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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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dass er komisch aussieht?«
    Hooper sah genauer hin. Der Krebs verharrte regungslos auf dem gerölligen Untergrund. Er war nicht besonders groß, schätzungsweise zehn Zentimeter lang und völlig weiß. Sein Panzer leuchtete auf dem dunklen Boden. Die Färbung war sicher ungewöhnlich, aber noch etwas anderes irritierte Hooper. Linda hatte Recht. Er sah komisch aus.
    Dann erkannte er, was es war.
    »Er hat keine Augen«, sagte er.
    »Stimmt.« Sie rollte herum und kroch auf Knien und Händen zu dem Tier, das weiter einfach nur dasaß. »So was! Ob er krank ist?«
    »Sieht eher aus, als hätte er nie welche besessen.« Hooper ließ seine Fingerspitzen ihre Wirbelsäule heruntergleiten. »Ist doch egal. Lass ihn, er tut uns ja nichts.«
    Linda betrachtete den Krebs. Dann nahm sie ein Steinchen auf und warf es nach ihm. Das Tier wich weder zurück, noch ließ es sonst eine Reaktion erkennen. Sie tippte gegen die Scheren und zog die Finger schnell wieder weg, aber nichts geschah.
    »Der ist ja vielleicht stoisch.«
    »Komm, lass den blöden Krebs.«
    »Er wehrt sich gar nicht.«
    Hooper seufzte. Er hockte sich neben sie, tat ihr den Gefallen und stupste den Krebs an.
    »Tatsächlich«, stellte er fest. »Hat die Ruhe weg.«
    Sie lächelte, drehte ihm den Kopf zu und küsste ihn. Hooper spürteihre Zungenspitze gegen seine stoßen und sie umspielen. Er schloss die Augen und gab sich dem Genuss hin ...
    Linda zuckte zurück.
    »Darryl.«
    Er sah, dass der Krebs plötzlich auf ihrer Hand saß, mit der sie sich immer noch abstützte. Dahinter saß ein weiterer. Und daneben noch einer. Sein Blick wanderte den Fels hoch, der die Mulde vom Strand trennte, und er glaubte sich in einem Alptraum.
    Das dunkle Gestein war unter Myriaden gepanzerter Leiber verschwunden. Weiße Leiber mit Scheren und ohne Augen, die sich aneinander drängten, so weit man blicken konnte.
    Es mussten Millionen sein.
    Linda starrte auf die reglosen Krebse.
    »Oh Gott«, flüsterte sie.
    Im selben Moment setzten sich die Tiere in Bewegung. Hooper hatte schon kleine Krabben über den Strand flitzen sehen, sonst aber immer gedacht, dass Krebse langsam und behäbig dahinstaksten. Doch diese hier waren schnell. Sie waren schrecklich in ihrer Schnelligkeit, wie eine Welle, die auf sie zufloss. Ihre harten Beine verursachten ein leises Prasseln auf dem felsigen Untergrund.
    Linda sprang auf, nackt wie sie war, und wich zurück. Hooper versuchte, ihre Kleidung zusammenzuraffen. Er taumelte. Die Hälfte fiel ihm wieder aus den Händen. Die rasende Horde der Krebse machte sich darüber her, und Hooper tat einen Satz nach hinten.
    Die Tiere folgten ihm.
    »Die tun nichts«, rief er gegen seine Überzeugung, aber Linda hatte sich schon umgedreht und rannte die Klippen rauf.
    »Linda!«
    Sie stolperte und schlug der Länge nach hin. Hooper lief zu ihr. Im nächsten Augenblick waren die Krebse überall, krabbelten über sie hinweg und an ihnen hoch. Linda begann zu schreien, schrill und panisch. Hooper fegte die Tiere mit der flachen Hand von ihrem Rücken und von seinen Unterarmen. Sie sprang mit verzerrtem Gesicht auf die Füße, immer noch schreiend, und fuhr mit den Händen zu ihren Haaren. Krabben liefen über ihren Kopf. Hooper packte sie und stieß sie vorwärts. Er wollte ihr nicht wehtun, er wollte nur, dass sie aus der nicht enden wollenden Lawine herausfänden, die sich über die Klippen ergoss, aber Linda stolperte erneut und riss ihn mit sich. Hooper verlor den Halt. Er schlug auf und spürte die kleinen, harten Körper unter seinem Gewicht zerbrechen. Splitter drangen schmerzhaft insein Fleisch. Er spürte, wie hunderte spitzer Füße über ihn hinweghuschten, sah Blut an seinen Fingern und schaffte es endlich, hochzukommen und Linda mit sich zu ziehen.
    Irgendwie gelangten sie nach oben. Chitin knackste unter ihren Füßen, als sie nackt zu der Harley rannten. Hooper wandte im Laufen den Kopf und stöhnte auf. Von der erhöhten Warte des Leuchtturms konnte er sehen, dass der komplette Strand von Krebsen nur so brodelte. Sie kamen aus dem Meer, unzählige von ihnen und immer neue. Die ersten hatten den Parkplatz erreicht und schienen auf dem glatten Untergrund noch schneller zu werden. Hooper rannte aus Leibeskräften, Linda mit sich zerrend. Seine Fußsohlen steckten voller Splitter. Widerwärtiger Schleim klebte an seinen Füßen. Er musste Acht geben, nicht auszurutschen. Endlich erreichten sie das Motorrad, sprangen auf den Sattel, und Hooper

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