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Der Schritt hinueber - Roman

Der Schritt hinueber - Roman

Titel: Der Schritt hinueber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Tumler
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etwas machte ihm doch die Augen noch wacker, so daß die Kette nicht ganz am Boden schleifte, es riß ihn hoch! Er brütete nicht mehr; er dachte an Susanna. Aber, ach Gott, auch mit ihr war es nicht einfach.
    Axel von Wilnow war vierzig Jahre alt, er hatte in früheren Jahren einige Abenteuer hinter sich gebracht, auf Reisen etwa, ohne Namen; und er war auf Brautschau gewesen, bei Nachbarn oder entfernten Cousinen; diese beiden Möglichkeiten waren immer getrennt geblieben bei ihm: die eine romantisch, – die andere eindeutig nüchtern, und auf eine angemessene Lebensführung ausgerichtet. Lebensführung hieß: Besitz, Familie, Kinder – Zukunft, damit alles weiterginge.
    Aber dann, und hier! Früher habe ich überhaupt nicht gewußt, was das ist. Man wird ein anderer Mensch, – die Welt bekommt Farbe, Bewegung, – innerlich sieht man das, man macht sich Bilder; und die Zeit, – früher habe ich kaum gewußt, wie sie vergeht, jetzt zähle ich nach Tagen, „bestimmte Tage“ – ich kann mir gar nicht vorstellen, was ich eigentlich machen sollte mit all dem, wenn ich Susanna nicht hätte. Aber: hab ich sie denn?
    Er fühlte in seiner Tasche ihren Brief. Ein Schulkind, von Fini geschickt, hatte ihn gegen Abend gebracht – mit einem Tag Verspätung, gestern früh war er geschrieben worden. Axel fragte sich: was soll das bedeuten, dieser Brief, er enthält doch eigentlich nichts. Gewiß, sie schreibt, ich soll diesmal den „bestimmten Tag“ bei Fini ja nicht versäumen. Aber warum sollte ich das, und warum schreibt sie da eigens? Und hier noch: ich muß dich sprechen!
    Er war unruhig. Briefe, das hatten sie ausgemacht, sollten nur in den allerdringendsten Fällen geschickt werden. Was war hier dringend?
    Er starrte auf die graue Fichtenwand und dachte nach. Und dann richtete er sich so plötzlich auf aus seinem Grübeln, daß die Hündin Hexe von den Steinen sprang und sich an ihn schmiegte – vielleicht war es etwas, das ihn und Susanna allein anging?
    In dieser Verfassung traf der Müller ihn an, ein betrunkener Mann einen aufgeregten Mann, der deshalb auch aufgelegt war, zu trinken. Aber der Müller mußte den Steinkrug noch ein zweites Mal füllen im Keller, ehe er sich getraute, seine Geschichte vorzubringen. Keine Geschichte, sagte er, nur von Frau Jorhan eine Neuigkeit, sie sei vom Bemelman weg heute morgen!
    Weg, sagte Axel, aber wieso denn, sie habe ihm doch eben gestern erst einen Brief geschrieben!
    Ja, wieso, das wisse er auch nicht recht, antwortete der Müller. Bemelman habe da so etwas erzählt, daß Frau Jorhan oben auf dem Hof keine Ruhe mehr gehabt habe. Da sei immer einer gekommen, nicht einer von den Soldaten im Dorf, sondern einer aus dem Nachbarrayon, ein Leutnant.
    Axel sah den Müller aufmerksam an. Der aber wich nun aus, er tat, als fiele ihm das jetzt erst ein: natürlich, der Bemelmanhof gehöre ja da hinüber ins Nachbarrayon, deshalb sei er doch auch die richtige Zuflucht gewesen für Frau Jorhan damals, als ihr der Kapitän das Dorf verboten habe – der Müller wollte ablenken auf Rayon-Einteilung, endlich bemerkte er, daß den Herrn die Neuigkeit verstörte, – nein, das hatte er vorher nicht berechnet!
    Aber dann mußte er doch sprechen, denn Axel sprang auf und erklärte, er wolle – jetzt sei es halb neun – ins Dorf gehen, ins Wirtshaus, vielleicht treffe er dort den Bemelman noch an.
    Gnädiger Herr, sagte der Müller, und verfiel unwillkürlich in den Ton aus früheren Zeiten, wenn gnädiger Herr mir zuhören wollen, mit diesem Bemelman kann man nicht reden, er sieht etwas oder sieht es auch nicht, und weiß nicht, was er sagt. Wenn Sie schon gehen, dann lieber zur Fini. Und wenn Sie schon ins Wirtshaus gehen, dann hören Sie nicht auf Bemelman und die Leute, was die erzählen, hören Sie jetzt einmal mir zu …
    Bemelman und die Leute, – so schwirrte es Axel in den Ohren, als er eine Weile später hinter seiner Hündin Hexe, die lautlos dahinlief, den Fußsteig dorfzu ging. So schnell hatte er den Weg noch niemals zurückgelegt, schien es ihm; das kam davon, daß sich ihm immerfort diese Bruchstücke einer Geschichte vorstellten, die ihm der Müller soeben in vorsichtigen beschwichtigenden Worten eingeträufelt hatte. Aus Besorgnis hatte er es getan, aus dieser wichtigtuerischen Besorgnis des Betrunkenen, der sich einbildet, etwas Gutes zu stiften. Er hätte ja den Herrn nicht so laufen lassen können, weiß Gott, wem der da begegnete.
    Aber Axel begegnete nur sich

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