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Der Schatten aus der Zeit

Der Schatten aus der Zeit

Titel: Der Schatten aus der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard P. Lovecraft
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heutigen Eingeborenen und Bergarbeiter im Zusammenhang mit der Wüste und den behauenen Steinen denken.

    Und doch stolperte ich weiter, als sei ich unterwegs zu einem gespenstischen Rendezvous während mich verwirrende Illusionen, Zwangsvorstellungen und Schein-Erinnerungen immer heftiger attackierten. Ich dachte an einige der schwachen Konturen, die mein Sohn aus der Luft gesehen zu haben glaubte, und fragte mich, warum sie mir so unheilvoll und vertraut zugleich vorkamen. Irgend etwas rüttelte und kratzte am Schloß meines Gedächtnisses, während eine andere unbekannte Macht versuchte, das Tor verschlossen zu halten.

    Die Nacht war windstill, und der bleiche Sand hob und senkte sich wie gefrorene Wellen des Meeres. Ich hatte kein Ziel, aber ich bahnte mir irgendwie meinen Weg, als sei er vom Schicksal vorgezeichnet. Meine Träume stiegen in die Welt der Wachenden herauf, so daß jeder sandbedeckte Megalith ein Teil endloser Räume und Gänge vormenschlicher Bauwerke zu sein schien, bedeckt mit Symbolen und Hieroglyphen, die ich nur zu gut aus jahrelangem Umgang mit ihnen als gefangener Geist der Großen Rasse kannte.

    Manchmal bildete ich mir ein, ich sähe jene allwissenden, kegelförmigen Ungeheuer, wie sie sich bewegten und ihren gewohnten Beschäftigungen nachgingen, und ich vermied es, an mir hinabzuschauen, aus Angst, ich könnte entdecken, daß ich ihnen gleichsah. Doch die ganze Zeit sah ich die sandbedeckten Blöcke ebenso wie die Räume und Korridore; den bösartigen, brennenden Mond ebenso wie die Lampen aus leuchtendem Kristall; die endlose Wüste ebenso wie die wehenden Farne vor den Fenstern. Ich war wach, und doch träumte ich.

    Ich weiß nicht, wie lange oder wie weit oder auch nur in welcher Richtung ich gegangen war, als ich den Haufen von Blökken sah, den tagsüber der Wind freigeblasen hatte. Es war die größte Gruppe an einer Stelle, die ich bisher gesehen hatte, und sie beeindruckte mich derart, daß die Visionen aus sagenhafter Urzeit plötzlich verschwanden.

    Ich war wieder allein mit der Wüste, dem bösartigen Mond und den Scherben einer ungeahnten Vergangenheit. Ich ging näher hin, blieb stehen und erhellte den wirren Haufen mit dem zusätzlichen Licht meiner Taschenlampe. Eine Düne war weggeblasen worden und hatte einen niedrigen, unregelmäßig runden Haufen von Megalithen und kleineren Fragmenten freigegeben, der ungefähr vierzig Fuß im Durchmesser und zwei bis acht Fuß hoch war.

    Von Anfang an spürte ich, daß es mit diesen Steinen eine ganz besondere Bewandtnis hatte. Nicht nur ihre Anzahl war absolut einmalig, auch irgend etwas in den vom Treibsand abgeschliffenen Resten früherer Zeichnungen zog mich in seinen Bann, als ich sie im Licht des Mondes und meiner Taschenlampe betrachtete.

    Zwar unterschieden sich diese Spuren nicht wesentlich von denen, die wir bisher gefunden hatten. Die Besonderheit hatte tiefere Gründe. Ich hatte diesen Eindruck nicht, wenn ich nur einen einzelnen Block ansah, sondern nur, wenn ich meine Augen über mehrere gleichzeitig gleiten ließ.

    Dann endlich kam mir die Erleuchtung. Die krummlinigen Muster auf Vielen dieser Blöcke hingen eng zusammen sie waren Teile eines riesigen dekorativen Entwurfs. Zum ersten Mal war ich in dieser die Zeiten erschütternden Wüste auf ein Stück Mauerwerk gestoßen, das in seiner ursprünglichen Form erhalten war zerborsten zwar und bruchstückhaft, aber trotzdem in einem sehr eindeutigen Sinn existent.

    An einer niedrigen Stelle stieg ich hinauf und kletterte mühsam über den Haufen; hier und dort wischte ich mit den Händen den Sand weg, und ständig versuchte ich, Abweichungen in der Größe, der Form und dem Stil sowie Gemeinsamkeiten in den Zeichnungen zu interpretieren.

    Nach einer Weile hatte ich eine vage Vorstellung von der Art des einstigen Gebäudes und der Ornamente, die einmal die riesigen Flächen dieses urzeitlichen Mauerwerks bedeckt hatten. Die völlige Übereinstimmung mit einigen meiner Traumgesichte erschreckte und entnervte mich. Dies war einmal ein zyklopischer Korridor gewesen, dreißig Fuß breit und dreißig Fuß hoch, mit einem Fußboden aus achteckigen Steinblöcken und einem massiven Gewölbe als Decke. Auf der rechten Seite hatte sich der Korridor in Räume geöffnet, und am anderen Ende hatte sich eine der sonderbaren Rampen noch tiefer hinabgewunden.

    Ich erschrak heftig, als mir diese Vorstellungen kamen, denn sie enthielten mehr, als ich aus den übriggebliebenen

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