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Der Schritt hinueber - Roman

Der Schritt hinueber - Roman

Titel: Der Schritt hinueber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Tumler
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entdecken, daß du zwei Leute hier versteckt hast?
    Das war eben der Augenblick, in dem drinnen in der Stube der Leutnant Kolja laut schrie: Kosanna! und dazu das Schnapsglas hob, während am Herdfeuer in der Küche die Eier brutzelten, und: Kosanna! schrie er nochmals, so daß sein weißbeflaumtes Kinn vor Anstrengung zitterte und ihm die Adern am Halse hervortraten. – Susanna mit von der Flamme heißem Gesicht und den Geschmack von Rauch im Mund, sah es durch die Tür, wie er breitbeinig dastand und rosig dampfte und nun doch wie ein Vergifteter taumelte. Aber es machte ihm nichts aus, er breitete die Arme auseinander, und seine Leute stützten ihn und hielten ihn aufrecht. Er griff in die Luft, und es sah aus, als zöge er unsichtbar Versammelte zu Zeugen in seine Arme.
    Er gebot Schweigen, streckte die Hand aus und sagte:
    Nun seht alle auf Kosanna!
    Es ist meine Kosanna, und keine ist wie sie!
    Ihr seht, daß sie gut ist.
    Sie hat nichts genommen von ihrem Bauern.
    Sie hat nicht erlaubt, daß wir nehmen.
    Und doch, sie hat uns gegeben!
    Dann rannen ihm die Tränen aus den hellen Augen. Er war sehr betrunken, und Susanna kam es nicht so vor, als wäre er sich seiner Worte bewußt. Aber darin täuschte sie sich. Sie erfuhr es am anderen Tag. Da war es eben diese Erfahrung: Vertrauen in die Frau, sie hat uns gegeben! die es bewirkte, daß sich der Leutnant Kolja in ihre Hand gab, wie sie es von ihm verlangte.
    Hoher Sommer, Mitte August noch immer, nur daß die Abende nicht mehr so lang hell waren, aber morgens ging der Tag früh auf über einer dünnen Nebelschicht, die auf den Wiesen lag, und über weißem Tau, ein Tag so schön wie der andere – auf dem Bemelmanhof war es Alltag nach der Ausschweifung der Gäste, und nun mußte Susanna für ihre Dienste bezahlen. Bemelman trat zu ihr in die Stube und sagte ihr, daß es doch so nicht weitergehe, und sie sah ihm an, daß er nur ihretwegen sprach, aus Sorge, weil sie doch hier keine Ruhe habe vor diesem Kolja, ob sie nicht anderswo mehr Ruhe finden könne, zum Beispiel in der Mühle drunten.
    Sie sah ihn groß an, sie antwortete nicht. Aber zum Frühstück kam sie mit einem Brief, und den Brief, so bat sie nun, solle Bemelman, wenn er mit der Milch ins Dorf fahre, bei der Fini abgeben.
    Sie kennen doch das Haus, – die Fini, die früher bei mir im Dienst war. In die Mühle, nein, da kann ich nicht hin. Aber vielleicht weiß die Fini, ob es im Dorf wieder geht, wenn es dort nicht mehr so arg ist, vielleicht kann ich wieder zurück!
    Bemelman zeigte den Brief der Bäuerin. Die schalt ihn aus. Hättest du sie doch in Ruh gelassen! Jetzt meint sie wirklich, wir wollten sie weghaben! Und dabei nützt sie uns doch nur! Wenn sie nicht wäre, und wenn Kolja nicht zu ihr käme, die anderen hätten uns längst geplündert!
    Am Vormittag fuhr Bemelman ins Dorf. Unterwegs im Wald, als ihn die Fichtenwand deckte, öffnete er den Brief. Da sah er, daß darin ein zweiter kleinerer Brief war, ein zugeklebtes Stück Papier, das war für Herrn Axel von Wilnow. Diesen zweiten Brief getraute sich Bemelman nicht zu öffnen. Es kam ihm auch nicht wichtig vor. Denn in dem Brief an Fini stand nichts von „wieder ins Dorf zurück“, es stand vielmehr: Liebe Fini, können Sie diesen Zettel in die Mühle bringen, oder Herr von Wilnow kommt ja wohl selber herüber an dem „bestimmten Tag“!
    Bemelman dachte: aha, sie will also doch zu ihm in die Mühle, nur will sie es nicht sagen, weil die Leute schon genug reden von ihr und von ihm! Dieser Schluß leuchtete auch der Bäuerin ein, als Bemelman mittags zurückkam und ihr in der Küche die Neuigkeit erzählte. Sie sagte: Da wollen wir auch gar nicht davon sprechen zu ihr; wir tun, als ob wir nicht wüßten, daß sie in die Mühle will!
    Nachmittags wanderten die Laubschatten und Sonnenkringel über das Kinderställchen unterm Nußbaum und über Susannas Kleid und ihre bloße Haut. Die warme Luft tat ihr wohl, aber es kringelte sie die Langeweile, sie spähte umsonst von ihrem Platz an der Holzhütte in die Mulde. Sie unterhielt sich mit den brandigen schlaffen Blättern auf dem Baum, ihr Rascheln war für sie Antwort; wenn eines fiel, verging die Zeit.
    Aber mit dem Kalender kam sie nicht recht weiter. Sie nahm ihn auf, legte ihn wieder weg, schlug ihn nochmals auf, und versuchte, die Tage zu zählen. Aber die scharfe Sonne machte das Papier weiß, es blendete sie in den Augen, da kam es ihr vor, als wäre es ein leeres Blatt. Sie

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