Der Schrecken aller Geister
verfehlt.
Pinsel knurrte leise und setzte sich so, daß er im Falle einer Gefahr wie eine Rakete nach unten ausreißen konnte.
Balduin Pfiff legte die restlichen elf knarrenden Stufen zurück.
„Ich habe noch nie gehört, daß sich Gespenster in der Badewanne aufhalten!“ murmelte er und setzte den Korb mit den Mottenkugeln auf die oberste Stufe. Dann schaltete er das Licht aus und preßte sein Ohr gegen das Holz der Bodentür.
„...und ich prophezeie dir, deine Zeit ist vorbei, deine Uhr ist abgelaufen!“ sagte eine männliche Stimme, und es klang, als spräche sie mit einem Plastikeimer über dem Kopf.
Eine weibliche Stimme antwortete, und auch sie klang, als säße die Besitzerin unter einem Faß: „Glaubst du denn wirklich, daß ich allein hierher gekommen bin, Viktor? Irrtum! Du sitzt in der Falle!“
„Deine Späße sind hinreißend, Mathilda. Da hockst du nun gefesselt in einer Badewanne und sprichst von Falle, hahahaha!“
„Ich bin nicht allein!!“ kreischte sie. Und er: „Das Schöne dabei ist, daß du schreien kannst und niemand dich hören wird.“
„Kanaille!“ rief sie.
„Klock-Klock-Klock-Klock...“ Balduin Pfiff zuckte zusammen.
Dieses neue Geräusch kam aus seiner nächsten Umgebung.
„Klock-Klock-Klock-Klock-Klock..
Was war das? Heiliges Kanonenröhrchen, was „klockte“ denn da?
„Klock-Klock-Klock-Klock-Klock..
„Ich werde jetzt das Badewasser aufdrehen, Mathilda. Wenn deine Leute noch was von dir sehen wollen, müssen sie sich beeilen...“
Auf dem Dachboden begann das Badewasser in die Wanne zu rauschen.
„Klock-Klock-Klock-Klock...“ machte es nach wie vor neben Balduin Pfiff. Und weil dieses „Klock-Klock“ dem Detektiv noch mehr an die Nerven ging als die seltsame Unterhaltung zwischen zwei offensichtlich bösen, hinterhältigen Gespenstern, schaltete er kurz entschlossen das elektrische Licht im Treppengang ein.
„Klock-Klock-Klock-Klock...“
„O Pinsel, was bist du nur für ein Hund!!“ fauchte Balduin seinen kleinen vierbeinigen Freund an.
Was da „Klock-Klock“ machte war nichts anderes als Mottenkugeln. Sie fielen von Stufe zu Stufe, nachdem sie Pinsel aus dem Korb gefischt und ihnen einen Schubs gegeben hatte.
„Blöbb-Blöbb-Blöbb-Blöbb“ machte Pinsels Stummelschwanz fröhlich, glaubte der schwarzstrubbelige Kobold doch, daß Balduin Pfiff die gleiche Freude über die hüpfenden Kugeln empfinden würde.
Der Detektiv packte das Körbchen und stellte es mit einem grimmigen Zischlaut zur Seite. Dann preßte er sein Ohr wieder an die Bodentür.
„Stell das Wasser ab!!“ schrie gerade die Gespensterfrau.
„Haha... sieht das gut aus. Mathilda steht das Wasser bis zum Hals!“ rief das hundsgemeine Gespenst namens Viktor dumpf zurück.
„Schurke, Schuft, Gangster, Halunke, Gauner, Lump, Feigling!“ keuchte Mathilda.
Balduin Pfiff drückte seinen Kopf noch fester gegen das Holz und vermeinte das Brodeln und Sprudeln des „Wasserkampfes“ zu hören. Seltsam, was solchen Geistern in Augenblicken höchster Gefahr noch an Schimpfworten einfiel. Aber dieser Viktor war auch nicht von Pappe.
„Sag mir, wie dein Verbindungsmann heißt, und ich stelle das Wasser ab!“ sagte der.
„Niemals...“ gurgelte es aus der Wanne. Eigentlich müßte das Naß bald durch die Dachbodentür sickern. „Niema…“ und dann Husten. Sicher wollte sie „niemals“ sagen, bevor ihr das Wasser in den Mund floß. Arme Mathilda!
Und dann passierte es.
Beim plattfüßigen Hyronimus, für einen Augenblick glaubte der kleine rundliche Detektiv, sein letztes Stündlein sei gekommen.
Die Tür wurde von innen aufgerissen, und Balduin stürzte, wie von einer riesigen Hand gezerrt, auf den Dachboden. Er rief „Au!!!!“, als er mit der Stirn auf Stein aufschlug, und er hielt den Atem an, als dicht neben seinem Ohr eine dumpfe Stimme warnte: „Eine falsche Bewegung und ich schieße!“
Das Wasserrauschen hatte aufgehört, und Mathilda rief: „Schieß ihm zwei Gucklöcher in die Waden, dann wird ihm das Spionieren ein für allemal vergehen! Anschließend le...“
Was anschließend geschehen sollte, erfuhr Balduin Pfiff nicht mehr, denn die Geisterstimmen waren schlagartig verstummt. Dafür drang ein weit entferntes, undeutliches Gemurmel an sein Ohr.
Vorsichtig hob er den Kopf.
„Ei der Daus, mir wächst ‘ne Beule!“ stellte er fest, als seine tastende Hand über die Stirn strich.
Es fiel genügend Licht vom Treppenaufgang herein, um ihn die
Weitere Kostenlose Bücher