Der Schlüssel zu Rebecca
weiteren Koffer und nahm ein kleines Stück Seife, einen Pinsel, einen Spiegel und ein Rasiermesser heraus. Er steckte den Spiegel in den Sand, rückte ihn zurecht und begann, die Houli aufzuwickeln.
Der Anblick seines eigenen Gesichts im Spiegel entsetzte ihn. Seine kräftige, sonst reine Stirn war von Geschwüren bedeckt. Die Augen, vor Schmerz wie verschleiert, wirkten faltig an den Winkeln. Der dunkle Bart wuchs verfilzt und struppig an seinen feingeschnittenen Wangen, und die Haut seiner großen, gekrümmten Nase war rot und rissig. Er öffnete die verbrannten Lippen und sah, daß seine geraden, gleichmäßigen Zähne schmutzig und fleckig waren.
Er seifte den Bart ein und begann sich zu rasieren.
Allmählich kam sein eigentliches Gesicht zum Vorschein. Es war eher kräftig als attraktiv und zeigte gewöhnlich jenen Ausdruck, der, wie ihm früher einmal klargeworden war, auf ein ausschweifendes Leben hindeutete; doch nun war es einfach entstellt. Er hatte ein kleines Fläschchen Rasierwasser über Hunderte von Meilen durch die Wüste mitgenommen – nur für diesen Moment –, aber nun benutzte er es nicht, da er wußte, daß es unerträglich brennen würde. Er gab es einem kleinen Mädchen, das ihn beobachtet hatte, und das erfreut mit seiner Beute davonlief.
Achmed trug seinen Koffer zu Ischmaels Zelt und scheuchte die Frauen hinaus. Er zog sein Wüstengewand aus und legte ein weißes, englisches Hemd an, dazu eine gestreifte Krawatte, graue Socken und einen braun-karierten Anzug. Als er versuchte, sich die Schuhe anzuziehen, spürte er zum ersten Mal seine geschwollenen Füße. Es war eine Qual, sie in das harte Leder zu zwängen. Aber er konnte seinen europaischen Anzug nicht zu den behelfsmäßigen Gummisandalen der Wüste tragen. Am Ende schlitzte er die Schuhe mit seinem geschwungenen Messer auf und trug sie lose.
Er wollte mehr: ein heißes Bad, einen Haarschnitt, kühle, lindernde Creme für seine Wunden, ein Seidenhemd, ein Goldarmband, eine Flasche Champagner in einem Eiskübel und eine warme, weiche Frau. Doch darauf würde er noch warten müssen.
Als er aus dem Zelt auftauchte, schauten die Nomaden ihn an, als sei er ein Fremder. Er setzte seinen Hut auf und griff nach den beiden letzten Koffern – der eine war schwer, der andere leicht. Ischmael brachte eine Wasserflasche aus Ziegenhaut. Die beiden Cousins umarmten sich.
Achmed zog eine Brieftasche aus seinem Jackett, um seine Papiere zu überprüfen. Sein Ausweis verriet ihm, daß er wieder Alexander Wolff, 34 Jahre, Geschäftsmann und Europäer war; Adresse: Villa Les Oliviers, Garden City, Kairo.
Mit seinen Koffern machte er sich in der Kühle der Abenddämmerung auf, um die letzten Meilen der Wüste bis zur Stadt zurückzulegen.
*
Die uralte, große Karawanenstraße, der Wolff von Oase zu Oase über die weite, leere Wüste gefolgt war, führte durch einen Paß in der Gebirgskette und gingschließlich in eine befestigte Straße über. Die Straße war wie ein Strich, den Gott auf die Karte gezeichnet hatte, denn an der einen Seite lagen die gelben, staubigen, unfruchtbaren Hügel und an der anderen üppige Baumwollfelder, von Bewässerungsgräben in Quadrate eingeteilt. Die Bauern, über ihre Felder gebeugt, trugen Galabiyas, einfache Gewänder aus gestreifter Baumwolle, und nicht die schwerfälligen, schützenden Roben der Nomaden. Während er auf der Straße nach Norden wanderte, die kühle, feuchte Brise des nahen Nils roch und die häufiger werdenden Zeichen städtischer Zivilisation beobachtete, begann Wolff, sich wieder menschlich zu fühlen. Die über die Felder verstreuten Bauern beruhigten ihn. Endlich hörte er den Motor eines Autos und wußte, daß er in Sicherheit war. Das Fahrzeug näherte sich aus Richtung Assiut, der Stadt. Es kam hinter einer Kurve hervor, und er sah, daß es ein Militärjeep war. Kurz darauf bemerkte er, daß die Insassen britische Armeeuniformen trugen, und begriff, daß er eine Gefahr hinter sich gelassen hatte, nur um mit einer neuen konfrontiert zu werden.
Er zwang sich zur Ruhe. Ich habe jedes Recht, hier zu sein, dachte er. Ich wurde in Alexandria geboren, bin von ägyptischer Nationalität und besitze ein Haus in Kairo. Meine Papiere sind alle echt. Ich bin ein reicher Mann, ein Europäer und ein deutscher Spion hinter den feindlichen Linien.
Der Jeep kam in einer Staubwolke kreischend zum Stehen. Einer der Männer sprang heraus. Er hatte zwei Stoffsterne auf jeder Schulter seines
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