Sherlock von Schlotterfels 02 - Ein schauriger Geburtstag
Inmitten des ganzen Chaos entdeckten sie ihren Vater, Dr. Klaus Kuckelkorn, angehender Museumsdirektor und zurzeit sehr nervös. Wild gestikulierend redete er auf einen Mann im blauen Overall ein, der ständig nickte. Als Dr. Kuckelkorn seine Kinder bemerkte, drückte er dem Mann eine Liste in die Hand und eilte auf sie zu.
„Endlich Schulschluss?“ Er umarmte die beiden ganz fest. Dann schaute er sie eindringlich an. „Noch zwei Tage! Heute, morgen und dann …“ Er machte eine Handbewegung. „… muss dieses ganze furchtbare Durcheinander beseitigt und jedes Zimmer eingerichtet sein. Denn am Sonntag eröffnen wir unser …“
„Schlossmuseum!“, ergänzten Paula und Max im Chor.
„Genau!“ Mit einem gewölbetiefen Seufzer ließ Dr. Kuckelkorn seinen Blick durch die Eingangshalle gleiten. Die Aufregung malte ihm rote Flecken auf den Hals. „Das kann ich unmöglich alles alleine schaffen. Deshalb brauche ich eure Hilfe! Kann ich auf euch zählen?“
„Na klar“, sagte Max nickend und setzte seinen Schulranzen ab.
Paulas Magen zog sich zusammen und knurrte wie ein hungriger Wolf. Verstohlen warf sie einen Blick auf ihre Armbanduhr. Ein Uhr Mittag. Essenszeit. Normalerweise strömten ihr und Max schon die Düfte des Mittagessens entgegen, sobald sie von der Schule nach Hause kamen. Aber heute konnte sie schnüffeln so viel sie wollte.
„Was gibt es zu tun?“, fragte sie schnell und versuchte den Gedanken ans Mittagessen in die hinterste Ecke ihres Gedächtnisses zu verbannen – noch weiter nach hinten also, als die Gedanken an Vokabeln lernen und Mathe.
In diesem Moment watschelte die dickliche Gestalt von Frau Hagedorn auf sie zu. Die Haushälterin stellte ein Tablett mit Kaffee, Mineralwasser, Tellern und belegten Brötchen auf einer der vielen Kisten ab.
„Damit ihr was im Magen habt“, brummte Frau Hagedorn. „Aber bei diesem Chaos kann wirklich kein Mensch von mir verlangen, dass ich auch noch ein Festtagsmenü serviere!“
„Selbstverständlich nicht, liebe Frau Hagedorn“, beeilte sich Dr. Kuckelkorn zu versichern und nahm lächelnd eine Tasse dampfenden Kaffee entgegen.
Max und Paula kauten schon längst genüsslich an ihren Salamibrötchen.
„Ich wäre Ihnen übrigens sehr dankbar, wenn die Arbeiten mit etwas weniger Schmutzentwicklung einhergehen könnten als in den letzten Tagen“, bemerkte Frau Hagedorn mit finsterer Miene. „Sonst kann ich nicht dafür garantieren, dass Sie Ihre Gäste am Sonntag nicht in einem barocken Schweinestall in Empfang nehmen müssen!“ Unvermittelt und für ihre Körperfülle in einer beachtlichen Geschwindigkeit wirbelte sie zu Max herum. „Und du, junger Mann, krümelst mir nicht den Boden voll, sondern hältst einen Teller unter dein Brötchen, wie es sich gehört!“
Max’ Kiefer erstarrten in der Kaubewegung. Verstohlen angelte er sich einen Teller vom Stapel und zischte Paula zu: „Wie macht die das? Ich meine, hinten hat sie doch keine Augen!“
Paula zuckte mit den Schultern.
Frau Hagedorn arbeitete bei der Familie Kuckelkorn, seit Paula denken konnte, und trotzdem war die Haushälterin für sie immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Mit der Genauigkeit eines Schweizer Uhrwerks erschien sie immer gerade dann auf der Bildfläche, wenn man etwas Verbotenes tat. Für das Aufspüren von Schandtaten musste sie irgendwo einen Peilsender eingebaut haben. Paula hegte den heimlichen Verdacht, dass Frau Hagedorn eigentlich Rottenmeier hieß und aus ihrem Heidi-Buch entstiegen war.
Als könnte Frau Hagedorn-Rottenmeier Gedanken lesen, drückte sie Paula, kaum dass sie fertig gegessen hatte, auch schon Eimer und Lappen in die Hand: „Jetzt lernst du Fenster putzen!“
„Au fein“, sagte Paula, verzog das Gesicht und klatschte die Krümel von den Händen.
Den ganzen Nachmittag verbrachten Max und Paula damit, Vasen und Kerzenleuchter zu polieren.
Frau Hagedorn war unterdessen damit beschäftigt, den Staubflocken hinterherzujagen.
Es herrschte so ein Durcheinander, dass keinem der Junge auffiel, der plötzlich wie aus dem Nichts in der Eingangshalle des Schlosses aufgetaucht war. Er stellte seinen Rucksack ab und schaute sich um. Als er Max und Paula erspähte, verzog er die Lippen zu einem fiesen Grinsen.
„Wenn das nicht Kapitän Mäxchen und Paula Spidergirl sind“, höhnte er, wickelte ein dickes Schokoladenbonbon aus und ließ das Papier achtlos zu Boden fallen.
„Du bist ja schon da!“, rief Paula wenig begeistert, als sie
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