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Der Schattenprinz

Der Schattenprinz

Titel: Der Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Tränen nahe gewesen. Alles rückte an seinen Platz. Der Tod war nicht länger lebende Angst.
    Decado richtete sich in eine sitzende Position auf. Seine Rüstung lag auf einem Tisch rechts von ihm. Serbitars Rüstung. Die Dreißig von Delnoch.
    Es hieß, daß Serbitar voller Zweifel gewesen war, und Decado hoffte, daß diese Zweifel sich am Ende zerstreut hatten. Es tat so gut zu wissen. Er fragte sich, wie er so blind gegenüber der Wahrheit hatte sein können, wenn die Tatsachen sich ihm doch in so kristallener Klarheit zeigten.
    Ananais und Tenaka, zueinander hingezogen bei der Kaserne des Drachen. Steiger und Pagan. Decado und die Dreißig. Rayvan.
    Jeder einzelne ein Glied in einem Gewebe aus Geheimnis und Magie. Und wer wußte, wie viele andere Glieder gleichermaßen wichtig waren? Valtaya, Renya, Galand, Lake, Parsal, Thorn, Turs?
    Pagan war aus einem fernen Land hergezogen worden, um ein ganz bestimmtes Kind zu retten. Aber wen würde das Kind retten? Ein Muster in einem Muster in einem Muster .
    Vielleicht waren die Ereignisse selbst nur Bindeglieder. Die legendäre Schlacht um Dros Delnoch war Ursache dafür, daß zwei Generationen später Tenaka Khan gezeugt wurde. Und Steiger. Und der Drache.
    Es war alles zu unermeßlich für Decado.
    Der Schmerz in seiner Schulter flackerte noch einmal auf, und er stöhnte.
    Morgen würden die Schmerzen vorbei sein.
    Im Morgengrauen begann der erste von drei weiteren Angriffen. Beim letzten gaben ihre Reihen beinahe nach, doch Ananais, zwei Schwerter schwingend, warf sich den Angreifern wie ein Berserker entgegen und hieb und stach auf sie ein. Als sie zurückgedrängt wurden, ertönte ein einziges Hornsignal im Lager des Feindes, und die Bastarde formierten sich, fünftausend an der Zahl.
    Die Ungeheuer stapften vorwärts, und die Männer der Legion zogen sich zurück und machten den Weg für sie frei.
    Ananais schluckte hart und blickte links und rechts die Mauer entlang. Dies war der Moment, den sie gefürchtet hatten. Aber diese Männer von Skoda wankten nicht, und Stolz wallte in ihm auf.
    »Heute abend gibt es für jeden einen warmen Fellteppich!« brüllte er.
    Grimmiges Gelächter antwortete auf diesen Scherz.
    Die Bastarde warteten, während die Dunklen Templer sich zwischen ihnen verteilten - sie strahlten Visionen von Blut und Gemetzel aus, um das tierische Naturell der Bestien aufzupeitschen.
    Das Geheul begann.
    Auf der Mauer rief Decado Balan zu sich. Der dunkelhäutige Priester kam und verbeugte sich förmlich.
    »Es ist an der Zeit«, sagte Decado.
    »Ja.«
    »Du wirst zurückbleiben.«
    »Was?« fragte Balan verblüfft. »Weshalb?«
    »Weil sie dich brauchen werden. Um die Verbindung nach Tarsk herzustellen.«
    »Ich will nicht allein sein, Decado!«
    »Du wirst nicht allein sein. Wir alle werden bei dir sein.«
    »Nein. Du bestrafst mich!«
    »Das ist nicht wahr. Bleib dicht bei Ananais und schütze ihn, so gut du kannst. Und auch Rayvan.«
    »Laß jemand anders bleiben. Ich bin der Schlechteste von allen, der Schwächste. Ich brauche euch. Ihr könnt mich nicht allein lassen.«
    »Hab Vertrauen, Balan. Und gehorche mir.«
    Der Priester stolperte von der Brüstung und rannte Hals über Kopf in den Schatten der Bäume.
    Auf der Ebene schwoll das Heulen zu einem entsetzlichen Crescendo an.
    »Jetzt!« brüllte Decado.
    Die siebzehn Kriegerpriester glitten über die Brüstung und ließen sich auf die Ebene hinab. Dann marschierten sie auf die Ungeheuer zu, die nur noch wenige hundert Schritt entfernt waren.
    »Was, bei allen Göttern?« rief Ananais. »Deca-do!« brüllte er.
    Die Dreißig rückten in einer weit auseinandergezogenen Linie vor; ihre weißen Mäntel flatterten im Wind. Die Schwerter hielten sie in den Händen.
    Die Ungeheuer griffen sie an, gefolgt von den Templern, die sie mit Gedankenstößen von furchtbarer Gewalt antrieben.
    Die Dreißig fielen auf die Knie.
    Der erste der Bastarde, ein riesiges Ungeheuer von fast zweieinhalb Metern Größe, taumelte, als die Vision ihn traf. Stein. Kalter Stein. Behauen.
    Blut, frisches Blut, von salzigem Fleisch tropfend.
    Das Ungeheuer lief weiter.
    Stein. Kalter Stein. Flügel.
    Blut.
    Stein.
    Flügel. Geformte Flügel.
    Dreißig Schritt trennten die Dreißig noch von den Bastarden. Ananais konnte nicht länger hinsehen und wandte dem Schauspiel den Rücken zu.
    Der Anführer der Bastarde stieß auf den vor ihm knienden, silbern gekleideten Krieger hinab.
    Stein. Geformter Stein. Flügel.

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