Der Schatz in der Drachenhöhle
„Slansky
ist im Stadtpark. Die Eingänge sind abgeriegelt. Er sitzt in der Falle. Aber
ich brauche Verstärkung, damit wir den Park durchkämmen.“
Tarzan mäßigte sein Tempo zum Schritt
und wollte vorbei.
„Heh!“ rief Lukas. Er hatte den Hörer
in den Wagen gelegt. „Wohin?“
„Zur Tennisanlage.“ Tarzan blieb
stehen.
„Du bist wohl nicht gescheit. Du...
Ach, der Bengel, der anderen Leuten ein Bein stellt. Und jetzt willst du uns
hier behindern, was?“
„Das hatte ich eigentlich nicht vor.“
Tarzan lächelte geduldig. „Ich will nur mein Rad holen.“
„Werd nicht noch frech! Keiner kommt in
den Park. Dort hält sich ein gefährlicher Krimineller versteckt.“
„Au Backe! Wenn der gefährlich ist,
kann ja sonstwas passieren, Herr Kommissar. Bestimmt sind Spaziergänger im
Park: Rentner, Kinder, Herrchen und Frauchen mit ihren Hunden. Wenn sich nun
Slansky eine Geisel nimmt?“
Lukas schob die Brauen zusammen und
wischte sich über das schwitzende Gesicht. Offenbar überforderte ihn die
Aufgabe.
Wäre besser, dachte Tarzan, Gabys Vater
hätte hier das Kommando. Aber der kann ja nicht alles machen — in so einer
Riesenstadt.
„Sag mal“, meinte der Kommissar
lauernd, „woher weißt du, daß er Slansky heißt?“
„Das haben Sie doch eben in den
Sprechfunkhörer gesagt.“
Einer der Polizisten grinste, wandte
aber rasch den Kopf ab, daß sein Vorgesetzter nichts merkte.
„Hau ab!“ Lukas fuhr Tarzan an, und er
begleitete die charmante Aufforderung mit energischer Geste. „Du störst.
Während der nächsten Stunde will ich dich hier nicht mehr sehen.“
Alter Stiesel! Aber Tarzan verzog keine
Miene. Und so einer sorgt für Recht und Ordnung — vielmehr: er versucht es.
Aber was soll’s! So ‘ne und solche gibt’s überall.
Er zuckte die Achseln, sagte: „Viel
Erfolg und danach einen fröhlichen Feierabend!“ und trollte sich mit seinem
Paket die Föhrenbacher Allee hinauf, immer hart am Zaun.
Er wußte: Hinter dem Kiosk war die
Stelle, wo im Zaun drei Stäbe fehlten. Lukas wußte das offenbar nicht.
Ortskenntnis macht sich bezahlt! Tarzan
blieb stehen, als er das Schlupfloch erreichte. Dahinter standen Büsche mit
fleischigen Blättern. Jenseits des Zauns lag, was umweltbewußte Mitmenschen
entbehren können: zerbrochene Flaschen, zerfledderte Zeitungen, leere
Zigarettenpackungen, Papierschnipsel, eingedellte Bierdosen. Zwar wurden die
Abfälle allwöchentlich eingesammelt, aber die Sauberkeit hielt immer nur einen
Tag vor.
Er bückte sich, fummelte am rechten
Turnschuh herum, als hätte sich das Schnürband gelockert, und äugte zurück.
Lukas wandte ihm den Rücken zu. Der
erste Polizist blickte in entgegengesetzte Richtung, der andere in den Park.
Blitzartig verschwand Tarzan durch die
Lücke im Zaun.
Zweige schlugen hinter ihm zusammen.
Hier verlief kein Weg. Über ihm in der Buche gaben Singvögel ein Gratis- (kostenlos) Konzert.
Ein Mückenschwarm überfiel ihn so frech, daß er mit der freien Hand um sich
schlug.
Vielleicht fand er Slansky. Vielleicht
konnte er verhindern, daß der irgendwelche Gemeinheiten machte. Was für ein
Übeltäter das wohl war? Einbrecher? Dieb? Räuber? Terrorist? Hatte man ihn quer
durch die Stadt gejagt — bis hierher? Oder zufällig in der Fußgängerzone
entdeckt?
Vielleicht wird er steckbrieflich
gesucht, überlegte Tarzan. Jemand hat ihn erkannt und die Polizei verständigt.
Und die ist dann gleich mit großem Aufgebot angerückt. Aber Lukas, der
Einsatzleiter, hat den Zugriff verpatzt.
Er zwängte sich durch Büsche,
überquerte einen Weg, sah zwei alte Leutchen auf einer Bank. Beide hielten die
Augen geschlossen und das Gesicht in die Sonne. Zwischen ihnen stand eine
Thermosflasche, und die Tüte enthielt sicherlich Butterbrote.
Tarzan hastete über eine Wiese, wo
kniehohe Gräser und blaue und gelbe Blumen sich im Sommerwind wiegten. Wieder
pflügte er durch Büsche. Er überlegte, wo dieser Slansky wohl stecken könnte,
falls er wirklich hier war und Lukas nicht eine leere „Falle“ bewachte.
Dann sah er die beiden.
Vor Tarzan lag einer schmaler Streifen
sumpfiger Wiese. Eine Gruppe sperriger Büsche umstand den sogenannten
Käsebierplatz mit dem Käsebierdenkmal. Der Mann hatte August Wilhelm Käsebier
geheißen, und vielleicht war sein Name Ansporn zu außerordentlichem Ehrgeiz
gewesen. Jedenfalls hatte er es vor vielen Jahrzehnten zum Oberbürgermeister
der Stadt gebracht. Und in Anbetracht seiner Verdienste —
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