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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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zurück. Perrin zog die Tür zu und schnitt damit einen fragenden Ruf des Offiziers mit den Federn am Helm ab.
    Glas knirschte unter seinen Sohlen, als er zu Rand hinüberging. Er riß einen Streifen von einem sowieso wüst zerschnittenen Leinenbettuch ab und preßte ihn auf die Wunde an Rands Seite. Rands Hände verkrampften sich einen Moment lang vor Schmerz um das durchsichtige Schwert, doch dann entspannten sie sich. Sofort drang Blut durch den Stoff. Rand war von Kopf bis Fuß mit Schnitten und Rissen übersät, und in vielen davon glitzerten Glasscherben. Perrin zuckte hilflos die Achseln. Er wußte nicht, was er dagegen tun sollte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als auf Moiraine zu warten.
    »Was beim Licht hast du denn machen wollen, Rand? Du siehst aus, als wolltest du dir selber die Haut abziehen. Und du hättest mich auch noch fast umgebracht.« Er glaubte einen Augenblick lang, Rand würde nicht antworten.
    »Ich nicht«, sagte er aber doch schließlich im Flüsterton. »Einer der Verlorenen.« Perrin bemühte sich, Muskeln zu entspannen, von denen er sich gar nicht bewußt war, sie verkrampft zu haben. Er hatte nur teilweise Erfolg damit. Wohl hatte er Faile gegenüber die Verlorenen erwähnt, und das durchaus im Ernst, aber im großen und ganzen hatte er sich doch bemüht, nicht daran zu denken, was die Verlorenen unternehmen könnten, wenn sie wüßten, wo Rand sich aufhielt. Wenn einer von ihnen den Wiedergeborenen Drachen zur Strecke brächte, würde er weit über den anderen stehen, sobald einmal der Dunkle König endgültig frei war. Der Dunkle König in Freiheit und die Letzte Schlacht verloren, bevor sie überhaupt ausgetragen werden konnte.
    »Bist du sicher?« fragte er genauso leise.
    »Es muß so sein, Perrin. Es kann nicht anders sein.« »Wenn einer von ihnen genauso mich angriff wie dich...? Wo steckt Mat, Rand? Wenn er am Leben ist und das erlebte, was ich durchgemacht habe, dann wird er auch dasselbe glauben wie ich. Daß du schuld warst. Er wäre jetzt bestimmt schon hier, um mit dir zu reden.« »Oder auf einem Pferd auf halbem Weg zum Stadttor.« Rand mühte sich, aufrechter dazusitzen. Trocknende Blutschmierer sprangen auf, und über Brust und Schultern zeigten sich neue Rinnsale. »Wenn er tot ist, Perrin, solltest du dich künftig so weit wie möglich von mir fernhalten. Ich glaube, Loial und du, ihr habt recht damit.« Er schwieg und betrachtete Perrin. »Du und Mat, ihr müßt euch doch wünschen, ich sei niemals geboren worden. Oder zumindest, daß ihr mich nie kennengelernt hättet.« Es hatte keinen Zweck, jetzt hinzugehen und nachzusehen; wenn Mat etwas passiert war, dann war es jetzt längst vorüber und ausgestanden. Und er hatte das Gefühl, seine improvisierte Bandage, die er gegen die Wunde an Rands Seite preßte, würde ihn gerade lange genug am Leben halten, bis Moiraine kam. Ohne die... »Dir scheint es ja gleich zu sein, ob er wirklich weg ist. Seng mich, er hat doch schließlich auch Bedeutung. Was wirst du machen, wenn er weg ist? Oder tot, das Licht möge es verhüten?« »Was sie am wenigsten erwarten.« Rands Augen wirkten wie ein vom Morgennebel überzogener Sonnenaufgang -blaugrau, durch das ein fieberhaftes Glühen drang. Seine Stimme klang hart. »So muß ich es auf jeden Fall halten. Was jeder am wenigsten von mir erwartet.« Perrin atmete langsam durch. Rand hatte ein Recht darauf, zu zeigen, daß seine Nerven bis zum Zerreißen gespannt waren. Das war kein Anzeichen für den herannahenden Wahnsinn. Er mußte endlich aufhören, immer nach solchen Anzeichen zu suchen. Die würden sich schon früh genug zeigen, und jetzt ständig darauf zu warten, brachte ihm höchstens Magenkrämpfe ein. »Was soll das heißen?« fragte er leise.
    Rand schloß die Augen. »Ich weiß nur, daß ich sie überraschen muß. Jeden überraschen muß«, murmelte er trotzig.
    Die Türe öffnete sich, und ein hochgewachsener Aiel trat ein. Sein dunkelrotes Haar war mit Grau durchsetzt. Hinter ihm hüpften die Federn des tairenischen Offiziers auf und ab, als er sich mit den Töchtern des Speers herumstritt. Er fuchtelte immer noch wild herum, als Bain die Tür wieder zuschob.
    Rhuarc blickte sich mit scharfen, blauen Augen im Raum um, als vermute er hinter einem Vorhang oder einem umgestürzten Stuhl versteckte Feinde. Der Clanhäuptling der Taardad Aiel war unbewaffnet bis auf das Messer mit der schweren Klinge am Gürtel, aber seine Autorität und sein ruhiges Selbstvertrauen

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