Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schlüssel zu Rebecca

Der Schlüssel zu Rebecca

Titel: Der Schlüssel zu Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Uniformhemdes: ein Captain. Er wirkte erstaunlich jung und hinkte.
    »Woher, zum Teufel, kommen Sie denn?« fragte er.
    Wolff stellte seine Koffer ab und deutete, ruckartig mit dem Daumen über die Schulter. »Mein Auto ist auf der Wüstenstraße stehengeblieben.«
    Der Captain nickte und gab sich mit der Erklärungsofort zufrieden: Ihm – und jedem anderen – wäre nie eingefallen, daß ein Europäer aus Libyen zu Fuß hierhergekommen sein könnte. »Ich möchte mir Ihre Papiere ansehen, bitte.«
    Wolff reichte sie ihm. Der Captain prüfte die Papiere und schaute auf. Wolff dachte: In Berlin gibt es eine undichte Stelle, und jeder Offizier in Ägypten ist auf der Suche nach mir; oder man hat die Papiere geändert, seit ich zum letztenmal hier war, und meine sind veraltet; oder ...
    »Sie scheinen müde zu sein, Mr. Wolff«, sagte der Captain. »Wie lange sind Sie schon unterwegs?«
    Wolff wurde klar, daß sein Äußeres bei einem anderen Europäer recht nützliche Sympathie erwecken konnte. »Seit gestern nachmittag«, antwortete er mit einer Erschöpfung, die nicht völlig gekünstelt war. »Ich habe mich ein bißchen verlaufen.«
    »Sie sind die ganze Nacht hier draußen gewesen?« Der Captain musterte Wolffs Gesicht genauer. »Lieber Himmel, ich glaube, es stimmt. Wir nehmen Sie am besten mit.« Er drehte sich zu dem Jeep um. »Corporal, die Koffer.«
    Wolff öffnete den Mund, um zu protestieren, machte ihn jedoch sofort wieder zu. Ein Mann, der die ganze Nacht zu Fuß unterwegs gewesen war, würde froh sein, wenn ihm jemand das Gepäck abnahm. Ein Einwand würde seine Geschichte nicht nur unglaubwürdig erscheinen lassen, sondern auch die Aufmerksamkeit auf die Koffer lenken. Während der Corporal sie hinten auf den Jeep wuchtete, fiel Wolff ein, daß er sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, sie abzuschließen. Wie hatte er so dumm sein können? Die Antwort lag auf der Hand: Er war immer noch auf die Wüste eingestimmt, wo man Glück hat, wenn man einmal in der Woche andere Menschen sieht; dort wäre niemandem in den Sinn gekommen, ein Funkgerät zu stehlen, dasan eine Steckdose angeschlossen werden muß. Wolff achtete immer noch auf die falschen Dinge: Er beobachtete die Bewegung der Sonne, schnupperte nach Wasser in der Luft, schätzte die Entfernungen, die er zurücklegte, und musterte den Horizont, als suche er einen einsamen Baum, in dessen Schatten er während der Tageshitze rasten konnte. All das mußte er jetzt vergessen und sich auf Polizisten, Papiere, Schlösser und Lügen konzentrieren.
    Er nahm sich vor, wachsamer zu sein, und kletterte in den Jeep.
    Der Captain setzte sich neben ihn und befahl dem Fahrer: »Zurück in die Stadt.«
    Wolff entschied sich, seine Geschichte auszubauen. Während der Jeep auf der staubigen Straße wendete, fragte er: »Haben Sie etwas Wasser?«
    »Natürlich.« Der Captain griff unter seinen Sitz und zog eine filzbedeckte Blechflasche hervor, die einem großen Whiskybehälter glich. Er schraubte den Verschluß ab und reichte sie Wolff.
    Wolff trank mit tiefen Zügen und schluckte mehr als einen halben Liter. »Vielen Dank«, sagte er und gab die Flasche zurück.
    »Sie sind ganz schön durstig. Kein Wunder. Oh, übrigens, ich bin Captain Newman.« Er streckte die Hand aus.
    Wolff schüttelte sie und betrachtete den Mann genauer. Er war tatsächlich jung – vielleicht Anfang Zwanzig –, mit einem frischen Gesicht, einer jungenhaften Tolle und einem raschen Lächeln. Sein Benehmen verriet jene fatale Reife, die im Kampf früh erworben wird. »Sie sind im Einsatz gewesen?«
    »Eine Zeitlang.« Captain Newman berührte sein Knie. »Hab’ mir das Bein in der Cyrenaika zerschunden. Deshalb bin ich in dieses Nest geschickt worden.« Er grinste. »Ich kann nicht behaupten, daß ich michdanach sehnte, in die Wüste zurückzukehren, aber ich würde gern etwas Wichtigeres tun, als hier, Hunderte von Meilen vom Krieg entfernt, den Aufpasser abzugeben. Die einzigen Gefechte spielen sich in der Stadt zwischen Christen und Moslems ab. Woher stammt Ihr Akzent?«
    Die plötzliche Frage, die mit den vorherigen Bemerkungen nichts zu tun hatte, überraschte Wolff. Das war ihr Zweck gewesen, wie ihm schien. Captain Newman war ein scharfsinniger junger Mann. Zum Glück hatte Wolff eine Antwort vorbereitet. »Meine Eltern waren Buren, die aus Südafrika nach Ägypten kamen. Ich wuchs mit Afrikaans und Arabisch auf.« Er zögerte, auf keinen Fall durfte er seine Karte überreizen,

Weitere Kostenlose Bücher