Der Schatz von Njinjo (German Edition)
wär’s, könnten Sie es nicht besorgen?“
Diesen Hinweis versteht der Diplomat sofort. „Kann ich Sie mal kurz unter vier Augen sprechen, Superintendent?“
„Sicher.“ Zum ersten Mal seit einer guten halben Stunde bewegt sich Makaïdi von der Stelle. Mit dem Botschaftsangehörigen verzieht er sich in Schüttes Nachbarzimmer. Dort wechselt ohne langes Reden ein Umschlag den Besitzer. Kurz danach verlässt zur Lippe die Geschäftsräume, während Makaïdi Scheine zählt: Fünfzig rote, ein halbes Monatsgehalt. Ein guter Anfang.
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3. Hannes feiert Weihnachten
Mittwoch, 24. Dezember
Kaishe Wabaye kam von einem gelungenen Geschäft. 80.000 Shilling hatte er bekommen, soviel wie ein Lehrer nach einem halben Monat, für zwei seiner Bilder, kaum größer als ein Blatt Papier: Romantische, verklärende Collagen übers Dorfleben im Osten Afrikas auf einem Stück Karton, beklebt mit beschnittenen, vergilbten Restpappen und Bast, sonnenuntergangsmäßig eingefärbt, wie zu erwarten. Frauen mit Kindern auf dem Rücken vor Rundhütten und Akazien.
Kein schlechter Abend für meinen alten Herrn: Acht Rote bar auf die Hand, ohne Gefeilsche, wie verlangt. Vielleicht lag es daran, dass Weihnachten war. Weihnachten zuhaus in Moshi, meiner nordtanzanischen Heimatstadt am Fuße des Kilimanjaro. Zu spät dürfte der Käufer bemerkt haben, wie ewig der Karton meines Vaters nach Lösungsmitteln und billigem Klebstoff stinkt. Kaishes kleines Atelier im Hinterhof betreten wir schon lang nicht mehr. Von dem Verkaufserlös würde Vater ein, zwei Wochen leben können. Und wir, seine Söhne, würden unsere Ruhe haben.
Dass das nicht klappte, lag am Auftauchen von Manhatten, meinem kleinen Bruder. Hatten, wie ihn fast alle nennen, steht in unserer Familie für Kondition: drahtig, nicht allzu groß und gut zu Fuß. Am Rand seiner Halbglatze allerdings machen sich bereits die ersten grauen Röllchen breit, meinen Kopf hingegen ziert noch immer volles, festes Haar, stets frisch frisiert, solange ich mir das leisten kann. Auch Haut und Hände meines Bruders – ledrig, faltig – scheinen um Jahre älter als die meinen, die eines Schreibtischmenschen. Dabei ist er mal gerade Mitte dreißig, während ich schon beinah vierzig und noch immer ledig bin. Nein, maniküren tu ich meine Hände nicht, und Kinder hat nur er.
Hatten ist Bergführer an Afrikas höchstem Berg, dem Kilimanjaro. Er bringt dort reiche Weiße rauf und runter. Oft ist er wochenlang weg und wartet oben am Parkeingang auf einen Auftrag. Von seinem letzten nun kam auch mein Bruder an diesem Heiligabend mit Geld nach Hause –, in diesem Jahr zum elften Mal. Alles über sieben, sagt er, sei ein Geschenk der Götter, die den Berg bewachen.
Hattens Auftauchen brachte Leben in die Hütte. Kibo, Shira und Mawenzi, seine drei Jüngsten, drehten vor Freude beinah durch. Die Kids hat er nach den Gipfeln seines Bergs benannt. Kibo, sein letzter, kriegte vor Freude mit fast sechs Kilometern endlich den höchsten ab. Seitdem verhütet meine Schwägerin, sagt mein Bruder. Den flachsten Gipfel, Shira, immerhin noch knapp vier Kilometer hoch, hatte ihre zweite Tochter abbekommen. Hattens ältester heißt Meru, der ist eigentlich achtzig Kilometer weit weg, aber nun schon beinahe zehn. Für meine siebenjährige Patentochter Maundi, Hattens zweites Kind, gab’s damals nur einen kleinen Krater, kaum mal drei Kilometer über Null. Nur fünf Kinder, so ist das hier: nicht immer logisch.
Mein Bruder hatte Cola mitgebracht, zwei volle Kisten. Kriegen die Kids eine dieser so wunderbar süffig geformten Flaschen in die Hände, spielen sie unwiderruflich erst einmal verrückt. Mit leuchtenden Augen lutschen sie blubbernd und sabbernd am weltberühmten Glas, heute bis nach Mitternacht. Trinken dürfen sie den klebrigen, schwarzen Saft allerdings nur tröpfchenweise, da ist ihre Mutter vor. Angeblich sind sie noch zu klein: Shira mit ihren Grinsebäckchen zählt fünf, Kibo und Mawenzi, die ersten Zwillinge in der Familie seit Menschengedenken, haben schon 33 Monate geschafft.
Dass Cola ungesund ist, halte ich ja für ein Gerücht. Warum soll den Kleinen das süße Zeug wohl schaden, das die Reichen und Hellhäutigen hier zu jeder Tages- und Nachtzeit in jedem sichtbaren Alter trinken? Aber das ist nicht mein Problem.
Die Kleinen tollten sich zwischen den Kalabassen mit Bier bei den Hütten der Frauen im Hof, während die Erzählung des mzee , unseres alten Herrn, am Feuer
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