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Der Schatz von Dongo

Der Schatz von Dongo

Titel: Der Schatz von Dongo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.E. Hotchner
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Hotel zurückzufahren.
    Jemand drückte die Türklinke herunter. Ich hielt den Mund
unter den Wasserhahn und spülte den sauren Nachgeschmack fort. Es
rappelte abermals an der Klinke. Ich trocknete mir das Gesicht, kämmte
mich und machte auf. Draußen im Flur wartete die blonde
Oberklassen-Engländerin im Leopardenkleid zusammen mit dem
französischen Anthropologen, der ihr von hinten die Arme um die Taille
legte. Die beiden waren von schwerem Marihuanaduft umgeben. Ich schob
mich durch die Menschen im Wohnzimmer, ohne Iris noch einmal zu
begegnen, und war, als ich das Haus verließ, dem Zufall dankbar, daß
gerade ein plattnasiges kleines Fiat-Taxi am Bordstein hielt, dessen
Fahrgäste ausstiegen.

3
    I n Santo Stefano regierten Klingeln das
Leben. Um sechs klingelte es zum Aufstehen, dann klingelte es zum
Zellenreinigen, es klingelte zum Frühstück, es klingelte den ganzen Tag
hindurch, bis es um zehn Uhr abends zum ›Licht aus!‹ klingelte. Daher
war ich am folgenden Morgen beim zweiten Klingeln schon aus dem Bett.
Es mußte fünfmal klingeln, ehe mir einfiel, wo ich war und daß das
Klingeln vom Telefon auf meinem Nachttisch kam. Der Hörer des Apparats,
den es in meinem Leben so lange nicht gegeben hatte, vermittelte mir
ein fremdartiges Gefühl, als ich ihn ans Ohr preßte.
    »Hallo, Paul – sind Sie es?«
    »Ja.«
    »Hier ist Iris. Sie haben sich vor mir davongeschlichen.
Wissen Sie, wie lange ich nach Ihnen gesucht habe?«
    »Es tut mir leid. Ich …«
    »Schon gut. Sie waren ja nicht mein Begleiter. Aber als
Mädchen möchte man doch gern gute Nacht gesagt bekommen.«
    »Wenn Sie glauben, ich hätte Sie finden können, in diesem
Heuhaufen von Leuten …« Im Hintergrund war ein Durcheinander
von Stimmen zu hören. »Wo sind Sie eigentlich?«
    »Ach, Sie hören das? Das sind die Synchronsprecher. Deswegen
rufe ich Sie auch an. Ich habe eben mit Signor Riselli gesprochen. Er
möchte Sie sich mal anhören. Er hat einen Vittorio Gassman, der Freitag
anfängt.«
    »Das ist sehr nett von Ihnen, Iris. Aber ich als Vittorio
Gassman? Na ja, wenn Sie meinen … Könnte ich morgen kommen?«
    »Gut. Wir treffen uns um Punkt zehn Uhr hier, ja? Ich werde
Riselli Bescheid sagen.« Sie nannte mir die Adresse. Außerdem gab sie
mir ihre eigene Anschrift und Telefonnummer. Ich wusch mich, rasierte
mich und zog mich an. Dabei bewunderte ich wieder jedes einzelne Stück
von Dans feinen Kleidern. Die Balkontüren warfen goldenen Sonnenschein
auf den Spiegel über dem Waschbecken, und während ich mich in diesem
bernsteinfarbenen Licht kämmte, erinnerte ich mich an mein
Thespis-Stadium und an das Gefühl, das ich gehabt hatte, als ich an der
Washington University auf der Bühne stand.
    Ich ging nach unten, um zu frühstücken, aber der kleine
Frühstücksraum neben der Halle lag verlassen und wirkte nur wenig
einladend. Deshalb gab ich den schweren Metallschlüssel an der
Portierloge ab und machte mich auf die Suche nach einem netteren Lokal.
Die engen Straßen waren belebt und von allen möglichen Düften aus
Trattorias, Cafés, Lebensmittelgeschäften und Blumenständen erfüllt.
Ich fühlte mich ganz großartig und dachte voll Zuversicht, ein Tag, der
so schön begonnen habe, müsse mit Sicherheit auch zum durchschlagenden
Erfolg bei Constantin Gibio führen.
    Das Albergo d'Inghilterra, wie der volle Name lautete, liegt
nur ein paar Schritte von der Via Condotti, der elegantesten
Einkaufsstraße Roms, entfernt, und als ich den Gehsteig entlangschritt,
war ich wie geblendet von dem märchenhaften Angebot an Kleidern, Leder,
Silber, Glas, Schmuck, Uhren, Pelzen, Porzellan, Kunstgegenständen,
Antiquitäten, seltenen Büchern, Tabakwaren, Konfekt, Seidenstoffen und
sonstigen Luxusartikeln in den Schaufenstern. In dem verarmten Italien,
das ich von damals kannte, galt der Besitz einer Dose pasta schon als Zeichen von Wohlstand, doch hier sah ich einen Überfluß, der
lediglich bewirkte, daß ich all diese Dinge gar nicht besitzen wollte.
Es war mir einfach viel zuviel, außerdem hielt ich das meiste für
sinnlos teuer, und durch die übersteigerten Preise wurden die
Gegenstände schon wieder vulgär. Ein Ferrari röhrte vorbei. Ja, das war
etwas Teures, dessen hoher Preis sinnvoll war, da paarte sich Schönheit
mit einer Funktion, mit Kraft, mit emotioneller Wirkung. Für mich sind
schöne Autos femininen Geschlechts. Die Lancia, Maserati, Lotus,
Facel-Vega und Aston Martin, in die ich mich nach den Abbildungen in
den

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