Der Schoepfer
sechs Streifenwagen, die derzeit nicht in Benutzung waren, für die Patrouillen der Tagschicht bereitstanden.
Ein rundum geschlossener, fensterloser Lieferwagen stand auf dem Platz, der für die vier Wagen reserviert war, die derzeit durch die Stadt fuhren. Weder die mitternachtsblaue Fahrerkabine noch der weiße Laderaum trugen den Namen einer Firma oder irgendein anderes Erkennungsmerkmal.
Der Lieferwagen war gerade eingetroffen. Sein Fahrer stand da und sah zu, wie sich das große unterteilte Garagentor zwischen seinem Fahrzeug und der dunklen Gasse hinter dem Polizeirevier herabsenkte.
Der Arbeitspartner des Fahrers stand am hinteren Ende des Lieferwagens. Er öffnete die Tür des Laderaums und sagte zu Rafael Jarmillo und Seth Rapp: »Für die Gemeinschaft.«
»Für die Gemeinschaft«, erwiderten der Polizeichef und der Sergeant.
Zu den neunzehn Personen im Laderaum sagte der Mann: »Aussteigen.«
Unter denen, die aus dem Fahrzeug stiegen, waren Bürgermeister Erskine Potter und seine Familie. Die letzten vier waren der echte Rafael Jarmillo, seine Frau und seine beiden Söhne.
Da man sie mitten in der Nacht geweckt hatte, trugen die neunzehn Personen Schlafanzüge oder Bademäntel oder einfach nur Unterwäsche. Und jede der Personen hatte einen schimmernden silbernen Nagelkopf in der linken Schläfe.
Jessica Wanhaus, die Bibliothekarin der Stadt, trug nur einen blassblauen Slip. Sie war zweiunddreißig Jahre alt, hübsch im Vergleich zu ihresgleichen und hatte üppige Brüste.
Weder der Polizeichef noch der Sergeant – und ebenso wenig die beiden Männer, die für den Lieferwagen verantwortlich waren – ließen ihren Blick auf ihren körperlichen Reizen verweilen. Angehörige der Gemeinschaft hatten keinen Bedarf an Sex und demzufolge nicht das geringste Interesse daran.
»Kommt mit, ihr alle. Hier geht es lang«, sagte Jarmillo und kehrte zu der Tür zwischen der Garage und dem Flur zurück, an dem die Büros lagen.
In ihren Augen stand rasendes Entsetzen, und ihre Gesichter zeigten Trostlosigkeit, doch die neunzehn gehorchten dem Polizeichef ohne jedes Zögern.
Hinter einer der Türen, die von dem Flur abgingen, lag eine Treppe, die in den Keller führte. Obwohl die Gefangenen weder Handschellen noch Fesseln trugen, kehrte ihnen der Polizeichef furchtlos den Rücken zu und ging voran, als er sie an den letzten Ort führte, den sie jemals zu sehen bekommen würden.
Ein breiter Korridor teilte das fensterlose unterirdische Reich. Links davon befanden sich Lagerräume, der Heizkeller und ein Waschraum mit Toiletten. Rechts davon drei große vergitterte Zellen, jeweils mit einem empfohlenen Fassungsvermögen von zehn Personen.
Im Erdgeschoss gab es sechs kleine Zellen, in denen jeweils zwei Gefangene untergebracht werden konnten. Sie waren nur selten alle gleichzeitig belegt.
Die größeren Zellen im Keller waren nur für den Notfall gedacht, wenn die oberen Zellen nicht reichten. Sie waren speziell für den Gebrauch im Falle von Bürgerunruhen angelegt worden.
Rainbow Falls und die nähere Umgebung waren keine Brutstätten für politischen Aktivismus, und dort waren auch keine utopistischen Bewegungen beheimatet, mit dem üblichen Hang zur Gewalttätigkeit derer, die der Überzeugung sind, einen besseren Plan im Hinblick auf die Gesellschaftsordnung zu haben. Kneipenschlägereien, tätliche Angriffe auf Lebensgefährten und Fälle von Trunkenheit am Steuer waren die Verbrechen, mit denen es Rafael Jarmillo und seine Beamten in erster Linie zu tun hatten.
Da jedoch ein Zuschuss der amerikanischen Bundesregierung für mehr als die Hälfte der Baukosten des Polizeireviers aufgekommen war, umfasste das Gebäude zusätzliche Zellen, um den staatlichen Anforderungen zu genügen. Der echte Polizeichef Jarmillo hatte sich manchmal gefragt, warum die Bundesregierung darauf bestand, dass sogar die kleinstädtischen Regionen Amerikas überdimensionale Gefängnisse bauten. Ihm war es so vorgekommen, als seien diese Beamten nicht nur umsichtig, sondern als bereiteten sie ein Ereignis vor, das sie selbst vorsätzlich in die Wege leiten würden.
Dem neuen Polizeichef Jarmillo bereiteten die Absichten der Bundesregierung keine Sorgen. Die Tage der menschlichen Rasse – und somit der Bundesregierung – waren gezählt. Die Pläne von Politikern würden bald keinerlei Bedeutung mehr haben.
Die neunzehn Personen aus dem Lieferwagen wurden in zwei der großen Zellen im Keller gescheucht. Sie befolgten die
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