Der schottische Verfuehrer
ist.“
„Wie bitte?“
Die Frau sprach jetzt schnell: „Als ich letzte Nacht, ganz wie Ihr verlangt habt, Lady Isabel ihr Essen brachte, da meinte sie, sie fühle sich nicht wohl und werde heute länger schlafen. Sie bat darum, nicht geweckt zu werden. Ich glaubte ihr, dass sie Erholung nötig hatte, und tat, wie mir befohlen.“ Hilflos zerknüllte sie den Stoff ihres Gewands in den Händen. „Aber als die Glocken in der Mitte des Morgens zur Terz läuteten und sie noch immer nicht heruntergekommen war, da habe ich nachgeschaut.“ Hilflos den Kopf schüttelnd, ergänzte sie: „Sie ist weg.“
Seine Gefühle versetzten ihn in Aufruhr, und er wusste nicht, welches vorherrschte, ob Aufregung, Sorge oder Zorn. „Ihr habt die gesamte Burg durchsucht?“
„Aye. Auch die Ställe und jeden anderen Ort, der mir einge-fallen ist. Ich bin schon verrückt geworden. Zum Glück seid Ihr jetzt v/ieder da.“
Er nickte. „Ich werde sie suchen.“
„Es tut mir sehr leid, Sir Duncan.“
„Es ist nicht Eure Schuld.“ Duncan wusste nur zu genau, wer Schuld hatte. Niemand anderes als er selbst, weil er angenommen hatte, Isabel werde für keinen weiteren Ärger sorgen. Er mahnte sich zur Ruhe. Unvorstellbar, dass sie ohne ein Wort gegangen war. Nach ihrer Auseinandersetzung vom Abend zuvor hatte sie sich höchstwahrscheinlich in einen stillen Winkel von Lochshire Castle zurückgezogen, um alleine zu sein.
Einige Stunden später eilte Duncan zum Wohnturm, einer letzten Hoffnung nachgebend, nachdem die Suche nach Isabel bisher erfolglos geblieben war. Obwohl mehrere Wachen und Bedienstete ihm halfen, hatten sie sie nicht gefunden. Jetzt wollte er ein weiteres Mal im Turmzimmer nachschauen.
Er betete, dass sie dorthin zurückgekehrt war.
Als er die Wendeltreppe hinauflief, hallten um ihn herum seine Stiefeltritte von den Wänden. Mit jedem Schritt wuchs seine Anspannung. Oben angekommen, sah er, dass die Tür offen stand, wartend und einladend.
Bitte, sei da! Mit diesem Gedanken stürzte Duncan in das Gemach.
Es war leer.
Die Stille des Raums schien aufgeladen zu sein mit sinnlichen Erinnerungen an Isabel, wie sie in seinen Armen lag. Wie sie nackt vor ihm stand. Wie die Lustschauer sie bei jeder seiner Berührungen erbeben ließen.
Duncan schüttelte die Bilder ab, wütend, weil sie ihn nicht in Ruhe ließen und weil auch Isabels Duft ihn noch immer verfolgte. Die Elfen über ihm schienen zu leuchten. Er schaute sie finster an, dabei spürte er plötzlich, wie das Saphir-Amulett um seinen Hals warm wurde. Mit klopfendem Herzen blieb er regungslos stehen, denn ihm fiel ein, dass Nichola, als sie damals geflohen war, einen halben Stein aus der Schale mitgenommen hatte, das Gegenstück zu Alexanders Amulett. Daraufhin hatte er gemeinsam mit Seathan den mittleren Bruder damit aufgezogen, es wäre ein Zeichen der Vorsehung, dass sie sich gerade für diesen Stein entschieden hatte.
Aber jetzt, da die Elfen über Duncan zu atmen schienen und die Atmosphäre des ganzen Raums vibrierte, glaubte er selbst an solche Zeichen der Vorsehung.
Nein, das war unsinnig. Schau nach in der Schale, und du wirst sehen, dass es nichts als ein Scherz von Seathan und dir war, auf Kosten von Alexander. Nicht gerade etwas, auf das ihr stolz sein könnt. Duncan atmete tief ein und aus. Dann drehte er sich zu dem Tisch neben dem Bett.
Das Gegenstück zu Seathans Moosachat lag in der Schüssel. Alleine.
Panik ergriff ihn, die er sogleich zu beruhigen versuchte. Nun gut, Isabel hatte vermutlich die andere Hälfte seines Saphirs genommen, aber das bedeutete nichts. Absolut nichts.
Außer, dass sie gegangen war. Das war das Entscheidende, und es war einfach nur lächerlich, darin ein Zeichen der Vorsehung zu sehen.
Duncan fragte sich, wann sie wohl aufgebrochen war. Gestern Nacht? Am Morgen? Es hatte kein Pferd gefehlt, das hatte er überprüft - was bedeutete, dass sie so leichtsinnig - oder so verzweifelt - war, zu Fuß aufzubrechen. Bei dem Schnee, mit dem sie draußen zu kämpfen hatte, konnte sie noch nicht weit gekommen sein.
Durchs Fenster betrachtete er das dichte Schneetreiben, in dem sich in der Ferne der Wald abzeichnete. Was wollte Isabel mit ihrem Aufbruch beweisen?
Er lief die Turmstufen herab und eilte nach draußen. Der herbe Wind schlug ihm ins Gesicht, er stahl sich durch jede kleinste Öffnung in der Kleidung und drang wie Nadelstiche in die Haut, was Duncans Wut regelrecht anfeuerte. Bei diesem Wetter war Isabel
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