Der Schockwellenreiter
es nicht allzu erheblich, wie früh oder spät sie erkennen, daß sie irregeführt worden sind. Sie müßten so oder so das Netz auseinandernehmen, um zu unterbinden, was zur Zeit geschieht, stimmt's oder nicht?«
»Daran besteht kein Zweifel«, antwortete Suzy Dellinger, die Bürgermeisterin, gutgelaunt. »Nach letzter Zählung verfügen wir über vierundneunzig Ausgaben jener Finanzdaten, zu denen sie die Schlüssel geändert haben, über sechzig von den FBI-Akten, und. also, ich wüßte nichts, das nicht an wenigstens vierzig Stellen in Kopien vorhanden wäre. Und während die Regierungs-Computer sie suchen, können wir uns darauf verlassen, daß jede Menge Leute, die wir nicht kennen, sich ihrerseits eigene Kopien anfertigen.«
»Und wir dürfen froh sein, daß wir sie nicht kennen«, sagte Lorna Treves leise. Ihr Ehemann nickte mit Nachdruck.
»Ja, die Situation ist scheußlich, gewiß. Und es ist genau die Situation, auf die wir uns immer vorbereiten zu müssen glaubten, aber. Naja, die Tatsache, daß es uns regelrecht überrascht hat, ist bloß eine erneute Bestätigung für Tofflers Grunderkenntnis: Die Zukunft kommt zu schnell und in falscher Reihenfolge. Nick, wann wird man feststellen, daß Kates Wohnsitz zum Zeitpunkt des Anschlags geräumt war?«
»Auch dazu kann ich keinerlei Angaben machen. Ich hatte auf dem Weg hierher keine Gelegenheit, um mich an einem Kommunikator zu erkundigen.« Diese Auskunft verursachte von neuem allgemeine Heiterkeit.
»Für alle Fälle habe ich Vorsichtsmaßnahmen in die Wege geleitet«, sagte Ted. »Nach der Verbreitung der Pressekonferenz durch die Medien sind die Gesichter von Nick und Kate jetzt die bekanntesten auf dem gesamten Kontinent. Also soll man sie ruhig erkennen. An einem Ort nach dem anderen, manchmal an zweien zugleich. Oh, das Spielchen können wir mehrere Tage lang durchhalten.«
»Ja, Tage«, wiederholte Josch. »Na, ich schätze, es ist alles computert.«
Brad nickte. »Und beachte eines, wir lassen den größten CIMA-Pool der Geschichte schwappen.«
Ein Schweigen entstand. Kate regte sich, als sie merkte, daß niemand etwas zu sagen beabsichtigte. »Darf ich eine Frage stellen?« Ted winkte ihr auffordernd zu. »Vielleicht hört es sich irgendwie einfältig an, aber. ich möchte nun einmal gerne Bescheid wissen. Und ich glaube, das gleiche gilt für Nick.«
»Was es auch ist«, fügte Nick hinzu, »ich stimme zu. Ich bin noch immer zu neunzig Prozent auf Vermutungen angewiesen.«
»Ihr wollt die Geschichte Abgrundsdorfs hören?« brummte Ted. »In Ordnung, ich erzähle sie euch. Aber die anderen gehen wohl besser zurück an die Arbeit. Unter anderem überlastet die gegenwärtige Krise auch das Offene Ohr, und wenn wir nicht mithalten.«
»Brad kann ruhig auch bleiben«, meinte Süßwasser, als sie aufstand. »Seine Schicht ging erst vorhin zu Ende, und nach dem letzten Anruf, den er erwischte, möchte ich ihn nicht sofort wieder einsetzen.«
»Schlimm?« fragte Ted voller Anteilnahme. Der beleibte Bibliothekar schluckte mühsam und nickte.
»Bis später«, sagte Suzy Dellinger und ging voran nach draußen.
Brad lehnte sich zurück, faltete die Hände auf seinem ansehnlichen Bauch und starrte die Zimmerdecke an, die grün schimmerte. »Wißt ihr«, sagte er, »wir würden euch dies nicht so ohne weiteres verraten, hättet ihr nicht am Tag eurer Ankunft den Vorschlag Polly Ryans befolgt.«
»Was meinst du?« wollte Kate wissen.
»Nach unserer >Desasterville USA<-Erstausgabe gefragt. Wie viele Monografien besaß dein Vater?«
»Na, alle zwanzig.«
»Was für seine Begriffe, so wie für jeden anderen, eine schöne runde Zahl für so ein Werk war. Unsere Erstausgabe umfaßt jedoch eine einundzwanzigste Monografie. Jene, die kein Verleger bloß mit der Zange anfassen, die keine Druckerei setzen wollte. jene, die wir aus lauter Verzweiflung zuletzt selbst druckten und auch schon zum Vertrieb vorbereitet hatten, doch da ging eines Nachts in dem Schuppen, worin die ersten zehntausend Exemplare lagerten, eine Bombe hoch, und sie verbrannten zu Asche. Offenbar kämpften wir einen aussichtslosen Kampf. Und so.« Er seufzte.
Kate beugte sich eindringlich vor. »Womit beschäftigte sich die einundzwanzigste Monografie?«
»Sie enthielt unter anderem eine Aufzählung von Namen, Daten und Orten sowie fotografische Abbildungen entwerteter Schecks - alle erforderlichen Beweise -, die Aufschluß gaben über den Verbleib einer halben Milliarde von den
Weitere Kostenlose Bücher