Der schottische Verfuehrer
Wind sofort auseinandertrieb. Duncan hätte es als ein Märchen aus der Vergangenheit abgetan, wenn ihm jemand anderes eine solche Geschichte berichtet hätte - eine Frau, die zurück zu einem derart grausamen Geliebten wollte. Doch es war die Realität, auch wenn der Gedanke an ihre Heimkehr zu Frasyer für ihn schier unerträglich war.
Hatte er etwa noch immer nicht verstanden, wie unwiderstehlich Macht und Reichtum Isabel anzogen? Beides besaß Frasyer im Überfluss, anders als er, der einfache Ritter. Trotzdem wurde er nach ihren glühenden Küssen die Überzeugung nicht los, dass noch etwas ganz anderes dahintersteckte.
Und warum hatte Symon Pläne der Rebellen an die Geliebte des Feindes weitergegeben? Aye , sie war seine Schwester, aber Duncan hatte gesehen, wie sein Freund sich geschämt hatte, wenn man ihren Namen nur nannte, nachdem sie sich für Frasyer entschieden hatte. Ihr Vater wiederum hatte sich nach der schändlichen Wahl seiner Tochter völlig zurückgezogen.
Obwohl Vater wie Bruder also offensichtlich Isabels Verhalten verabscheuten, hatten sie sich dennoch nicht nur heimlich mit ihr getroffen, sondern sie hatten ihr auch Geheimnisse über die Rebellen verraten, von denen niemand aus dem Umfeld der Feinde etwas wissen durfte. Nur Isabel hatte davon bis in alle Einzelheiten erfahren.
Duncan versuchte diesen unzusammenhängenden Teilen ei-nen Sinn abzugewinnen. Ohne Erfolg. Wenn er doch nur mit Symon sprechen könnte, damit dieser ihm erklärte, was zum Teufel das zu bedeuten hatte. Er starrte auf den schneebedeckten Weg, der vor ihm lag, dabei knetete er geistesabwesend die Zügel in den Händen. Isabel hatte, aus welchem Grund auch immer, nichts zu alldem gesagt, daher versprach er sich erst von Lord Caelin Antworten. Zuvor mussten sie ihn aber erst einmal befreien.
Er dirigierte das Pferd durch eine Lücke zwischen den mächtigen Tannen. Vor ihm öffnete sich die Aussicht auf das Feld, das völlig unterm Schnee verschwunden war. Eingerahmt vom zugefrorenen See erhob sich, nicht mehr weit entfernt, Lochshire Castle, auf dem er seit seiner Jugend lebte. Eine imposante Festung, die noch nie jemand hatte erobern können. Leider boten Stein und Mörtel nur wenig Schutz vor den Dingen, die seine Gedanken Umtrieben.
Und sein Herz.
Verdammt! Duncan trieb das Pferd zum Galopp und ritt gegen den Wind an, die raue Winterluft und die beißende Kälte begrüßend, halfen sie doch gegen seine Grübeleien, die reine Zeitverschwendung waren. Isabels Taten und Worte ließen keinen Zweifel, dass sie ihre Meinung nicht ändern würde, nur um mit ihm zusammenzubleiben.
Sobald er auf der Burg ankam, würde er noch ein letztes Mal nach ihr sehen, um sich still zu verabschieden. Er konnte nicht weitermachen wie bisher, gefangen in einem Zustand ständiger Verwirrung, was seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche betraf.
Beim ersten Morgenlicht des kommenden Tages würde er dann gemeinsam mit einem weiteren Ritter nach Moncreiffe Castle aufbrechen, um die Bibel zu suchen. Er kannte nun jeden Winkel von Frasyers Burg und wusste immerhin, wo sie die Heilige Schrift nicht finden würden - etwas, was ihnen sehr nützen würde. Isabel würde bestimmt vor Zorn beben, kehrten sie mit der Bibel zurück, ohne dass sie auch nur wusste, dass er aufgebrochen war. Aber ihr Zorn war für ihn nicht länger von Bedeutung. Sein einziges Ziel war es jetzt, das Leben von Lord
Caelin zu retten. Wenn ihr Vater in Sicherheit war, verstand sie vielleicht, dass man sein Leben nicht an jemanden verschwenden sollte, der es nicht wert war, sondern dass man selbst für sein Schicksal Verantwortung zu tragen hatte.
Dann, so hoffte Duncan, würde sie zu ihm zurückkehren.
Sein Herz war schwer, als er durch das Torhaus hin zu den Ställen galoppierte.
Ein Junge kam angerannt und griff nach den Zügeln.
„Vielen Dank“, sagte Duncan, als er abstieg, seine linke Seite schonend, die bei Bewegungen noch immer empfindlich war.
„Sir Duncan“, begrüßte ihn eine ältere Frau beim Eintritt in die Burg.
Er nickte. Es war die Magd, die er am Tag zuvor gebeten hatte, Isabel Essen heraufzubringen. Ihr sorgenvoller Ausdruck ließ ihn innehalten. „Was habt Ihr?“
„Es geht um Lady Isabel.“
Duncan kannte nur zu gut Isabels Sturheit. Er warf einen Blick zur Treppe. „Ich werde mich um sie kümmern.“
„Das ist es nicht.“ Die Frau stockte. Ein Schauer der Vorahnung lief Duncan den Rücken herunter. „Ich weiß nicht, wo sie
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