Der Schatz von Dongo
mal«, sagte ich, »kann sein, daß ich ziemlich bald
absacke.« Sein sexueller Baedeker langweilte mich. »Weißt du, das gute
Essen, der Wein und das alles … Es kam so plötzlich für
mich …«
»Ja, sicher. Ich glaube gern, daß es ein bißchen zuviel wird,
wenn man nicht dran gewöhnt ist. Aber ich muß dir noch ein paar Dinge
sagen …« Er führte mich quer durch das überfüllte Wohnzimmer
und durch einen Flur in eine kleine Bibliothek. Hier warf er sich auf
eine Couch und löste den Hosenbund. »Ahhh!« stöhnte er voll
Erleichterung. »Ich will meine Hosen nicht weiter
machen lassen, aber es ist einfach Mord. Also, ich habe mir für dich
die Finger wundgearbeitet. Warum bist du nur so verrückt, Selwyn? Na
schön, du bist es eben, und nach allem, was du durchgemacht hast,
sollte man dir jede nur mögliche Chance geben. Aber du treibst es zu
weit. Ich habe mit Elaine Gribble gesprochen, der Dame von unserer
Botschaft. Sie ist heute abend hier. Ich glaube, daß sie dir die vier
Monate verschaffen kann, aber das wäre dann nur die amerikanische
Seite, also die einfachere. Schwierigkeiten wird das italienische permesso machen. Ich nehme an, daß wir dazu sechs Gramm Überredungskunst, vier
Gramm Drohungen und zwei Pfund Moneten brauchen. Mann, diese römischen
Intrigen! Die ganze Stadt besteht aus politischen Intrigen. Das ist
hier eine richtige Industrie – die einzige in Rom. Es gibt
doch hier nichts als Beamte. Kannst du mir irgendeine Ware nennen, die
hier in Rom produziert wird? Doch höchstens politische
Hinterhältigkeit.«
Die Tür ging auf und eine attraktive, mit schwerem Schmuck
behangene junge Dame steckte den Kopf herein. »Gibt es hier irgendwo
ein Badezimmer?« Mit leichtem Akzent.
»Komm her, Vana«, sagte Dan. Sie kam. »Leg dich hin.« Sie
streckte sich neben ihm aus. Er legte ihr die Hand auf den Bauch und
begann sie zu streicheln. »Ich werde deine Blase beruhigen. Du brauchst
nicht zum Pissoir.« Sie kicherte und schmiegte sich an ihn. Eine ihrer
beringten Hände wanderte an die Innenseite seines Schenkels. Beim
Sprechen strich Dan ihr wie absichtslos über Bauch, Beine und Busen.
»Du hast vermutlich keine Ahnung, was mit den Preisen los ist,
und glaubst womöglich, daß du mit deinen zweihundert Piepen eine
Zeitlang aushältst, aber da irrst du dich, Paul. Und bilde dir bloß
nicht ein, daß es mir selber besonders gut geht, nur weil ich so
scheißfein lebe. In Wirklichkeit steht mir das Wasser bis zum Hals, und
ich könnte nicht einmal hundert Lire locker machen, um dieses leckere
Mädchen hier in meine Falle zu kriegen.« Er biß sie in den Hals, und
sie begann wieder zu kichern. »Was ich damit sagen will: Wenn du nicht
einen Geldgeber findest, dann brauchst du gar nicht erst anzufangen.«
Ich antwortete, daß ich ihn verstanden hätte. »Na schön«, fuhr
er fort. »Also, ich habe mir alle Namen durch den Kopf gehen lassen und
einen gefunden, der vielleicht in Frage käme. Er ist sogar der einzige.
Constantin Gibio. Seit Jahren hier. Ich habe ihn bei einer
Sonderreportage kennengelernt. Dann war er scharf auf Natalie und
kaufte ein paar von ihren großen Skulpturen. Und obwohl ich ihn
inzwischen jahrelang kenne, weiß ich noch immer nicht genau, was er
eigentlich treibt. Import-Export, mehr weiß ich nicht. Er hat Einfluß,
Beziehungen, Geld und kann den Mund halten. Und er ist gerissen. Oder
sagen wir lieber, er ist vor allem gerissen. Er würde nie jemanden
betrügen, und niemand, der noch ein bißchen leben möchte, würde es
wagen, ihn zu betrügen. Er ist ein Hasardspieler, aber das Risiko muß
sich für ihn lohnen. Wie gefällt dir das?«
»Ich würde ihn sehr gern kennenlernen.«
»Sollst du. Morgen um fünf. Ich hole dich im Hotel ab. Bereite
dich gut vor, Paul, denn offen gesagt, wenn Gibio deinen Vorschlag
ablehnt, bist du erledigt.« Vanas Hand schob sich unter sein Hemd. »Was
machst du da, Baby?« fragte Dan. Sie fuhr mit ihrer Nase über seinen
Hals. Unsere Besprechung schien beendet zu sein. Leise zog ich die Tür
hinter mir zu und wollte ins Wohnzimmer zurück. Doch als ich mich der
Hitze, dem Lärm und dem Rauch näherte, den letzten Resten dieses
langen, neuen, seltsamen Tages, wurde es mir auf einmal zuviel und ich
schaffte es gerade noch bis ins Bad – vom Eßtisch zur
Toilettenschüssel also in knapp zwei Stunden. Ich hockte auf dem
Wannenrand, preßte ein kaltes Handtuch an mein Gesicht und überlegte,
woher ich die Kraft nehmen sollte, in mein
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