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Der Schatten im Norden

Der Schatten im Norden

Titel: Der Schatten im Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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nach ein paar Minuten auf und
ging. Sie brachte ihn noch nach unten, während der große
schwarze Hund vor ihnen in der Dunkelheit voranging.
Unten an der Tür drehte sich Frederick noch einmal und
streckte ihr die Hand entgegen.
Sie zögerte einen Augenblick, dann schlug sie ein.
»Wir teilen, was jeder in der Sache herausgefunden
hat«, sagte sie.
»Aber mehr nicht. »Ach übrigens... «
»Ja?«
»Ich habe Jim heute Morgen getroffen. Du schuldest
ihm noch eine halbe Guinee. «
LADY MARY
    Frederick lachte.
»Nun, was siehst du?«, fragte Webster von seinem Platz
auf der Bank. Es war der Morgen nach der Séance.
    Frederick hatte einem jubelnden Jim eine halbe Guinee
gegeben und war nun dabei, die Fotografie der Nellie
Budd zu entwickeln.
    »Sie hat vier Hände«, rief Frederick. »Das Licht ist
wirklich gut. « »Darauf kannst du dich nicht verlassen«,
versetzte sein Onkel. »Bleib bei Magnesium, das rate ich
dir. « Dann ging er zu Frederick und schaute sich den
Abzug näher an, den dieser in der Hand hielt.
»Tatsächlich, die Frau versteht die Fäden zu ziehen. «
Das Medium war auf frischer Tat ertappt worden - eine
Hand lag am Rand des Tisches, während die andere an
einer Schnur zog, die mit den Vorhängen verbunden war.
Auf der anderen Seite saß Jim und hielt etwas, das wie
ein ausgestopfter Handschuh aussah. »Jetzt mag es ja
blöd wirken«, gab Frederick zu, »aber was ich gestern in
der Hand hielt, fühlte sich wirklich wie eine menschliche
Hand an. Schau dir mal Jims Gesicht an... « Jims zeigte
eine Miene, die halb fromme Scheu und halb das
Entsetzen eines Mannes ausdrückte, der fürchtete, im
nächsten Augenblick seine Hosen zu verlieren. Webster
lachte. »Das ist die halbe Guinee wert«, befand er. »Was
willst du jetzt mit der Aufnahme machen. Dem alten
Mädchen damit das Geschäft vermiesen?« »Aber nein«,
sagte Frederick. »Dafür ist sie mir viel zu sympathisch.
Wenn die Streatham and District Spiritualist League so
dämlich ist, darauf hereinzufallen, kann ich Nelly Budd
nur alles Gute wünschen. Ich könnte ein Dutzend Abzüge
davon machen und sie verkaufen. Titel: >Das blanke
Entsetzen oder Jim und die Geister<. Nein, besser noch,
ich benutze es als Visitenkartenfotografie, wenn ich bei
ihr vorbeischaue. «
    Frederick hatte eigentlich noch am gleichen Tag seinen
Besuch machen wollen, aber im Lauf des Vormittags
geschah etwas, was ihn daran hinderte. Angetan mit
bodenlangem Mantel und breitkrempigem Hut, tauchte
Mackinnon bei ihm auf. Sicherlich wollte er nicht
erkannt werden, doch in dieser Aufmachung erregte er
mehr Aufsehen, als wenn er mit einem ganzen
Kavallerieregiment gekommen wäre.
    Webster war im Studio beschäftigt und Jim war nicht
daheim, so empfing ihn Frederick allein im
Hinterzimmer des Ladens. »Ich brauche Ihre Hilfe«,
platzte Mackinnon heraus, kaum dass sie sich gesetzt
hatten. »Ich trete heute Abend bei einer
Privatveranstaltung auf und hätte Sie gern dabei. Für den
Fall, dass der Mann aufkreuzt... «
    »Bei einer Privatveranstaltung?«
»Es handelt sich um einen Wohltätigkeitsabend in Lady
Harboroughs Haus. Über hundert Gäste. Jeder zahlt fünf
Guinee Eintritt, das Geld geht an eine
Krankenhausstiftung. Ich trete ohne Honorar auf, nur
meine Auslagen werden mir erstattet. « »Schön, aber was
soll ich dabei tun? Ich sagte Ihnen schon, dass
Personenschutz nicht unser Metier ist. Wenn Sie einen
Leibwächter brauchen... «
    »Nein, nein, keinen Leibwächter. Mir geht es nur
darum, dass noch jemand mit nach ihm Ausschau hält,
dann würde ich mich sicherer fühlen. Falls er mit mir
Kontakt aufnehmen wollte, könnten Sie ihn in ein
Gespräch verwickeln, ihn ablenken, verstehen Sie?« »Ich
weiß noch nicht einmal, wie er aussieht. Sie waren bisher
mit Auskünften ziemlich geizig, Mr. Mackinnon. Sie
glauben, er verfolge sie, weil er wisse, dass Sie eine
Vision hatten, in der Sie ihn einen Mord begehen haben
sehen. Schön. Aber Sie wissen weder, wen er
umgebraucht hat, noch wo und wann, sie wissen nicht
einmal, wie er heißt und... «
    »Um das alles herauszufinden, nehme ich ja Ihre
Dienste in Anspruch«, sagte Mackinnon. »Wenn Sie
jedoch meinen, dazu nicht in der Lage zu sein, wäre ich
Ihnen verbunden, wenn Sie mir einen anderen Detektiv
empfehlen könnten. «
    Er sah finster, herrisch und ein klein wenig lächerlich
aus in seiner zigeunerhaften Aufmachung. Frederick
lachte. »Also gut«, sagte er. »Ich bin dabei. Aber damit
eines klar ist: Ich bin nicht

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