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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Residents.«
    »Bis auf die Residents. Weil sie nicht dort gewesen sind, wo die anderen waren. Wo etwas mit den anderen passiert ist. Die Wale, die den Schlepper versenkt haben ... Ich sag's euch! Die Antwort liegt draußen.«
    »Mein Gott, Leon.« Ford lehnte sich zurück und ließ einen großzügigen Schluck Wein die Kehle heruntergurgeln. »In welchem Film sind wir denn jetzt gelandet? Gehet hin und bekämpfet die Menschheit?«
    Anawak schwieg.
    Auf Dauer brachte sie das Video der Frau nicht weiter.
    Als er spätabends im Bett seines kleinen Apartments in Vancouver lag, ohne Schlaf zu finden, reifte in Anawak der Gedanke, einen der veränderten Wale selber zu präparieren. Was immer die Tiere übernommen hatte, es beherrschte sie nach wie vor. Mit Kamera und Sender versehen, würde eines davon vielleicht die dringend erforderlichen Antworten liefern.
    Die Frage war, wie sie etwas an einem wild gewordenen Buckelwal befestigen sollten, wenn schon die friedlichen kaum stillhielten?
    Und dann dieses Problem mit der Haut...
    Einen Seehund zu bestücken war etwas völlig anderes, als einen Wal mit einem Sender zu versehen. Seehunde und Robben ließen sich problemlos auf ihren Ruheplätzen fangen. Der biologisch abbaubare Kleber, mit dem die Sender befestigt wurden, haftete im Fell, trocknete schnell und löste sich irgendwann durch einen integrierten Auslösemechanismus. Spätestens beim alljährlichen Fellwechsel verschwanden auch die Klebstoffreste.
    Aber Wale und Delphine hatten kein Fell. Es gab kaum etwas Glatteres als die Haut von Orcas und Delphinen, die sich anfühlte wie ein frisch gepelltes Ei und mit einem dünnen Gel überzogen war, um Strömungswiderstände auszuschließen und Bakterien fern zu halten. Ständig wurde die oberste Hautschicht ersetzt. Enzyme lösten sie, sodass sie bei Sprüngen in großen, dünnen Fetzen abfiel – mitsamt allen unerwünschten Bewohnern und Sendern. Und die Haut von Grau- und Buckelwalen bot kaum besseren Halt.
    Anawak stand auf, ohne Licht zu machen, und trat zum Fenster. Das Apartment lag in einem der älteren Hochhäuser mit Blick auf Granville Island, und er konnte auf die glitzernde, nächtliche Stadt blicken. Nacheinander ging er die Möglichkeiten durch. Natürlich gab es Tricks. Amerikanische Wissenschaftler griffen zu einer Methode, bei der Sender und Messgeräte mit Saugnäpfen befestigt wurden. Unter Zuhilfenahme langer Stangen setzten sie die Sonde vom Boot auf nahe schwimmende oder in der Bugwelle reitende Tiere. Das ging oft genug daneben. Immerhin ein Weg. Allerdings widerstanden auch die Saugnapf-Sender dem Strömungsdruck nur wenige Stunden. Andereklemmten die Geräte an die Rückenflosse. Hier wie da stellte sich die Frage, wie man in diesen Tagen überhaupt mit einem Boot an einen Wal gelangen sollte, ohne sofort versenkt zu werden.
    Man konnte die Tiere betäuben ...
    Alles viel zu kompliziert. Außerdem würden Fahrtenschreiber nicht reichen. Sie brauchten Kameras. Satellitentelemetrie und Videobilder.
    Plötzlich kam ihm eine Idee.
    Es gab eine Methode.
    Sie erforderte einen guten Schützen. Wale gaben großflächige Ziele ab. Dennoch empfahl sich jemand, der wirklich schießen konnte.
    Mit einem Mal war Anawak wie im Fieber. Er hastete zum Schreibtisch, loggte sich ins Internet ein und rief nacheinander verschiedene Adressen auf. Ihm war eine weitere Möglichkeit eingefallen, von der er gelesen hatte. Eine Weile kramte er in einer Schublade mit Zetteln, bis er die Internet-Adresse des Underwater Robotics & Application Laboratory Teams in Tokio gefunden hatte.
    Nach kurzer Zeit wusste er, wie es funktionieren konnte.
    Sie mussten die beiden Wege koppeln. Der Krisenstab würde einen Haufen Geld in die Hand nehmen müssen, aber augenblicklich schien man davor nicht zurückzuschrecken, solange es der Klärung der Probleme diente.
    In seinem Schädel kreiste es.
    Gegen Morgen fand er endlich Schlaf. Sein letzter Gedanke galt der Barrier Queen und Roberts. Auch so eine Sache. Der Manager hatte ihn nicht zurückgerufen, trotz mehrfachen Nachfragens. Er hoffte, dass Inglewood wenigstens die Proben nach Nanaimo geschickt hatte.
    Und was war überhaupt mit dem Bericht?
    Er würde sich nicht damit zufrieden geben, ständig abgewimmelt zu werden.
    Was wollte er morgen alles tun?
    Ich werde wohl nochmal aufstehen und mir Notizen machen, dachte er. Dass ich als Erstes ...
    In derselben Sekunde schlief er ein, zu Tode erschöpft.

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    20. April
    Lyon,

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