo die Wagen am Fuß der Treppe zwischen den beiden Tanks vorfahren würden, mehr als zweihundert Meter. Zum anderen würde die Sicht von den Fenstern des Hauses Nr. 146 aus zum Teil durch die obersten Zweige der Lindenbäume, mit denen die Place de Santiago dicht bepflanzt war und von denen die Tauben ihren grauweißen Tribut der geduldigen Statue Vaubans auf die Schultern fallen ließen, beeinträchtigt sein. Schweren Herzens zahlte er seinen Vittel Menthe und ging.
    Einen Tag verbrachte er in der unmittelbaren Umgebung der Kathedrale von Notre-Dame.
    Hier, im Labyrinth der Ile de la Cité, gab es Hintertreppen, -höfe und schmale Gänge, aber die Entfernung vom Portal der Kathedrale zu den am Fuß der Treppe geparkten Wagen betrug nur wenige Meter, und die Dächer der Gebäude an der Place Parvis waren zu weit weg, die derjenigen am winzigen Square Charlemagne dagegen zu nah und von den Sicherheitskräften auch allzu leicht durch Beobachter zu kontrollieren.
    Sein letzter Besuch galt dem Platz am südlichen Ende der rue de Rennes, den er am 28. Juli in Augenschein nahm. Ehedem Place de Rennes genannt, war der Platz, als die Gaullisten die Macht im

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