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Der Schreiber von Córdoba

Der Schreiber von Córdoba

Titel: Der Schreiber von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Little
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häufiger betrachtete man die übrig gebliebenen Juden, die Conversos und die Mudéjares als Nicht-Spanier. Die Krone und die Kirche, die einst von dem aufrichtigen Wunsch geleitet schienen, den christlichen Glauben zu verbreiten, waren nun wie besessen von der Idee der »Reinheit des christlichen Blutes«.
    Im Jahr 1482 wurde das Heilige Offizium der spanischen Inquisition ins Leben gerufen. Sein Zweck war, Ketzerei gegen den katholischen Glauben aufzuspüren. (Unter Ketzerei verstand man eine Praxis, einen Glauben oder auch nur eine Meinung, die nicht mit der als gültig angesehenen Lehre übereinstimmten.) Seine Methode bestand darin, jeden spanischen Christen, auf den auch nur der Verdacht einer solchen Ketzerei fiel, zu verhaften, zu foltern und zu bestrafen. Die konvertierten Juden saßen in der Falle. Obwohl sie nun dem Gesetz nach Christen geworden waren, konnte die Inquisition ihnen den Prozess machen, weil sie nicht christlich genug waren.
    Mit sogenannten Glaubensedikten forderte man die Leute auf, ihre Freunde, Nachbarn und Verwandten der Ketzerei zu bezichtigen. Aus der Bevölkerung wurden familiares ausgewählt und dazu bestimmt, ihre Mitbürger zu bespitzeln und anzuzeigen. Schon so einfache »Verstöße« wie die Weigerung, Schweinefleisch zu essen (was den Juden verboten ist), konnten jemanden – besonders einen Converso – hinter Schloss und Riegel bringen. Tausende von Menschen wurden bei riesigen Spektakeln, die man »Autodafé« nannte, lebendig auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Und die Richter des Offi-ziums verlangten normalerweise keine Beweise. Wer gegen jemanden einen Groll hegte, konnte ihn für Fehltritte anschwärzen, die er vielleicht gar nicht begangen hatte.
    Bis dahin waren die Mudéjares nicht den gleichen Verfolgungen ausgesetzt gewesen, vielleicht, weil es im Süden und Osten mächtige maurische Königreiche gab, die den spanischen Muslimen zu Hilfe eilen konnten. Aber die Inquisition, die auch das Vermögen ihrer Gefangenen einzog, hatte Kastilien reich gemacht. Es war jetzt stark genug, das maurische Granada anzugreifen, das dritte Königreich auf der Spanischen Halbinsel. Es war das letzte Stück des Puzzles, das Isabella und Ferdinand zu vervollständigen suchten. Sie wollten ein vereinigtes christliches Spanien unter ihrer Herrschaft erreichen. Mit dem »Spanien der drei Kulturen« war es vorbei. Der Krieg der sogenannten heiligen Reconquista führte zum Sieg.

Eins
    RAMÓN
    Córdoba, Kastilien
1485–1486

Papas Credo für Schreiber
    Ein Schreiber macht viel mehr
    als einfach nur Wörter abschreiben.
    Er lässt Welten
    lebendig werden.
    Sei stolz auf deine Kunst.
    Übe Sorgfalt.
    Nimm dir Zeit.
    Ein guter Schreiber ist ein Krug.
    Ein Krug nimmt Wein auf
    und verliert keinen Tropfen.
    So müssen Schreiber
    mit Worten umgehen, die sie aufnehmen.
    Schau sie genau an.
    Wenn dir auch nur eines entgeht,
    ist es fort. Vielleicht für immer.
    Du musst auch auf das achten,
    was du ausgießt.
    Deine Hand muss ruhig sein.
    Meide, was sie zum Zittern bringt.
    Wein trinken – das ist eine Ursache.
    Mädchen nachstellen eine andere.
    »Und wenn der Krug
    einen Sprung bekommt?«, frage ich.
    »Dann ist er zu nichts mehr nütze«, sagt Papa.
    »Keine Angst. Schau her!«
    Er streckt eine Hand aus, die leicht vibriert.
    »Sechzig Jahre alt und nie ein Zittern.«
    Ich versuche, mit ihm zu lachen.
    Aber wir wissen beide, sein ganzer,
    gesegneter Körper ist neuerdings zittrig.
    Papa tut, als bemerke er
    meine Sorge nicht. Fest legt er mir die Hand auf die Schulter.
    »Vor allem, Ramón,
    musst du immer wahrhaftig sein.«
      
    Unser neues altes Zuhause
    Córdoba.
    Blühend schon mindestens seit der
    Römerzeit. Sogar Herakles,
    der große Grieche, hat meine Stadt
    geliebt.
    Als die Mauren al-Andalus eroberten,
    wählten sie das schöne Córdoba, umflossen vom Guadalquivir,
    wie selbstverständlich zum Sitz ihres Kalifats.
    Es wurde die Heimat des Oberhaupts aller Muslime,
    des Kalifen.
    Aber die Mauren wurden schon vor langer Zeit besiegt.
    Seither ist Córdoba ein Juwel in den Kronen
    unserer christlichen Könige. Und jetzt ist Isabella,
    unsere huldvolle Königin, hierhergekommen.
    Sie hält im mächtigen Alcázar Hof.
    Ich kann an seine Tore gehen,
    mit zweitausenddreiunddreißig Schritten.
    Inmitten all dieser Pracht müssen wir Benvenistes
    unsere Tage jetzt dort hinbringen,
    wo einst die Diener gewohnt haben.
    Unsere stickigen Räume ducken sich wie Bettler
    tief in den hinteren Teil

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