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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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wenn sich sein Fell gut an ihrer Wand machen würde. Sie will die Sonne selbst haben.« Er runzelte die Stirn. »Die Sonne? Einen Bären? Wovon sprichst du?« »Geh nur allein weiter. Ich denke, ich werde jetzt doch ins Bett gehen.« »Wenn du willst«, sagte er bedächtig. »Aber ich dachte, du wolltest genau wie ich herausfinden, was eigentlich geschehen ist.« »Ach, jetzt nicht mehr. Ich will nicht so tun, als freue ich mich darauf, den... Rand... zu treffen, nachdem ich es bisher vermeiden konnte. Und jetzt habe ich schon gar keine Lust mehr. Zweifellos werdet ihr beide euch ohne mich prächtig unterhalten. Besonders, wenn auch noch Wein da sein sollte.« »Du redest ziemlichen Unsinn«, knurrte er und fuhr sich mit der Hand durch das Haar. »Wenn du ins Bett gehen willst, na fein, aber ich wünschte, du würdest dich auf eine Art ausdrücken, die ich verstehen kann.« Einen langen Augenblick betrachtete sie sein Gesicht, und dann biß sie sich plötzlich auf die Unterlippe, wohl, um ein Lachen zu unterdrücken. »O Perrin, manchmal glaube ich, das Beste an dir ist deine Unschuld.« Ihre Stimme war von unterdrücktem Lachen durchsetzt. »Geh nur weiter zu... deinem Freund und erzähle mir am Morgen davon. Jedenfalls soviel du willst.« Sie zog seinen Kopf herab und küßte ihn flüchtig auf die Lippen, und dann lief sie genauso schnell und leichtfüßig davon.
    Er schüttelte den Kopf und blickte ihr hinterher, bis sie die Wendeltreppe hinunterging. Von Torean war nichts zu sehen. Manchmal war es ihm, als spreche sie eine andere Sprache. Er ging weiter auf die Lichter zu.
    Der Vorraum war rund und bestimmt fünfzig Schritt breit. Hundert vergoldete Lampen hingen an goldenen Ketten von der hohen Decke. Glänzende Sandsteinsäulen bildeten einen inneren Ring, und der Fußboden schien aus einer einzigen riesigen schwarzen Marmorplatte zu bestehen, die mit goldenen Schlieren durchsetzt war. Es war der Vorraum zu den Gemächern des Königs gewesen in jener Zeit, als Tear noch von Königen regiert wurde, bevor Artur Falkenflügel alle Länder vom Rückgrat der Welt bis zum Aryth-Meer unter seine Herrschaft brachte. Als Falkenflügels Reich zusammenbrach, hatte es in Tear keine Könige mehr gegeben, und tausend Jahre lang waren die einzigen Bewohner dieser Räume Mäuse gewesen, die ihre Spuren im Staub hinterließen. Kein Hochlord hatte je soviel Macht besessen, daß er es wagen konnte, diese Gemächer zu beziehen.
    Ein Ring von fünfzig Verteidigern stand steif in der Mitte des Saales. Die Brustpanzer und Helme schimmerten im Lampenschein, und ihre nach außen gerichteten Speere standen alle im genau gleichen Winkel ab. So, wie sie gleichzeitig in alle Richtungen blickten, hatten sie die Aufgabe, alle Eindringlinge vom augenblicklichen Herrn des Steins fernzuhalten. Ihr Kommandant, ein Hauptmann, den man an zwei kurzen, weißen Federn auf dem Helm erkannte, stand fast genauso steif da wie seine Soldaten. Eine Hand auf dem Schwertgriff und die andere auf die Hüfte gestützt, so hatte er sich in Positur geworfen, damit auch dem letzten die Bedeutung seiner Pflichten klar wurde. Aber alle rochen nach Furcht und Unsicherheit, wie Menschen, die unter einer überhängenden Felswand wohnen und sich beinahe selbst davon überzeugt hatten, daß sie niemals herabstürzen werde. Oder jedenfalls nicht heute nacht. Nicht während der nächsten Stunde.
    Perrin schritt an ihnen vorbei. Seine Stiefeltritte warfen Echos. Der Offizier wollte schon auf ihn zugehen, zögerte aber dann, als Perrin keineswegs stehenblieb, um sich überprüfen zu lassen. Natürlich wußte er, wer Perrin war, wenn auch nicht mehr als jeder andere in Tear: Ein Reisegefährte der Aes Sedai und Freund des Lord Drachen; kein Mann, mit dem sich ein einfacher Offizier der Verteidiger des Steins anlegen sollte. Sicher hatte er die Aufgabe, über die Ruhe des Lord Drachen zu wachen, aber auch wenn er es nicht einmal insgeheim zugeben würde, war das, was er da in seiner glänzenden Rüstung darstellte, nichts als reines Theater. Die wirklichen Wächter traf Perrin erst, als er zwischen den Säulen hindurchgeschritten war und sich der Tür zu Rands Gemächern näherte. Sie hatten so bewegungslos hinter den Säulen gesessen, daß sie mit dem Stein zu verschmelzen schienen, obwohl sich nun, da sie sich bewegten, ihre Hosen und Mäntel deutlich abhoben. Sie waren in Grau- und Brauntönen gehalten, damit man sie in der Wüste nicht sehen konnte. Sechs Töchter des

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