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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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abschnürte.
     
    Wir hatten lange geschlafen und ausgiebig gefrühstückt. Seit wir die Schule hinter uns hatten, wussten wir unsere freie Zeit zu schätzen. Wir arbeiteten beide hart, Merle im Tierheim und ich im St. Marien, wo ich mein freiwilliges soziales Jahr absolvierte. Die Wochenenden waren uns heilig, und wir erlaubten niemandem, sie ohne triftigen Grund zu stören.
    Merle hatte Brötchen geholt und die Tageszeitung mitgebracht. Ich hatte den Tisch gedeckt und das Frühstück vorbereitet. Unser Samstagsritual. Es hatte sich ganz von selbst so eingespielt.
    Jetzt tranken wir unseren dritten Kaffee, hatten die Zeitung zwischen Brotkrümeln und Eierschalen ausgebreitet und studierten gemeinsam den Immobilienteil. Smoky lag auf dem Sofa hingestreckt, seine beiden Haremsdamen rechts und links neben sich. Er hatte sich gut bei uns eingelebt und ließ sich von Donna und Julchen nach Strich und Faden verwöhnen.
    »Hör dir das an«, sagte Merle und las vor, als hätte ich nicht selbst Augen im Kopf. »Birkenweiler, Bauernhof, sechs Zimmer, Küche, Diele, Bad, Wohn-, Nutzfläche 220 Quadratmeter, 2700 Quadratmeter Garten, Scheune, Stallungen, 600 Euro warm plus Nebenkosten plus zwei Monatsmieten Kaution.« Sie verschluckte sich vor Aufregung. »Zweitausendsiebenhundert Quadratmeter«, röchelte sie und versuchte, ihre Stimme wieder in den Griff zu kriegen, indem sie die tränenden Augen aufriss und sich mit der flachen Hand auf den Brustkasten klopfte.
    Das war für Bröhler Verhältnisse direkt geschenkt und bei Weitem günstiger als alles, was wir uns bisher angesehen hatten. Ich fragte mich, wo der Haken sein mochte. Wahrscheinlich wellte sich das Linoleum auf den Böden oder es gab ein Plumpsklo auf dem Hof oder das Haus war auf einer ehemaligen Müllkippe errichtet worden oder der Schimmelpilz hatte es sich auf den Wänden gemütlich gemacht. Vielleicht sogar alles zusammen.
    Birkenweiler ist ein kleiner, alter Ortsteil im Süden Bröhls, der ursprünglich selbstständig gewesen ist und irgendwann eingemeindet wurde, ohne den dörflichen Charme vergangener Zeiten zu verlieren. Es gibt dort noch eine Reihe von Bauern, die von der Landwirtschaft leben und in ihren Hofläden eigene Erzeugnisse anbieten. Ihre Kunden kommen aus dem gesamten Umland und manche von ihnen haben sich mit der Zeit unter die Alteingesessenen gemischt. Inzwischen gilt Birkenweiler als Paradies für Stadtflüchter, Alternative, Rentner und junge Familien. Genau die richtige Umgebung für eine Wohngemeinschaft.
    »Zweitausendsiebenhundert Quadratmeter«, wiederholte Merle mit immer noch brüchiger Stimme.
    »Viel zu schön, um wahr zu sein.« Ich notierte die Telefonnummer des Maklers. »Irgendwas ist da faul.«
    »Oder es ist ein Ringeltäubchen.«
    »Ein was?«
    »Ein Ringeltäubchen. Das sagen wir bei uns zu Hause zu ganz besonderen Glücksfällen. Smoky zum Beispiel ist ein Ringeltäubchen. Und du bist eins.« Sie schmatzte mir einen Kuss auf die Wange. »Nicht zu vergessen Mike, Ilka und Mina.«
    Mit Mike war unsere WG eigentlich komplett gewesen. Doch dann war nach einer Weile seine Freundin Ilka dazugekommen. Und seit wir Mina kennengelernt hatten, war klar,  dass wir uns nach einer neuen Unterkunft umsehen mussten, die für uns alle Platz bieten würde.
    Ilka und Mike, die sich nach dem Abi für ein Jahr Auszeit entschieden hatten, befanden sich noch immer auf ihrer Reise durch Brasilien. Mina hatte sich für eine langwierige Psychotherapie in eine Klinik zurückgezogen. Merle und ich hielten so lange die Stellung in Bröhl Zu fünft benötigten wir jede Menge Platz. Günstige große Wohnungen jedoch waren heiß begehrt und gingen meistens unter der Hand weg. Also hatten wir beschlossen, lieber nach einem Haus zu suchen. Das war uns sowieso viel sympathischer. Häuser hatten einen Garten. Man musste keine Rücksicht auf andere Mieter nehmen. Und niemand würde sich über die Katzen beschweren.
    Falls wir überhaupt einen Vermieter fanden, der keine Vorurteile gegenüber Wohngemeinschaften hatte. Und gegen Katzen.
    Wir hatten schon die scheußlichsten Bruchbuden besichtigt und waren auf die unglaublichsten Typen gestoßen. Sehr zum Kummer meiner Mutter, die nur zu gern bereit gewesen wäre, uns mit einem der angesagten Makler zusammenzubringen, die in der oberen Liga spielten und Leute wie uns im normalen Leben gar nicht zur Kenntnis nahmen.
    Aber dafür reichten unsere Finanzen nicht aus.
    »Geld ist doch kein Problem«, hatte meine

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