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Der Schatten aus der Zeit

Der Schatten aus der Zeit

Titel: Der Schatten aus der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard P. Lovecraft
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sogar die Furcht war zu einem gespenstischen, unbeweglichen Wasserspeier geworden, der mich ohnmächtig anglotzte.

    Schließlich erreichte ich einen ebenen Grund, der mit herabgestürzten Blöcken, formlosen Gesteinsbrocken und mit Sand und Schutt jeder erdenklichen Art übersät war. Zu beiden Seiten -vielleicht dreißig Fuß voneinander entfernt ragten massive Wände auf, die von riesigen Kreuzgewölben gekrönt waren. Daß sie mit eingemeißelten Mustern bedeckt waren, konnte ich erkennen, aber die Art dieser Muster war nicht auszumachen.

    Was mich am meisten fesselte, war das Gewölbe hoch über mir. Der Strahl meiner Taschenlampe erreichte nicht den Scheitelpunkt, aber die unteren Teile der ungeheueren Bögen waren deutlich zu sehen. Und so vollkommen war ihre Identität mit dem, was ich in zahllosen Träumen von der alten Welt gesehen hatte, daß ich zum ersten Mal wirklich zitterte.

    Hinter mir zeugte weit oben ein schwacher heller Schimmer von der Existenz der
    monderleuchteten Außenwelt. Ein undeutliches Gefühl sagte mir, daß ich diesen Schimmer nicht aus den Augen lassen durfte, weil ich sonst den Rückweg nicht mehr finden würde.

    Ich ging jetzt auf die Wand auf der linken Seite zu, an der die Spuren der Zeichnungen am deutlichsten zu erkennen waren. Auf dem mit Gesteinsbrocken übersäten Boden kam ich fast genauso schwer vorwärts wie auf der von oben herabführenden Schräge, aber irgendwie bahnte ich mir einen Weg.

    An einer Stelle wälzte ich einige Blöcke zur Seite und scharrte den Schutt weg, um festzustellen, wie der Fußboden aussah, und ich schauderte über die unbezweifelbare, schicksalhafte Vertrautheit der großen, achteckigen Steine, deren aufgeworfene Oberfläche noch einigermaßen zusammenhielt.

    Als ich nahe genug an die Wand herangekommen war, ließ ich das Licht der Taschenlampe langsam über die verwaschenen Spuren der einstigen Ornamente gleiten. Irgendwann mußte Wasser eingedrungen sein und die Oberfläche des Sandsteins angegriffen haben; außerdem stellte ich eine sonderbare Krustenbildung fest, die ich mir nicht erklären konnte.

    An manchen Stellen war das Mauerwerk sehr gelockert und verformt, und ich fragte mich, für wie viele weitere Epochen dieses urzeitliche, verborgene Gebäude die restlichen Spuren seiner einstigen Form inmitten der Zuckungen der Erdkruste noch würde bewahren können.

    Aber es waren die Zeichnungen selbst, die mich am meisten faszinierten.

    Trotz ihres schlechten Zustands waren sie aus der Nähe noch verhältnismäßig gut zu erkennen; und die vollständige, innige Vertrautheit mit jeder Einzelheit betäubte mich beinahe. Daß mir diese uralten Bilder in groben Zügen vertraut waren, überstieg nicht die menschliche Vorstellungskraft. Sie hatten wohl die Urheber gewisser Mythen stets tief beeindruckt und waren so in einen Strom kryptischer Sagen eingebettet worden, der wiederum nachdem ich während meiner Amnesie mit ihm in Berührung gekommen war in meinem Unterbewußtsein lebhafte Bilder hervorgerufen hatte.

    Aber wie sollte ich mir die genaue, bis in die kleinsten Einzelheiten perfekte Übereinstimmung jeder Linie und jeder Spirale dieser seltsamen Zeichnung mit dem, was ich seit mehr als zwanzig Jahren träumte, erklären? Welch eine obskure, vergessene Ikonographie konnte jede der feinsten Schattierungen und Nuancen reproduziert haben, die mich so hartnäckig, genau und unwandelbar Nacht für Nacht in meinen Traumgesichten verfolgten? Denn hier konnte von einer entfernten Ähnlichkeit nicht die Rede sein.

    Endgültig und absolut war der jahrtausendealte, seit Äonen verborgene Korridor, in dem ich stand, derselbe Raum, den ich im Schlaf genauso gut kannte wie mein eigenes Haus in der Crane Street in Arkham. Zwar zeigten meine Träume den Raum in seinem ursprünglichen, unzerstörten Zustand; aber die Übereinstimmung war deshalb nicht weniger frappierend. So erschreckend es war ich hatte all das schon vorher gesehen.

    Das Gebäude, in dem ich mich befand, war mir bekannt. Bekannt war mir auch seine Lage in jener schrecklichen alten Traumstadt. Daß ich unfehlbar jede Stelle in diesem Bauwerk und dieser Stadt, die den Veränderungen und Verheerungen ungezählter Epochen entgangen war, finden würde, kam mir mit grauenhafter, instinktiver Gewißheit zum Bewußtsein. Was um Himmels willen konnte all das bedeuten? Woher hatte ich all das erfahren, was ich wußte? Und welche furchtbare Realität lag hinter jenen uralten Geschichten über

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