Das Geheimnis der schönen Catherine
Kapitel 1
Batavia auf der Insel Java, 1815
»Versprich es!« Der Sterbende packte sie am Unterarm.
»Verdammt, nun versprich es mir schon endlich, Mädchen!« Catherine Smith zuckte zusammen und sah hinab auf die dünnen, eleganten Finger, die sich unerwartet schmerzhaft in ihr Fleisch gruben. Ihr Vater hatte immer noch Hände wie ein Gentleman: weiß, weich und aristokratisch. Selbst der schlichte Ring wirkte schon zu schwer für sie. Es waren vornehme Hände, wie geschaffen dazu, die Hand einer Dame zum Kuss an die Lippen zu führen oder galante Geschichten mit amüsanten Gesten zu untermalen. Blau geäderte, feine Hände, denen harte Arbeit erspart geblieben war. Hände, die ungemein geschickt Karten mischen und austeilen konnten … Catherine biss sich auf die Lippen und versuchte, ihm den Arm zu entwinden. »Versprich es mir!« Catherine schwieg. Mit der anderen Hand nahm sie ein Leinentuch und wischte ihm den dünnen Blutfaden vom Mundwinkel. »Herrgott, nun stell dich nicht so an!« Forschend sah er ihr ins Gesicht. »Du hast das doch schon Hunderte von Malen gemacht. Was verlange ich denn groß von dir?« Die junge Frau schüttelte den Kopf.
»Ich kann nicht, Papa.« Mit einem angewiderten Schnauben ließ er ihren Arm los. »Pah, warum frage ich dich überhaupt? Meine Tochter!« Sein verächtlicher Ton ging Catherine durch Mark und Bein. »Das einzige Kind, das mir noch geblieben ist! Und das will mir nicht helfen!«
»Schsch, Papa, rede nicht so viel. Schone deine Kräfte.«
»Warum zum Teufel sollte ich das tun? Ich sterbe … und ich werde mir von dir … nicht den Mund verbieten lassen. Bei Sonnenuntergang …« Von einem krampfartigen Hustenanfall geschüttelt, bäumte er sich plötzlich im Bett auf. Dann fiel er mit fahlem Gesicht zurück, rang nach Atem und keuchte:
»So sterben zu müssen … und keinen Sohn zu haben …« Er wandte den Blick von Catherine ab, starrte die Wand an und stöhnte: »Nur eine Tochter, eine nutzlose Tochter …« Catherine blieb stumm; sie sagte sich, dass sie seine Tirade über ihre Undankbarkeit und die Schwachheit des weiblichen Geschlechts nicht mehr treffen könne. Schließlich hatte sie sich das ein Leben lang anhören müssen. Nein, er kann mich nicht verletzen, sagte sie sich immer wieder vor, bis Maggie Bone mit frischen Tüchern und einer Schüssel Wasser zurückkam.
Dankbar nickte sie ihrer Kammerzofe zu. Auf ihr Zeichen hin wickelte Maggie den durchweichten Verband vom Oberkörper ihres Vaters. Catherine presste eine frische Kompresse auf die immer noch heftig blutende Wunde. Ihr Vater stöhnte auf. »Mit mir ist es aus … verflucht. Im Duell einem … Lumpen … aus den Kolonien … unterlegen. Ich! Ein … Engländer …« Catherine drückte den Verband so fest auf die Wunde, dass der Blutstrom für einen Moment versiegte. »Nicht so fest, Mädchen!« Vorsichtig linderte sie den Druck, während Maggie versuchte, die Kompresse zu befestigen. Es dauerte nur einen Augenblick, da war das frische Bündel Leinen wieder von warmem, süßlich riechendem Blut durchtränkt.
Dem Blut ihres Vaters, rotem Blut, mit dem sich sein Leben unaufhaltsam verströmte. Der Arzt hatte angesichts der Verletzung nur den Kopf geschüttelt, denn es gab keine Hoffnung mehr für den Verwundeten. »Dieser verfluchte … Holländer. Wie konnte er … es wagen … zu behaupten … dass ich … falsch spiele! Ich! Jer…!« Ein Hustenanfall würgte ihn. »Schsch, Papa. Du machst es nur schlimmer, wenn du dich so aufregst. Und du bist nicht mehr Jeremy Smythe-Parker. Nicht hier. Der warst du in New South Wales. Hier bist du als Sir Humphrey Weatherby bekannt.« Nicht dass dies jetzt noch eine Rolle gespielt hätte. Der niederländische Doktor hatte sich verabschiedet, die malaiischen Diener verstanden kein Englisch, und Maggies Loyalität stand außer Frage. Es war überhaupt niemand da, dem sie etwas hätten vorspielen müssen. Sie hatte ihren Vater schlicht aus Gewohnheit daran erinnert, nicht aus der Rolle zu fallen. So wie sie es immer getan hatte. Ihr Vater hatte die Augen geschlossen.
Einige Minuten lag er schwer atmend auf dem Bett, doch es dauerte nicht lang, da hob er wieder an: »Von einem dummen … in einem … ausländischen … Kaff … im Nirgendwo.
Wenn nur … wenn nur das verdammte Gnadenbrot … pünktlich da gewesen wäre …« Das Gnadenbrot war das Geld, das von Zeit zu Zeit geheimnisvollerweise in den größeren fremden Häfen für sie eintraf. Es kam immer
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