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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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waren wie zusätzliche Waffen. Und seine Schufa hing um seinen Hals, doch niemand, der auch nur ein wenig über die Aiel Bescheid wußte, hielt einen für weniger gefährlich, weil er das Gesicht nicht verschleiert hatte.
    »Dieser tairenische Narr dort draußen hat seinem Kommandanten mitteilen lassen, daß hier drinnen etwas passiert sei«, sagte Rhuarc, »und nun verbreiten sich bereits Gerüchte wie Flechten in einer Höhle. Das geht von der Weißen Burg, die dich angeblich umbringen lassen wollte, bis hin zur Letzten Schlacht, die in diesem Raum ausgetragen wurde.« Perrin öffnete den Mund, doch Rhuarc hob warnend die Hand. »Ich habe zufällig Berelain getroffen. Sie sah aus, als habe man ihr den Tag genannt, an dem sie sterben werde. Sie hat mir die Wahrheit gesagt. Ich hatte meine Zweifel, aber nun sieht es wirklich so aus, daß sie recht hatte.« »Ich habe nach Moiraine geschickt«, sagte Perrin. Rhuarc nickte. Natürlich - die Töchter des Speers hatten ihm alles erzählt, was sie selbst wußten.
    Rand lachte auf und zuckte gleichzeitig vor Schmerzen zusammen. »Ich hatte ihr gesagt, sie solle den Mund halten. Es scheint aber, daß der Lord Drache in Mayene nicht herrscht.« Die Heiterkeit in seiner Stimme klang reichlich gezwungen.
    »Ich habe Töchter, die älter sind als diese junge Frau«, stellte Rhuarc fest. »Ich glaube nicht, daß sie es weitersagen wird. Ich glaube sogar eher, sie wird nur zu gern alles vergessen, was heute nacht geschehen ist.« »Und ich wüßte gern, was passiert ist«, sagte Moiraine, die leise in den Raum trat. So klein und schlank sie auch war - Rhuarc überragte sie genauso wie der Mann, der ihr folgte: Lan, ihr Behüter -, so dominierte doch die Aes Sedai den ganzen Raum. Sie mußte gelaufen sein, so schnell war sie angekommen, doch nun war sie so ruhig wie ein zugefrorener See. Es mußte schon viel geschehen, um ihr die Ruhe und Gelassenheit zu nehmen. Ihre blaue Seidenrobe hatte einen hohen Spitzenkragen, und in die Ärmel waren Streifen dunkleren Samts eingenäht, aber trotzdem schienen ihr Hitze und Feuchtigkeit nichts auszumachen. Ein kleiner, blauer Edelstein, der auf ihrer Stirn an einer dünnen Goldkette hing, die sie durchs Haar gezogen hatte, glitzerte im Lampenschein und betonte noch die Glätte ihrer Stirn. Da war auch nicht der leichteste Hauch von Schweiß zu entdecken.
    Wie immer, wenn sie sich trafen, sprühten die eisigblauen Augen Rhuarcs und Lans beinahe Funken. Lans dunkles Haar wurde von einem geflochtenen Lederband gehalten. An den Schläfen war bereits einiges Grau zu sehen. Sein Gesicht schien aus Fels gehauen, so hart und kantig war es. Sein Schwert hing wie ein zusätzlicher Körperteil an der Hüfte. Perrin konnte nicht sagen, welcher der beiden Männer der tödlichere war, aber er glaubte, daß sie sich gegenseitig nicht nachstanden.
    Der Blick des Behüters wanderte zu Rand hinüber. »Ich glaubte, Ihr wärt alt genug, um Euch allein rasieren zu können.« Rhuarc lächelte ein wenig, aber immerhin war es das erste Lächeln, das Perrin in Lans Anwesenheit bei ihm bemerkt hatte. »Er ist noch jung. Er wird es lernen.« Lan erwiderte den Blick des Aielmannes und lächelte dann auf die gleiche Art zurück.
    Moiraine warf den beiden Männern einen kurzen, mißbilligenden Blick zu. Sie schien sich keinen Weg durch die Scherben suchen zu müssen, als sie über den Teppich schritt, sondern raffte einfach nur ihren Rock ein wenig hoch. Unter ihren Pantoffeln knirschte keine einzige Scherbe. Sie sah sich dabei im ganzen Raum um. Perrin war sicher, daß ihr keine Einzelheit entging. Einen Augenblick lang musterte sie auch ihn, doch er mied ihren Blick. Sie wußte einfach zu viel von ihm, als daß er sich unter ihrer Betrachtung wohl gefühlt hätte. Doch trotz dieser stillen Musterung kam sie unbeirrbar wie eine lautlose, seidene Lawine auf Rand zu, eiskalt und unerbittlich.
    Perrin ließ die Hand an der Bandage fallen und wich ihr aus. Der blutgetränkte Leinenstreifen klebte an Rands Wunde fest. Von Kopf bis Fuß begann das Blut nun zu schwarzen Streifen und Schmierern anzutrocknen. Die Glassplitter in seiner Haut glitzerten im Lampenschein. Moiraine berührte die improvisierte Bandage mit den Fingerspitzen und zog dann die Hand zurück, als habe sie sich entschlossen, lieber doch nicht drunterzublicken. Perrin fragte sich, wie die Aes Sedai Rand ansehen konnte, ohne selbst bei dem Anblick Schmerzen zu empfinden, doch ihr Gesichtsausdruck änderte sich

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