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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Unten drängten sich die ›Kameraden‹ wild durcheinander. »Was ist los da unten?« Dreißig Gesichter wandten sich nach oben und Ban al'Seen rief: »Es war Lord Luc, Lord Perrin! Er hätte beinahe Wil und Tell niedergeritten! Ich glaube, er hat sie überhaupt nicht gesehen. Er war im Sattel zusammengekrümmt, als sei er verwundet, und er gab dem Hengst mit aller Gewalt die Sporen, Lord Perrin.« Perrin zupfte an seinem Bart. Luc war vorher ganz sicher nicht verwundet gewesen. Luc... und der Schlächter? Das war doch unmöglich. Der dunkelhaarige Schlächter wirkte wie ein Bruder oder Cousin Lans. Wenn Luc mit seinem rotblonden Haar jemandem ähnlich sah, wenigstens ein bißchen, dann war das höchstens Rand. Die beiden Männer hätten nicht unterschiedlicher aussehen können. Und doch... Diese kalte Witterung. Sie rochen nicht gleich, aber beide hatten diese eisige, kaum menschliche Witterung an sich. Seine Ohren vernahmen das Geräusch, wie unten an der Alten Straße Wagen aus dem Weg gezogen wurden und jemand schrie, man solle sich beeilen. Selbst wenn Ban und die Kameraden hinterherrannten, würden sie den Mann nun nicht mehr einholen. Der Hufschlag verriet ihm, daß jemand in vollem Galopp nach Süden ritt.
    »Ban«, rief er. »Wenn Luc wieder auftauchen sollte, dann setzt ihn fest und bewacht ihn!« Er hielt kurz inne und fügte dann hinzu: »Und nennt mich nicht so.« Dann schlug er das Fenster zu.
    Luc und der Schlächter; der Schlächter und Luc. Wie konnten sie ein und derselbe sein? Es war einfach unmöglich. Aber andererseits hatte er vor nicht einmal zwei Jahren auch nicht an die Existenz von Trollocs und Blassen geglaubt. Nun, Zeit genug, sich darüber Gedanken zu machen, wenn er den Mann je wieder in die Finger bekam. Jetzt standen Wachhügel und Devenritt auf dem Programm und... Einige konnte man vielleicht retten. Nicht alle Bewohner der Zwei Flüsse mußten sterben.
    Auf dem Weg zum Schankraum blieb er auf dem oberen Treppenabsatz stehen. Aram stand von seinem Sitzplatz auf der untersten Stufe auf und beobachtete ihn. Er wartete darauf, ihm folgen zu dürfen, wohin er ihn auch führen mochte. Gaul lag ausgestreckt auf einem Deckenlager in der Nähe des Kamins. Eine dicke Bandage hüllte seinen linken Oberschenkel ein. Er schien zu schlafen. Faile und die beiden Töchter des Speers saßen mit übergeschlagenen Beinen auf dem Fußboden neben ihm und unterhielten sich leise. Auf der anderen Seite des Raums sah er ein viel größeres Lager, aber Loial, für den es bestimmt war, saß mit ausgestreckten Beinen auf einer Bank. Die Füße steckten unter einem Tisch, und er hatte sich weit nach vorn gebeugt und kritzelte bei Kerzenschein mit einer Feder in sein Notizbuch. Zweifellos schrieb er alles nieder, was auf ihrer Reise geschehen war, bevor und nachdem sie das Wegetor verschlossen hatten. Und Perrin kannte Loial gut genug, um zu wissen, daß er alle Ehre Gaul zuschreiben würde, ob es nun stimmte oder nicht. Loial schien seine eigenen Taten ganz und gar nicht für mutig zu halten und wert, festgehalten zu werden. Ansonsten war der Schankraum leer. Er hörte immer noch die Fiedeln aufspielen und glaubte auch, die Melodie zu erkennen. Kein Kesselflickerlied, das sie jetzt spielten: ›Meine Liebe ist eine wilde Rose‹.
    Faile blickte hoch, kaum daß Perrin die erste Stufe betreten hatte. Sie erhob sich graziös, um ihm entgegenzugehen. Aram setzte sich wieder, als Perrin keine Anstalten machte, zur Tür zu gehen.
    »Dein Hemd ist naß«, sagte Faile anklagend. »Du hast darin geschlafen, oder? Und in den Stiefeln. Das sollte mich nicht wundern. Es ist noch keine Stunde her, daß ich dich verließ. Du gehst jetzt sofort wieder hinauf, bevor du vor Erschöpfung umfällst!« »Hast du Luc wegreiten sehen?« fragte er. Ihr Mund verzog sich, aber manchmal blieb ihm nichts anderes übrig, als ihre Regungen zu ignorieren. Wenn er mit ihr stritt, hatte sie zu oft das letzte Wort. »Er ist vor ein paar Minuten hier vorbei und durch die Küche hinausgelaufen«, sagte sie schließlich. Ihr Tonfall allerdings sagte deutlich aus, daß sie mit ihm und dem Schlafbedürfnis noch nicht fertig sei.
    »Schien er... verletzt zu sein?« »Ja«, sagte sie bedächtig. »Er taumelte und hielt sich etwas an die Brust unter seinem Wams. Vielleicht eine Bandage. Frau Congar ist in der Küche. Den Geräuschen nach hat er sie beinahe überrannt. Woher weißt du das?« »Ich habe es geträumt.« In ihren schrägstehenden Augen

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