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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Freundinnen sein, aber ihm lag nichts an ihr. Seine Stimme wurde wieder rauher und klang mit jeder Sekunde ärgerlicher. »Wieder, ohne ein Wort zu sagen. Kein Wort! Angeblich befinden sie sich auf irgendeinem Bauernhof, um ihre Strafe für ihr Weglaufen abzuarbeiten, aber ich kann einfach nicht herausbekommen, wo! Die Amyrlin gibt mir keine einzige vernünftige Antwort.« Min zuckte zusammen. Einen Moment lang hatten Spuren getrockneten Blutes sein Gesicht zu einer Maske des Schreckens gemacht. Das war wie ein doppelter Hammerschlag für sie. Ihre Freundinnen waren weg. Es hatte ihre Aufgabe sehr erleichtert, zu wissen, daß sie hier auf sie warteten. Und nun wußte sie: Gawyn würde an dem Tag verwundet werden, an dem die Aes Sedai starben.
    Trotz alledem, was sie gesehen hatte, seit sie die Burg betreten hatte, trotz ihrer Furcht hatte nichts davon sie persönlich getroffen - bis jetzt. Eine Katastrophe, die die Burg bedrohte, würde auch das ganze Land um Tar Valon bedrohen, doch sie gehörte der Burg nicht an und würde ihr auch niemals angehören. Aber Gawyn war jemand, den sie kannte, jemand, den sie gut leiden konnte, und er würde tiefer verwundet werden, als ihr das Blut verraten hatte, tiefer als durch bloße Wunden seines Fleisches. Nun wurde ihr erst richtig klar, daß die Katastrophe, wenn sie die Burg erfaßte, nicht nur irgendwelche entfernten Aes Sedai treffen würde, Frauen, denen sie sich niemals nahe fühlen konnte, sondern genauso ihre Freunde. Sie gehörten zur Burg.
    Auf gewisse Weise war sie ja froh darüber, daß sich Egwene und die anderen nicht mehr hier befanden, froh, sie nicht ansehen und vielleicht Anzeichen des Todes an ihnen entdecken zu müssen. Und doch wollte sie ihre Freundinnen sehen und sichergehen, daß sie nichts entdeckte oder wenn schon, dann wenigstens Anzeichen für ihr Überleben. Wo, beim Licht, waren sie? Wohin waren sie gegangen? Da sie die drei gut genug kannte, hielt sie es für möglich, daß Gawyn nichts wußte, weil sie nicht gewünscht hatten, daß er Bescheid wußte. Das war es bestimmt.
    Plötzlich erinnerte sie sich daran, wo sie sich befand und warum und daß sie nicht allein war mit Gawyn. Sahra schien vergessen zu haben, daß sie Min zur Amyrlin bringen sollte. Sie schien überhaupt alles vergessen zu haben, bis auf den jungen Lord, dem sie schöne Augen machte, ohne von ihm bemerkt zu werden. Trotzdem hatte es keinen Zweck mehr, vorzutäuschen, daß sie eine Fremde in der Burg sei. Sie stand vor der Tür der Amyrlin und nichts konnte sie jetzt noch aufhalten.
    »Gawyn, ich weiß nicht, wo sie stecken, aber falls sie wirklich zur Strafe auf einem Bauernhof arbeiten, sind sie vermutlich verschwitzt und bis zu den Hüften mit Schlamm verspritzt und du wärst der letzte, von dem sie so gesehen werden möchten.« In Wirklichkeit war ihr keineswegs leichter ums Herz als Gawyn. Zuviel war geschehen und zuviel geschah noch immer, was mit ihnen oder mit ihr selbst zu tun hatte. Aber natürlich war es nicht unmöglich, daß sie zur Strafe fortgeschickt worden waren. »Du hilfst ihnen bestimmt nicht, indem du den Zorn der Amyrlin erregst.« »Ich weiß nicht, ob sie wirklich auf einem Bauernhof sind. Ob sie überhaupt noch leben. Warum dieses ganze Versteckspiel und diese Ausweichmanöver, wenn sie bloß Unkraut jäten? Wenn meiner Schwester etwas passiert... Oder Egwene... « Er blickte finster auf seine Stiefelspitzen herab. »Ich soll schließlich auf Elayne aufpassen. Wie kann ich sie beschützen, wenn ich nicht einmal weiß, wo sie ist?« Min seufzte. »Glaubst du, daß man auf sie aufpassen muß? Auf eine von ihnen?« Aber falls die Amyrlin sie irgendwohin geschickt hatte, brauchten sie möglicherweise wirklich einen Aufpasser. Die Amyrlin war durchaus fähig, eine Frau mit lediglich einer Rute bewaffnet in eine Bärenhöhle zu schicken, falls es ihren Zwecken diente. Und sie würde von der Frau auch noch erwarten, entweder mit einem Bärenfell zurückzukommen, oder den Bären an der Leine zu führen, so wie ihr aufgetragen worden war. Aber wenn sie das Gawyn sagte, würde es nur doch seinen Zorn und seine Sorgen schüren. »Gawyn, sie haben ihren Eid auf die Burg geleistet. Sie werden dir nicht dankbar sein, wenn du dich einmischst.« »Ich weiß, Elayne ist kein Kind mehr«, sagte er ungeduldig, »auch wenn sie manchmal wie eines davonläuft und dann wiederkommt und die Aes Sedai spielen will. Aber sie ist schließlich meine Schwester und außerdem noch die

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